Im 19 Jahrhundert ist Deutschland von den Franzosen besetzt. In dieser Zeit wachsen die beiden Brüder Wilhelm (Matt Damon) und Jacob (Heath Ledger) Grimm auf, die sich schon früh für Märchen und Sagen interessieren.
So fällt auch die spätere Einnahmequelle der Gebrüder Grimm eher außergewöhnlich aus: Die beiden reisen durch Deutschland und befreien verängstigte Dörfer von Hexenplagen, Trollen oder Kobolden. Für diesen Job werden die Beiden überaus gut bezahlt, doch was die verängstigten Dörfler, denen sie das Geld abnehmen, nicht wissen, ist, dass Wilhelm und Jacob Hochstapler sind, die die Spuks selbst mit einigem technischen Zubehör inszenieren.
Als der französische General Delatombe (Jonathan Pryce) Wind von der Sache bekommt, lässt er die Brüder verhaften und stellt sie vor die Wahl: Entweder sie erleiden einen langsamen, qualvollen Tod in seinem Folterkeller oder sie sehen in dem Dorf Marbaden nach dem Rechten, in dem schon seit einiger Zeit immer wieder Mädchen verschwinden. Natürlich entscheiden sich Jacob und Wilhelm für letzteres und treten kurz darauf mit Delatombe's geschwätzigem Schergen Cavaldi (Peter Stormare) die Reise nach Marbaden an. Dort angekommen erhalten sie zudem noch Unterstützung von der Fallenstellerin Angelika (Lena Headey), die sich in dem Gebiet bestens auskennt und die Brüder kurz darauf in einen angrenzenden Wald fürt. Als sich dort aber Bäume bewegen und sogar Menschen angreifen, wird auch den Grimm's klar, dass hier tatsächlich etwas Übernatürliches seine Finger im Spiel haben muss..
Oha, was ist das denn? Es scheint fast so, als würde Terry Gilliam auf den Spuren von Tim Burton wandeln und das sogar in zweierlei Hinsicht. Zum Einen, weil es sich bei beiden Regisseuren um Visionäre handelt, die sich nicht gerne an Vorlagen oder Aufträge binden, sondern bevorzugt lieber ihr eigenes Ding durchziehen. Somit ist "Brothers Grimm" für Gilliam wohl das, was das Remake von "Planet der Affen" für Tim Burton war, nämlich ein eher ungewöhnliches Ausnahmewerk in ihren Filmografien. Außerdem ruft der Look von "Brothers Grimm" sofort Erinnerungen an "Sleepy Hollow" wach, doch dazu später mehr. Erst einmal ein paar Worte zu Terry Gilliam, den wohl viele noch aus seiner Zeit als Monty Python Mitglied kennen dürften. Als es dann aber mit den Komikern zu Ende ging, widmete sich Gilliam eigenen Projekten und drehte Filme wie "Brazil", "12 Monkeys" oder "König der Fischer". Doch auch Werke wie "Time Bandits" oder "Die Ritter der Kokusnuss" finden sich in seiner langen Schaffensliste.
Mit "Brothers Grimm" übernahm Gilliam den Auftrag der bekannten Weinstein Brüder, eine Verfilmung der Gebrüder Grimm auf die Leinwand zu bringen. Wer jetzt aber nun auf eine orginalgetreue Lebensverfilmung der beiden Deutschen Sprachwissenschaftler und Märchensammler hofft, der darf diese Wünsche schnell wieder zerschlagen, so handelt es sich bei "Brothers Grimm" nämlich um ein für Hollywood typisches Effektspektakel, das mehr von Schauwerten, als von einer interessanten Story lebt. Dabei ist der Grundplot gar nicht mal der schlechteste: Die Brüder ziehen durchs Land und inszenieren übersinnliche Spektakel, um für deren "Beseitigung" dann von arglosen Dorftrotteln Geld zu kassieren. Schnell verwandelt sich die Geschichte um zwei Hochstapler aber in einen wirklichen Fantasyfilm, wenn sich nämlich tatsächlich Übernatürliches abspielt, dem sich Jacob und Wilhelm (im Film der coolness wegen übrigens nur Jake und Will genannt) dann stellen müssen.
Dieser Plot ist an und für sich nicht derart schlecht, dass er Gilliam nicht erlauben würde, seine eigenen Welten zu erschaffen, für was er ja bekannt ist. Doch angeblich kam es bei den Dreharbeiten zu Streit zwischen dem Regisseur und den ausführenden Produzenten, die ihm vieles verweigerten. Ob es daran liegt, dass mir das Endresultat nicht zusagen konnte, kann ich nicht genau sagen, aber jedenfalls fehlte mir zu jedem Zeitpunkt ein klarer Zugang zu dem Streifen. Wenn man sich einen guten Film ansieht, dann kann man sofort in ihn eintauchen und mit den Charakteren mitfiebern, doch das wurde hier gänzlich versäumt. Die Hauptfiguren sind kaum herausgearbeitet und außerordentlich schablonenhaft und können keinerlei Symphatien hervorrufen. Ich bezweifle, dass Matt Damon und Heath Ledger die Optimalbesetzungen für die Rollen der Grimm-Brüder waren, denn es liegt hauptsächlich an ihnen, dass einem die Charaktere absolut egal sind.
