Nach „The Big Lebowski“ standen Joel und Ethan Coen vor einem kleinen Problem, das sich letztlich auch auf den Film auswirken sollte: Wie sollten sie den Erfolg von „Fargo“ und „The Big Lebowski“ toppen und gleichzeitig den hohen Ansprüchen gerecht werden?
Das kreative, unverwechselbare Brüdergespann lieferte jedenfalls auch hier wieder eine gänzlich unkonventionelle Komödie ab und verlegte Homers „Odyssey“ in das Amerika der frühen Dreißiger Jahre zur Zeit der großen Depression.
Die Neuinterpretation glänzt nicht nur mit einer digital überarbeiteten hellbraunen, staubigen Edeloptik, sondern auch noch in der Hauptrolle mit George Clooney („From Dusk Till Dawn, , „Ocean's Eleven“), der sich als ständig selbstüberschätzender Anführer des Ausbruchduos plötzlich als Komiker wiederentdeckt. Der krankhaft besessen seine Haarpomade pflegende Gauner begibt sich mit seinen beiden Mitausbrechern Pete (John Turturro, „To Live and Die in L.A.“, „Miller's Crossing“) und Delmar (Tim Blake Nelson, Nebenrollen in „Minority Report“, „Meet the Fockers“) auf eine Schatzsuche, die im Süden Amerikas ganz zufällig und treffend in eine Odyssee ausartet.
Ob der Kampf gegen den einäugigen Bibelverkäufer Big Dan Teague (John Goodman, „The Big Lebowski“, „Coyote Ugly) als Neuauflage von Odysseus Kampf gegen den Zyklopen, das Treffen auf drei Sirenen, die Verwandlung eines Mitstreiters in ein Tier oder der blinde Prophet – die Parallelen sind zahlreich. Mal bemerkt man sie auf den ersten Blick und mal muss die Szenen erst ein bis zweimal Revue passieren lassen; wie zum Beispiel, die Anzahl von Ulysses (Clooney) Töchtern (nämlich sieben, genau wie Odysseus).
Während sie auf ihrer Reise auf historische Berühmtheiten wie den Kühe killenden, berühmten Verbrecher Babyface Nelson treffen, parodieren die Coen-Brüder genüsslich alles, was damals so Gang und Gebe war und nun angeprangert wird. Das Trio wohnt einer Sitzung des Ku Klux Klans bei, befreit dabei den schwarzen Musikanten Tommy Johnson (der seine Seele an den Teufel verkauft hat), muss sich mit einem diabolischen Sheriff auseinandersetzen, erlebt korrupte Politiker, die nichts anderes als Vetternwirtschaft betreiben und schaut gleich zu Beginn bei Vorzeigehillbillies vorbei.
Die Coens haben sichtlich Spaß dabei, die klassische Literatur auf historische Begebenheiten anzuwenden und diese kräftig durch den Kakao zu ziehen.
Die finanzielle Situation des Trios, beziehungsweise zwischenzeitlichen Duos, ist von Hochs und Tiefs geprägt. Clooney macht sich hier fast ständig zum Affen, bekommt die Fresse poliert und erhält Hausverbot bei Woolworths. Der ausführliche Gebrauch von Banjo- und Countrymusik stieß, wenn auch als wichtiger Bestandteil für die Atmosphäre, bei mir hingegen auf wenig Gegenliebe.
Die ländliche, idyllische Atmosphäre stimmt, der intelligente Witz animiert zum Lachen und der Plottwist zum Schluss demontiert dann noch einmal kräftig Odysseus selbst, aber trotzdem wird kein Feuerwerk draus. Bei aller Skurrilität und der Kritik an Politik und Religion bleibt der zündende Humor, bei dem diebisch vergnügt vor sich hingefeixt wird, auf der Strecke. Insbesondere Clooneys Begleiter sind zu oft einfach unterbeschäftigt und werden vom Drehbuch im Stich gelassen.
Fazit:
Absurde und gleichzeitig intelligente Komödie der Coen-Brüder die nicht ganz an ihre gewohnte Qualitätsarbeit heranreicht, weil sie teilweise zwingend anspruchsvollen Humor servieren will, anstatt sich auf die Leichtfüßigkeit und Selbstverständlichkeit früherer Coen-Werke zu verlassen. Dennoch eine sehr interessante Verlagerung von „Odyssey“ in das Amerika der Dreißiger. An den vielen Anspielungen und Zitaten werden sich die Kenner der Vorlage immer wieder amüsieren können.