Detektivfilm ? Komödie ? Film-Noir ? Satire ? Was ist er denn nun, der absolute Geheimtip "Kiss Kiss Bang Bang" ? Irgendwie Alles davon. Ungewöhnliche Optik, ein Erzähler aus dem Off, Rückblenden, Erzähltechnik in betitelten Kapiteln, coole Sprüche. Erinnert viel an Filme wie "Pulp Fiction" oder "Snatch" oder auch "Ford Fairlane".
Was Letzterer im Musikgeschäft ist, stellt "Kiss Kiss Bang Bang" für den Film dar. Harry Lockhart ist ein Dieb und nicht einmal das kann er wirklich gut. Er muss Nachts während eines Bruchs noch seinen Sohn anrufen, um auch ja das richtige Spielzeug zu klauen. Kurze Zeit später findet er sich in einem Vorstellungsgespräch für einen Film wieder. Zu seiner Rolle kommt er also wie die berühmte Jungfrau zum Kind. Schließlich in Hollywood angekommen, wird er der Partner von Privatdetektiv von Perry Van Shrike, da dieser Harry ein wenig in das Dasein als Detektiv einweihen soll. Harrys erste Filmrolle soll nämlich die eines Ermittlers sein. Doch ehe er sich versieht, gibt es die ersten Leichen. Und das ist kein Film.
Naja, die Story. Klingt ganz nett, aber so richtig innovativ ist das nicht. Was jedoch Regisseur Shane Black daraus gemacht hat, ist mit das Coolste, was seit ganz Langem zu sehen war. Schon die ersten Minuten zeigen, was einen erwartet. Harry, der die Geschichte erzählt, teilt uns mit, wie er es bizarrerweise nach Hollywood geschafft hat. In Rückblenden wird sein Erlebnis geschildet. Doch nicht chronologisch oder wie man es aus anderen Filmen kennt, sondern die Bilder machen das, was Harry denkt und sagt. Hat er also etwas vergessen oder es unkorrekt erzählt, bleibt das Bild schon mal abrupt stehen, wackelt ein wenig, bis Harry wieder den Faden gefunden hat und fortfahren kann. Schon das hat man in der Art bis jetzt noch nicht gesehen. Auch wie Harmony, seine Jugendliebe, es bis nach Hollywood schafft, ist nicht minder komisch. Schon nach der ersten Viertelstunde bahnt sich also etwas wirklich Großes an. Nun muss man nur noch hoffen, dass das Pulver nicht schon in der Anfangsphase verschossen wurde.
Doch nichts da. Mit einer Routine und Coolness, auf die man wirklich eine lange Zeit warten musste, erzählt Shane Black die Geschichte des Verlierertyps Harry und des extrovertierten, homosexuellen, aber auch höchstsympathischen Perry. Als es die ersten Leichen gibt, scheint dies unsere beiden Hauptpersonen nicht besonders zu beeindrucken. Sie sind sich zwar bewusst, dass das kein Film ist, sonderlich viel Respekt oder Angst haben sie jedoch nicht. Hier wird erstmals Hollywood auf die Schippe genommen. Auf der Party von Dexter, dem späteren Bösewicht des Films, hüpfen knappbekleidete, granatenvolle Blondinen um den Pool und der Veranstalter lässt den coolen Macker heraushängen.
Und allgemein lässt der Film nicht viel Positives am guten, alten Hollywood. Irgendwie hat dort jeder Dreck am Stecken, Drogen, Waffen, Nutten oder Mord. Alles ist dabei. Das wird hier nicht sonderlich seriös oder stichhaltig aufgezeigt, doch die augenzwinkernde und schwarzhumorige Art, wie es der Film dann letztendlich tut, ist wirklich einmalig. Einige witzige Einlagen von Val Kilmer wie "Das Einzige, was die Frau anhat, wenn sie die Tür aufmacht, ist ihr Radio" sind garantiert und er zeigt, dass seine coole Rolle in "Salton Sea" keine Eintagsfliege war. Auch Robert Downey Jr. kann auf voller Linie überzeugen und er beweist, dass seine Wahl zum Hauptdarsteller alles andere als ein Fehler war. In seiner trotteligen, unnachahmlichen und sehr sympathischen Art hat er jeden Zuschauer auf seiner Seite und meistert die noch so kritische und spannende Szene mit einer Cleverness und Gelassenheit, dass es eine Freude ist, ihm zuzuschauen.
Dass die Story und die Ermittlungsmethoden von Harry und Perry nicht das Gelbe vom Ei, sondern höchst suspekt und fragwürdig sind, fällt da nicht sonderlich ins Gewicht. Auf jeden Fall ist es schon teilweise sehr an den Haaren herbeigezogen, wie sie oft auf die nächste Spur kommen. Ich denke da nur an die Ermordete im Fluss, die, nur weil sie kein Höschen angehabt hat, sofort eine Patientin in der Heilanstalt gewesen sein muss. Aber wie gesagt, das interessiert hier eigentlich auch niemanden, der Film lebt von seinen einzigartigen Charakteren und seiner Coolness. Diese ist übrigens hier nicht, wie so oft, deplatziert oder schlecht nachgeahmt, sondern wirklich maßstabsetzend und innovativ, auch wenn sie teilweise eben an "Pulp Fiction" oder zumindest mich hauptsächlich an "Ford Fairlane" erinnert.
Sympathische Charaktere, dazu perfekt ausgewählte Schauspieler, der ein oder andere Seitenhieb auf Hollywood, eine ansprechende Optik, ausgefallene Erzählperspektiven und die größte Coolness, die seit langem den Weg auf die Kinoleinwand gefunden hat. Pflichtfilm für jedermann, schon allein, weil er, wie eingangs erwähnt, so viele Genres bedient.
9,5/10 Punkte