Außerdem muss ich bemängeln, dass die Story zwar viele Elemente bekannter Märchen einbaut, diesen aber nicht weiter Beachtung schenkt. So gibt es zwar Bezüge zu "Rotkäppchen", "Aschenputtel", "Schneewittchen", "Rapunzel" und noch einigen anderen, doch es schien mir fast so, als würden diese Aspekte nur in den Film gebracht, um den Streifen den Titel "Brothers Grimm" geben zu dürfen. Die aufgezeigten Märchen werden nämlich in wenigen Minuten abgehandelt, meist gibt es sogar nur kurze Anspielungen darauf. Im Fall von "Hänsel und Gretel" sehen wir beispielsweise, wie besagte Geschwister durch den verwunschenen Wald laufen und wie Gretel dabei von einem noch unbekannten, bösen Wesen entführt wird. Das wars dann auch schon, das Märchen wurde dank den beiden Figuren kurz erwähnt, auf zum Nächsten. So sieht es im ganzen Film aus, lediglich "Rapunzel" hat, trotz einiger Abänderungen, mehr Gewichtigkeit. So ließ sich in diesem Fall eine Königin einst einen riesigen Turm bauen, um sich darin vor der Pest zu verstecken, wurde aber dennoch infiziert und vegetiert nun seitdem seit Jahrhunderten in dem Turm vor sich hin. Dazu gibt es einen schaurigen und atmosphärischen kleinen Rückblick, doch das ist auch der einzige Moment, dem ich wirkliche Relevanz zusprechen würde und der nicht nur dazu da ist, ein paar bekannte Märchen mal so nebenbei zu zitieren.
Halten wir also fest: Unsymphatische Charaktere, keine sonderlich mitreißende Story. Hinzu kommen Special Effects, die so schlecht aussehen, dass sie jedwede Stimmung klauen. Der Look des Wolfsmenschen ist so unecht und eindeutig aus dem Computer entsprungen, das selbst der 12 Jahre ältere Film "Jurassic Park" mit wesentlich besseren Effekten aufwarten kann. Doch zumindest für die Kulissen hat Gilliam ein sauberes Händchen bewiesen: Bei den Dörfern und Städten fühlt man sich tatsächlich in ein besetztes Deutschland im 19 Jahrhundert zurückversetzt und auch die Kulissen des Waldes haben mir gefallen. Alles erinnert leicht an "Sleepy Hollow", scheint märchenhaft verträumt und bildhübsch, hat aber dennoch seinen eigenen Stil. Das war es dann aber leider auch schon an auffindbaren, positiven Seiten.
Davon abgesehen zeichnet sich "Brothers Grimm" nämlich vor allem durch eins aus: Belanglosigkeit in jeder Hinsicht. Der Streifen ist selbst mit 106 Minuten noch viel zu lang geraten und langweilt nicht gerade selten, da einen das Geschehen einfach zu keinem Zeitpunkt fesseln kann. Ich kann mich gerade mal an eine einzige, spannende Sequenz erinnern, und zwar, als sich Jacob auf das Dach des Turmes der Königin katapultieren lässt und mehrmals droht, den Halt zu verlieren. Für nicht schwindelfreie Menschen ist diese Szene jedenfalls nicht geeignet. Was aber ansonsten herrscht ist Einfallslosigkeit und Unterhaltung des Effektes wegen. Der Stoff um die Gebrüder Grimm hätte viel hergeben können, wurde hier jedoch verwendet, um eine 80 Millionen teure Effekteshow aus dem Hut zu zaubern, der einfach jedes Herz, jede Symphatie fehlt.
Was die Schauspieler anbelangt, wurden sicherlich nicht alle falsch gecastet, doch zumindest die Wahl der Hauptdarsteller hätte man sicherlich noch einmal überdenken sollen. Matt Damon und Heath Ledger als Gebrüder Grimm sind natürlich einzig und allein auf ein jugendliches Publikum zugeschnitten. Hinzu kommt, dass ursprünglich Damon den Part des Jacob spielen sollte und Heath Ledger den des Will, doch das sich dann beide dazu entschlossen, einfach die Rollen zu tauschen. So sehen wir Ledger, den man ansonsten eher mit dem Helden verbindet, als Brille tragenden, Traumabefangenen Vollidioten, während Damon den Part des machohaften, im Vordergrund stehenden Bruders übernimmt. Leider sind beide nicht gerade in der Lage, ihre Rollen symphatisch darzustellen, nicht selten tritt ein klares Overacting zu Tage.
Einzig nennenswert sind Monica Bellucci als wunderschöne Königin und Peter Stormare als nervendes Anhängsel Cavaldi. Stormare kennt man noch aus "Fargo" und er sorgt auch hier wieder für einige äußerst spaßige Momente, die den sonst so trüben Film etwas aufhellen.
Zu 100% kann ich garnicht sagen, was genau mir an "Brothers Grimm" nicht gefallen hat. Der Film nimmt einem einfach vorneweg jede Möglichkeit, einen Zugang zu dem Geschehen zu finden und sorgt so dafür, dass man es sich so um so kritischer aus einiger Distanz betrachtet und schnell die ersten Mängel feststellt. Der Plot ist enttäuschend, wenn man bedenkt, was die Gebrüder Grimm alles hergegeben hätten, die Darsteller sind in den Hauptrollen fehlbesetzt und die Special Effects teilweise wirklich lachhaft. Lediglich die schönen Kulissen, der passende Soundtrack und einige wenige gruselige Momente sorgen dafür, dass Märchenfeeling herrscht. Ansonsten dominiert hier purster Hollywood-Stumpfsinn, den sich Terry Gilliam hätte sparen dürfen.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann ist sicher bald mit einer Fortsetzung zu rechnen...