Review

Flattermann

Was passiert, wenn man einen fröhlich, naiven Ami in einen Ringelpiez um Agenten, Überläufer, Mord und Totschlag verwickelt?

Woody ist ein amerikanischer Comicautor und immer auf der Suche nach Abenteuern und Herausforderungen, die er in seinen Geschichten verarbeiten kann. Da er sich gerade in Paris aufhält, lässt er es sich nicht nehmen, in der Montur seines eigens kreierten Helden, Condorman, ein Gestell mit Flügeln dran, vom Eiffelturm zu springen. Woody landet samt Konstruktion in der Seine, aber ein fröhlicher Amerikaner lässt sich nicht so leicht entmutigen und so schreibt er an seinen Geschichten weiter. Sein Kumpel, ein Aktenstapler bei der CIA, wird überraschend mit der Aufgabe betraut, einen Zivilisten zu einem Treffen mit einem Agenten der Gegenseite zu schicken. Der Comicautor scheint wie geschaffen für den Job. Woody jedoch kann sich nicht zügeln und lässt bei dem Treffen mit einer russischen Agentin seiner Phantasie freien Lauf. Als Inkarnation eines Helden klopft er große Sprüche und knüppelt eine Gruppe türkischer Assassinen nieder. Das macht Eindruck und spricht sich auch in Agentenkreisen rum. Woody muss nach diesem haarsträubenden Vorfall allerdings erneut in Aktion treten, als die Agentin zu den Amerikanern überlaufen möchte. Er wird von der CIA berufen und mit den Helden-Gimmicks aus seiner Kreation ausgestattet, auf dass er einen glatten Transport der Überläuferin bewerkstellige. Gejagt von russischen Häschern, auf einer Hatz durch Südeuropa, wird Condorman Wirklichkeit.


Historische Schwingen

So wie der Bond-Franchise, lebt auch dieser Film von der Fülle an kleinen Gimmicks und Items, so wie seiner fast putzigen Technikverliebtheit. Gedankt ist das wahrlich seiner Entstehungszeit, wo Filme wie “Tron“ und „Terminator“ eher vor der Gefahr der höheren Technik warnten. Woody hingegen ist mit dem Besten der verfügbaren, modernen Technologie ausgerüstet und schlägt sich damit durch die Reihen von russischen Agenten. Die Gimmicks wirken durch die Bank weg liebevoll und verspielt. Man sieht vor sich – zum Greifen nahe – die Produktionsdesigner, die sich diebisch freuten und kindisch lachten, wenn es um das Design der Vehikel mit Düsenantrieb und des anderen Brimboriums ging. Auch zeugen die aus dem Film „Das schwarze Loch“, welcher von Disney ein paar Jahre zuvor produziert wurde, entliehenen Lasergefechte von einer technikaffinen Erzählung. Woody löst nach seiner Aussage zudem auch Probleme, indem er einfach noch ‚einen anderen Knopf’ drückt. Entsprechend lustig sehen dann auch die Panels aus, auf denen er seinem Material die gewünschten Prozeduren vermittelt. Schmuck ist der gelbe Flitzer, mit der Vogelverzierung, und zudem mit feurigen Argumenten ausgerüstet.

Woody selbst ist ein so eine so überspielt dargestellte Figur, dass er den gespielten Charakter zu einer Karikatur seiner selbst macht. Ihm gelingen in trotteligen und unbeholfenen Bewegungen die schönsten Paraden gegen die Angriffe seiner Gegner. Und anschließend schwärmt er von dem demokratisch-freiheitlichen Amerika. Eine Kombi, die eigentlich nicht sonderlich gut passt, allerdings nicht minder Spaß macht.

Das Ensemble ist großartig besetzt, schauspielerisch wird annehmbares Mittelmaß geboten. Die Story ist lustig, spannend, wartet nicht mit sonderlich vielen Überraschungen auf, aber weiß sehr gut zu unterhalten. Und genau das ist der Zweck der Übung. „Condorman“ ist ein ganz toller Jugendfilm aus der Zeit der eingehenden 80er Jahre. Eigentlich ist er ein Vertreter einer ganz selten vorkommenden Art von filmerischer Unterhaltung, wie sie nur Disney in dem Zeitraum produzierte. Actionfilme, voller guter und sogar starker Sequenzen, jedoch frei von sexuellen Anzüglichkeiten und expliziter Gewaltausübung, aber immer noch gut gefüllt mit Schießereien, Verfolgungsjagden, zu Wasser, zu Land und in der Luft. Auch spielen die ganzen technischen Spielereien dem innovativen Charakter der Story in die Hände, so dass jede Actionsequenz zumeist mit einem für Condorman typischen Tusch gelöst wird. „Condorman“ ist Entertainment, Action, eine Prise Humor ohne anstrengend oder nervig zu werden und ein Vertreter einer viel zu seltenen Gattung Film.


Propaganda

Alles in allem ist „Condorman“ ein Film, der die technische Überlegenheit der Amerikaner präsentiert. Amerikanische Innovation gegen russische, grobschlächtige Agenten (Oliver Reed in einer Paraderolle). Kalter Krieg, erstmals quasi in kindgerechter Form mit Humor und Spaß. Das Problem ist, dass in diesem komplexen Geflecht aus politischer Verquickung und eben der etwas einfältigen Figur des Condorman das Gesamtbild einen naiven Einschlag erhält. Dieser Umstand ist dem Unterhaltungswert keineswegs abträglich, allerdings der Glaubwürdigkeit.

Damals zwar ein Flop, hat der Film auch heute noch eine große Anhängerschaft. Gerade in der Generation, die damit aufgewachsen ist. Und so wie man Filme wie diesen während der Zeit des Heranwachsens zu schätzen lernte, so liebt man es heute noch immer. Besonders liebt man an diesem Film die plakativ auf böse getrimmten Porsches, derer da fünf sind, die dem Condorman auf einer Serpentinenstraße auf die Pelle rücken und durch ein paar gelungene Finten genretypisch in die Binsen gehen. Man liebt die stereotypen Charaktere, die den Reigen mitspielen, man liebt die Gimmicks. Man liebt aber nicht die erzählerischen Probleme, die sich auf dem Weg dahin ergeben und die Schnitzer im Charakterdesign. Woody ist etwas zu dumm, die Gimmicks wollen nicht so richtig zünden, dafür sind auch zu wenige vorhanden, und die Story ist etwas zu aalglatt, um so richtig mitzureißen.


Was von der Agentenhatz übrig blieb

Jedoch bleibt festzuhalten: „Condorman“ ist quasi die filmerische Inkarnation eines Mixes aus jugendorientierter Action und familientauglicher Unterhaltung, frei von dem Kitsch und den anstrengend-kindlichen Peinlichkeiten, die man sonst für die Zielgruppe der Kids so zusammenbraut. Eine fast für James Bond typische Geschichte, verpackt in einem Abenteuerfilm für die ganze Familie. Allerdings schafft es Condorman nicht, den Charme, der als Vorbild gewählt wurde, vollends zu adaptieren.

Man kann zu „Condorman“ stehen wie man will, im Prinzip gehört der Film zum Kulturgut.

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