Es war einmal...
...oder auch zweimal...
...ein findiges Produzentenbrüderpärchen namens Weinstein, die waren so scheiße reich, daß nur ihr Ego noch größere Dimensionen hatte und sie sich schon als König ohne Reich, aber mit vergleichbarer Macht sahen. Weil sie aber noch in einer Firma hingen und deswegen nicht unabhängig waren, beschlossen sie, eine eigene Firma aufzumachen.
Das Dumme war, daß sie in all den Jahren gaaanz viele Filme eingekauft oder produziert hatten, die aber so mäßig waren, daß man sie erst mal zurückhielt oder gleich ganz einmottete. Andere Filme, mit denen sie und ihr Testpublikum nicht zufrieden waren, ließen sie wie wild umschneiden, wie es ihnen gefiel.
Gleichzeitig gab es einen begabten Manne, der der Regie anheim gefallen war, der stammte aus zwar aus den Staaten, hatte sich aber im Inselreich einen Namen gemacht und Terry Gilliam war sein Name. Terry hatte mit seinem letzten Projekt tierisch Pech gehabt, weil Stürme und Krankheiten die Produktion zerschossen hatten. Und weil er selbst auch nicht mit Geld umgehen konnte, ließ er sich zur Sanierung seines Geldsäckels eine Auftragsarbeit aufschwatzen.
Da traf es sich günstig, daß die Weinsteins da ein dolles Projekt an der Hand hatten.
Denn irgendwo im Verlies ihres Schlosses saß ein windiger kleiner Lohnschreiber namens Ehren Kruger, der den lieben langen Tag nichts anderes tat, als zweite und dritte Teile von Erfolgshorrorfilmen zu konstruieren und auch sonst in der Gruselfilmgeschichte zu wildern, als gäbe es kein Morgen.
Der bastelte nämlich an einem Pergament rund um die Gebrüder Grimm, deren Märchen auch im fernen wilden Westen, dem Land der Freiheit gern gelesen waren, weil die Moral so schön einfach in ihnen war. Die sollten nun als falsche Dämonen- und Geisterjäger auf eine echte Hexe treffen und diese bekämpfen müssen.
Ein Königreich für so eine Idee, so könnte man die Wurzeln der deutschen Volkssage gleichsam parodieren, karikieren und uminterpretieren. Das klang so gar nach dem Herzen von Terry Gilliam, der darin einen brauchbaren Nährboden für sein Talent, skurile Filmwelten auf die Beine zu stellen, gefunden zu haben glaubte.
Ergo wurde gedreht und noch mehr gedreht und noch mehr gedreht.
Gerüchte von kreativen Differenzen und Schwierigkeiten machten die Runde.
Und man drehte nach und schnitt und führte vor und schnitt und führte vor, was sooo lange dauerte, daß Rotkäppchens Großmutter längst eines natürlichen Todes gestorben war und die Kleine das Haus schon an eine Investmentgesellschaft verscherbelt hatte.
Und als dann die Firma von den Weinsteins im Werden begriffen war, da rotzten sie alles aus ihren Lagern heraus, was da seit Monaten oder Jahren Staub ansetzte, denn es gehörte ja ihnen und sollte noch mal Profit bringen. Dazu gehörte auch „The Brothers Grimm“!
Doch, ach oh weh, was mußten die Zuschauer da sehen: irgendwas war auf dem langen, steinigen Weg von der großartigen, phantasievollen Filmidee zum fertigen Produkt (von einem Kunstwerk wagte im ganzen Königreich niemand mehr zu flüstern) mit den Brüdern geschehen und es hatte alles malad und schwach gemacht.
