Da verschwindet ein Mann namens Shane Black acht Jahre lang in der Versenkung, nur um uns mit „Kiss Kiss Bang Bang“ ein Ding vor den Latz zu knallen, nach dessen Ansicht einem noch drei Tage später die Bauchmuskeln wehtun. Ich weiß nicht, was der Mann in all den Jahren gemacht hat, aber eingefallen ist ihm `ne ganze Menge. Umso überraschender, dass alle Ideen in diesem Film ihren Platz fanden und auch noch so perfekt zusammenpassen, dass die wohl beste Actionkomödie seit längerer Zeit dabei herauskam.
Black ist natürlich kein gelernter Regisseur, aber von Männern wie Richard Donner und Tony Scott, die früher seine meisterhaften Drehbücher verfilmten, hat er offenbar eine Menge gelernt. Und mit Sicherheit war es kein leichtes Unterfangen, diesen völlig unberechenbaren Knaller so in Szene zu setzen, dass er bei all seinem vielseitigen Witz, der mitunter komplizierten Story und der herrlich schrägen Figuren nicht an seiner Überladenheit leidet. Bei „Snatch“ ging das meiner Meinung nach zum Beispiel ziemlich in die Hose, aber zum Glück nicht hier.
Alleine die Charaktere vermögen den Film zu tragen, obwohl die beiden Hauptdarsteller das Figurenmuster früherer Buddy-Movies aus Blacks Feder lediglich variieren. Wieder einmal geraten zwei Typen in eine Gaunergeschichte hinein und müssen sich trotz ihres unterschiedlichen Charakters zusammenraufen, um das Ganze heil zu überstehen. Das Besondere dabei: Der eine ist ein schwuler Detektiv namens Perry (gut wie selten: Val Kilmer) und der andere ein knuddliger Verlierertyp, der früher weder die Frauen, noch die Jobs abbekam, die er wollte und nur durch Zufall in diesen Kriminalfall verwickelt wird. Harry ist gleichzeitig auch Erzähler der Geschichte und spätestens in diesem Punkt wird überdeutlich, wie sehr sich Shane Black in all den Jahren als Schreiber weiterentwickelt hat: Durch den häufig auftretenden Off-Kommentar wirkt die ganze Story ironisch distanziert, sodass sich der Film nie in üblichen Genreklischees verheddert. Das geht soweit, dass Harry sich im Off für manche Szene sogar entschuldigt und meint „klar, das ist ein Scheiß-Klischee, aber so ist es eben passiert“.
Solche Momente sind kostbar, werden hier aber nicht vergeudet, denn „Kiss Kiss Bang Bang“ lebt auch von seinem genialen Dialogwitz. Herausragend in dieser Hinsicht die erste Unterhaltung von Harry und Harmony in einer Bar („Die hat mehr Typen gebumst als warm gegessen“ – Ich weiß, es stand unentschieden, aber dann hat sie ein Mittagessen ausgelassen“) und manche Konversation zwischen Harry und Perry („Sie machte die Tür auf und hatte nichts an, außer einen Radio…“). Bei manchen Sprüchen fühlt man sich wirklich in beste Zeiten von Riggs und Murtaugh zurückversetzt.
Dazu kommt die schräge Situationskomik, die sich nur natürlich schwer wiedergeben lässt. Aber wenn man hört, dass hier Leichen angepinkelt und auf ungewöhnliche Weise entsorgt werden, ein Hund einen Finger frisst und russisches Roulette komplett schief geht, darf man davon ausgehen, dass es bisweilen pechschwarz zugeht. Noch ein Zusatz zu letzterer Szene: So gelacht hab ich nämlich ewig nicht mehr, und gleichzeitig ist diese Sequenz ein Musterbeispiel für den Humor dieses Films. Da steht der Kleinganove Harry, der nur durch puren Zufall in diese hollywoodreife Krimistory gerät, vor einem Typen, der ihn gerade umbringen wollte. Er macht nun einen auf erfahrenen, lässigen und saucoolen Ermittler und lässt eine Kugel in der Kammer; bei „Last Boy Scout“ oder „Lethal Weapon“ hätte der Kerl jetzt verraten, was Harry und Perry wissen wollen und es wäre eventuell noch ein schöner One-Liner zu hören gewesen. Aber Harry ist nicht Joe Hallenback und knallt den armen Typen aus Versehen einfach über den Haufen. Völlig unerwartet! Als man gerade wieder zu Luft kommt, klingelt dann zu allem Überfluss Perrys Handy und es ertönt – „I will survive“. Göttlich!
Bei dem Dauerfeuerwerk an Gags gerät die Story mitunter arg ins Hintertreffen. Man muss schon sehr aufmerksam bei der Sache bleiben, um manche Zusammenhänge und Gedankengänge der Ermittler noch verfolgen zu können. Die Auflösung des Falls gerät dann leider ziemlich schwammig und ist kaum noch nachvollziehbar.
Aber im Endeffekt spricht es nur für „Kiss Kiss Bang Bang“, dass man selbst einen Riesenspaß haben wird, wenn man die Geschichte überhaupt nicht beachtet. Früher haben ebenfalls pointierter Dialogwitz, Situationskomik und die Charaktere dafür gesorgt, dass aus vielen Black-Drehbüchern Genreklassiker hervorgingen. Bleibt zu hoffen, dass er uns bis zum nächsten Schaffenswerk nicht mehr so lange warten lässt, das schau ich mir dann auch im Kino an, was bei seinem Regiedebüt leider viele versäumt haben. Sehr gute 8 bis 9 Punkte für diese Megagaudi, das dürfen sich Genrefans auf keinen Fall entgehen lassen!