Nun scheint sich also auch Sam Raimi endgültig nicht mehr den finanziellen, kurzfristig vielversprechenden Verlockungen qualitativ zumindest fragwürdiger Horrorsnapshots entziehen zu können und wandelt jüngst mit seiner Firma Ghost House Pictures auf den Pfaden von Joel Silvers Dark Castle Entertainment. Die Einspielergebnisse von „The Grudge“ und auch „Boogeyman“ sprechen zwar die Sprache des Geldes, zumindest ich kann mich für diese trendy produzierten Filme allerdings weniger begeistern.
Vielleicht lag es daran, dass Raimi als Produzent sich einfach darauf verließ, dass junge Köpfe mit Kreativität fehlende Erfahrung wett machen konnten, denn „Boogeyman“ machte auf mich während seiner kurzen 80 Minuten nie den Eindruck irgendwelche Ambitionen zu hegen – außer eben dank des geschickten Marketings abzuzocken.
Mit seiner Eröffnung macht Regisseur Stephen T. Kay (u.a. das mittelmäßige „Get Carter“ – Remake) allerdings tatsächlich unberechtigt Hoffnung, dass die zahlreichen Verrisse dem Film einen schlechten Ruf einbrachten, den er nicht verdient. Der kleine Tim nachts allein in seinem Zimmer, draußen heult der Wind, das Licht ist aus und die Phantasie spielt Streiche. Er hat Angst vorm schwarzen Mann, dem Boogeyman! Visuell wie akustisch nicht majestätisch, wohl aber effektiv. Als sich dann tatsächlich eine dunkle Gestalt in seinem Zimmer bewegt, macht er das Licht an. War wohl doch nichts... Oder?
Die Antwort erfährt der Zuschauer selbst und ich muss zugegeben, dass dieser Auftakt bei mir wirklich Gänsehaut erzeugte, doch danach geht es dann schon steil abwärts. Denn der Film springt 15 Jahre weiter, Tim (Barry Watson, „7th Heaven“) ist erwachsen und reagiert aufgrund dieser traumatischen Erfahrung in seiner Kindheit extrem neurotisch auf dunkle Räume, Türen und Wandschränke, eben überall wo sich der Boogeyman verstecken könnte. Als seine Mutter stirbt, kehrt er zu ihrer Beerdigung wieder in seine Heimatstadt zurück. Die hatte er eigentlich hinter sich gelassen... Denn einen plötzlich verschwundenen Herrn Papa und ein gestörtes Verhältnis zu seiner Mutter nimmt man lieber nicht in die neue Beziehung und erst recht nicht mit an den Esstisch der möglichen Schwiegereltern.
Stephen T. Kay fällt nichts ein, wird angesichts des desolaten Drehbuchs allerdings auch vor ein Nichts gestellt. Ich habe selten so einen schlechten Plot gesehen, bei dem der Film überhaupt keinen Fluss entwickelt. Tim kehrt heim, besucht die Beerdigung seiner Mutter und beschließt nun eine Nacht in seinem inzwischen halbverfallenen und verlassenen Elternhaus zu verweilen. Bei Betreten erwarten ihn flüsternde Stimmen, Visionen aus der Vergangenheit, Schnittstakkatos und unübersichtlicher Close-Ups. Kay setzt immer wieder auf die selben Schockeffekte, vorzugsweise lauten Lärmterror, der die ersten Male auch in die Glieder fährt und dann nur noch belächelt wird. Versuche den Film möglichst stylisch zu inszenieren, scheitern, weil Stilmittel wie Fastmotion-Kamerafahrten so angewendet nichts in einem Horrorfilm zu suchen haben. Kameraperspektiven versteckter Beobachter (unterm Bett, im Wandschrank) wollen Gefahr vermitteln, wo keine sind, etc.
Kay inszeniert schrecklich einfallslos, rekapituliert die Schocks immer wieder, deutet Vorboten an und muss sich mit schwachen Darstellern herumschlagen. Allein die Szene, in der Tim auf dem Balkon steht und sieht, wie seine Jugendfreundin vom Pferd abgeworfen wird, worauf er sie höflich auf einen Beutel Eis in sein Haus bittet, ist ein Musterbeispiel an schwachem Schauspiel und einer Regie, die nun wirklich talentfrei zwei Figuren sich näher zu bringen versucht.
Der Titelgeber selbst taucht erst die letzten 20 Minuten auf, wenn das Skript fröhlich Nachvollziehbarkeit und Logik völlig über Bord kippt, Tim dem Geheimnis seines Albtraums näher kommt und ihm schließlich in die Augen sieht (übrigens könnte der den Universen eines Stephen Sommers entsprungen sein). Der Kampf wird ausgefochten, Tim jagt seinem Peiniger irgendwie zwischen verschiedenen Realitätsebenen hin und her, taucht unter Betten und in Wandschränke, nur um in anderen Gebäude wiederaufzutauchen und lernt irgendwann auch in zu besiegen.
Ich würde gern mehr an „Boogeyman“ gut finden, aber angesichts der aktuell grassierenden Horrorwelle, die mehr Ausschuss produziert als ihr gut tut, fällt das schwer. Wie Kay versucht mit vermeintlich wichtigen Momenten (z.B. die abblätternde Farbe an der Tür), die gar keinen Sinn ergeben, Spannung zu erzeugen, ist schlicht genauso peinlich wie das Hauruck-Ende und Kays langatmiges Bemühen dem Zuschauer die Wahrheit vorzuenthalten, indem er etliche Schocks ins Leere führt.
Fazit:
Mustergültig versauter Horrorfilm, der nun wirklich keinen Spaß mehr macht. Inszenierung und Schauspieler sind extrem mies, das Drehbuch ein nicht zu entwirrendes Knäuel. Die erbärmlichen Versuche das Publikum zu erschrecken sind in ihrer Einfallslosigkeit kaum noch zu überbieten. Kay hat es echt versaut, zumal er immer und immer wieder die gleichen Tricks versucht. Da helfen auch die ausgeblichene Herbstoptik, knarrende Dielen und wehende Vorhänge nicht weiter. Hier lief so ziemlich alles schief. Selten bei einem Horrorfilm so gelangweilt... Da macht nicht einmal das Review-Schreiben mehr Spaß.