Als der Film dann dem Publikum enthüllt wurde, da sahen sie historischen Märchenkitsch, wie sie ihn sich in ihren plattesten Träumen nicht hatten vorstellen können. Wie ein kleines Teufelchen hatte des Königspaares Autor Referenzen an alle möglichen Märchen bekanntester Sorte eingebaut, ein rotes Käppchen hier, einen Pfefferkuchenmann dort, ein hoher Turm mit langem Haar dazu und selbst vor einem Dorn ins Herz, der die Helden der bösen Königin untertan macht und wohlweislich bei einem anderen alten Märchenschreiber, den man Andersen nannte abgeguckt worden war, hatte man nicht halt gemacht.
Zwischen den phantasievollen Studiosets hampelten nun zwei des Reichs verdienstvollster Mimen herum, die so fehlbesetzt waren, wie es nur ging, wenn man das Rumpelstilzchen eben nicht spielte. Der eine verhielt sich wie ein Käuzchen auf Speed, während märchengläubig seinem Kindheitstrauma hinterher taumelte, bei dem er versucht hatte, seine todkranke Schwester mittels Zauberbohnen zu heilen – während der andere als halbherziger Frauenheld auftrat, der aber jegliches Comedytiming vermissen ließ, weil er nie auch nur ansatzweise wie ein Mensch aus dem 18.Jahrhundert wirkte.
Gemeinsam mit einer schönen Waldläuferin namens Angelika und einem grimmigen, aber komplett überzogenen italienischen Folterknecht (dargestellt von einem erfolgreich chargierenden Manne, der Peter Stormare hieß) wuselten sie sich durch die Szenen, die man im Übermaß mit mäßigen CGI-Effekten aus dem Märchenbuche angereichert hatte, als da waren, ein magisches Tuch, sich bewegende Bäume, ein holprig animierter Wolfsmensch, ein Matschmonster wie aus tschechischen Kinderserien, sich in einen Lebkuchenmann verwandelnd, sowie eine böse Königin, deren Verfallsdatum schon deutlich abgelaufen war plus ungefähr 6 Milliarden animierte Ekelinsekten ohne Sinn und Zweck.
Doch schlimmer noch, es mangelnde ach gar an Humor und Augenzwinkern und der zur Regie Berufene schien all seine natürlichen Talente vergessen oder gegen eine Kuh eingetauscht zu haben, nur sein Auge fürs Visuelle schien nicht länger geschadet worden sein. Aber richtig gruselig war es auch nicht und schon gar nicht, man verzeihe das Wortspiel, grimmig in irgendeiner Form.
Überdeutlich war das Flickwerk zu sehen, daß der grimmige Schnitter des Köngreichs dem Werke angetan und schon baldigst waren die Figuren der Geschichte der gaffenden Menge hübsch egal, ja das ständige Zurückschrecken vor allerlei Krähenvögeln geriet gar zum bedeutsamen Ärgernis und entlarvte die erzählerische Leere der Geschichte und die tönernen Figuren mit stetem garstigen Krächzen. Leblos und gewollt albern lief die Geschichte ab und konventionell war alles, was man dazu sprechen konnte.
Doch weil man die besten Szenen schon im Trailer bewundern konnte, so füllten sich dann doch die Kassen, da die gaffende Menge nicht gewillt war zu glauben, daß der Film nicht noch mehr davon zu bieten hätte. Und so ging es im schönen Märchentrott durch die Geschichte, was immer man für den Film bezahlt hatte, wurde an der Kasse wieder entrichtet und (fast) alles war voll des Jubels: die Produzenten, der Autor, selbst (wenn er denn gefragt wurde) der Regisseur.
Nur das Publikum, das schnappte sich daheim stille sein Märchenbuch der echten Gebrüder Grimm und pfiff sich ein paar echte Reißer ein, wo noch Hexen knusprig braun gebacken wurden, böse Weiber in genagelten Fässern in Flüsse gerollt wurden oder sich häßliche Männchen in der Mitte entzweirissen vor Wut.
Und dann war die Enttäuschung auch schon wieder verraucht, und wenn sie nicht gleich gestorben sind, dann sind sie danach wenigstens gut eingeschlafen und haben später wenigstens kein Bauchweh bekommen.
Höchstens vom süßen Früstücksbrei! (4/10)