Review


Mit Basket Case (1982) erschuf Frank Henenlotter einen in Fankreisen zum Kult avancierten Trash-Klassiker des Undergroundkinos mit zwei mehr oder weniger gelungenen Fortsetzungen. Die morbid-groteske Darstellung der beiden siamesischen Zwillinge Duane und dem mißgebildeten Klumpwesen Belial, welche sich an den Ärzten ihrer nicht gewünschten Trennung grausam rächen wollen, sorgte mit ultra-cheapen, aber auch innovativen Effekten, dem leicht gesellschaftskritischen Unterton und dem pechschwarzen Humor für Furore. In eine ähnliche Kerbe schlägt auch Henenlotters zweiter Streich Elmer (1988), der die gegenseitige Abhängigkeit eines mordenden, drogenspendenen, Bockwurst großen, wurmartigen Parasiten und dessen unfreiwilligen menschlichen Wirts auf  skurril-witzig, blutige Art und Weise thematisiert.

Interessant zu wissen ist, dass Drehbuchautor und Regisseur Frank Henenlotter einem Interview zu Folge selbst einmal Kokain abhängig war und einen Teil seiner Suchterfahrungen in Brain Damage, so der Originaltitel, mit einfließen hat lassen. Der junge Brian (Rick Hearst) macht eines Morgens eher ungewollt die bizarre Bekanntschaft mit Elmer, einem jahrtausendealten, penisähnlichen Wurmwesen.  Die sprechende Kreatur setzt sich auf Brians Nacken und injiziert ihm eine selbst produzierte psychedelische Droge, die kurzzeitig für einen farbenfrohen, tranceähnlichen Glückszustand sorgt. Brian und sein neuer Freund gehen auf nächtlichen Streifzug, den Elmer ist auf der Suche nach seinem Fresschen, frischem menschlichen Gehirn, welches er aus seinen bedauernswerten Objekten der Begierde saugt. Ehe sich Brian versieht, ist er von Elmers Elixier abhängig und das hinterhältige Biest verwendet seine Sucht gegen ihn. Brian muss Elmer mit neuem Futter versorgen, sonst gibt es keinen Stoff mehr. Als auch noch Elmers vorherige Besitzer auftauchen, welche ihn wegen ihrer Entzugserscheinungen zurückhaben wollen und Brian Elmers mörderisches Treiben endlich durchschaut, ist es fast zu spät, denn der Kampf um sein eigenes Leben hat schon längst begonnen...

Gib mir deinen Saft ich geb dir meinen... Die Ausarbeitung der perfiden Abhängigkeitssituation zwischen Elmer und Brian ist der Schlüsselpunkt aller weiteren bizarren Handlungen und wird dem Publikum durch die Unterstreichung der körperlichen sowie emotionalen Hörigkeit Brians dem manipulativen Untiers gegenüber beängstigend und belustigend zugleich vorgeführt. Während die unfreiwillig komischen Dialoge mit der hässlichen kleinen Kackwurst für den ein oder anderen Schmunzler sorgen können, bleibt dem Zuschauer spätestens bei den teilweise recht blutig gestalteten Aussaugszenen das Lachen im Halse stecken. Als Paradebeispiel für die streckenweise derben Momente sei der ominöse Blowjob genannt, als Elmer in den Mund einer blasenden Blondine eindringt und deren Gehirn genüsslich vertilgt. Der bemitleidenswerte Brian versucht indessen seine Mitmenschen, allen voran seine Freundin Barbara (Jennifer Lowry), verzweifelt vor der Gefräßigkeit Elmers zu beschützen. Seine eigene Sucht macht ihm aber einen deutlichen Strich durch die Rechnung, ein im wahrsten Sinne des Wortes verhängnisvoller  Kreislauf.

Die Effekte können sich meiner Meinung wirklich sehen lassen, hier hat Henenlotter auch unter Berücksichtigung der wahrscheinlich begrenzten finanziellen Möglichkeiten mit seiner FX Abteilung ganze Arbeit geleistet. Elmer sieht als eine Art Miniaturkreuzung zwischen im Land der Raketenwürmer und Alien richtig schön trashig aus und ist auch dementsprechend tricktechnisch animiert. Brians traumartige Illusionswelt wird mit phantasievollem Farbenspiel und beeindruckend alternativer Visualisierung optisch zur Thematik passend dargestellt. Wenn Elmer dann blutig in die Köpfe seiner schreienden Opfer eindringt und der beklemmende Synthi-Score die Intensität musikalisch unterstreicht, ist für gnadenlose Spannung und eine schaurig morbide Atmosphäre gesorgt. Wobei ein kleines bisschen mehr Abwechslung und Variation in den Tötungssequenzen bestimmt nicht schlecht gewesen wäre, was neben dem etwas eindimensional geratenen Finale für mich die einzigen verwertbaren Kritikpunkte an einem ansonsten äußerst unterhaltsamen Streifen sind.

Schauspielerisch gibt es auch keinen Grund zum Meckern. Rick Hearst stellt den in die emotionale Zwickmühle geratenen Brian ausdrucksstark und nachvollziehbar dar und simuliert seine umfangreichen Entzugserscheinungen dem Zuschauer vollkommen glaubhaft. Jennifer Lowry konnte mich mit ihrer Darbietung als sorgende Freundin in ihren Bann ziehen. Bei ihrer Performance ist das Mitgefühl, welches sie für Brian empfindet, aber auch ihre Angst, förmlich greifbar. Als eher durchschnittlich habe ich die Leistung von Gordon McDonald in Erinnerung, welcher der Rolle von Brians intriganten Bruders zwar keine nennenswerten Impulse verleihen kann, im Großen und Ganzen aber auch nicht negativ aus der Reihe tanzt. Ein kleines Insider Schmankerl hat sich Henenlotter mit dem Cameoauftritt von Kevin Van Hentenryck als Duane Bradley einfallen lassen, der mit seinem Korb in der U-Bahn auftaucht und freundliche Grüße aus Basket Case an den Zuschauer versendet. 

Als "Keine Macht den Drogen" Werbefilm bzw. als abschreckendes Beispiel für Rauschmittelmissbrauch kann Elmer meines Erachtens nach nicht unbedingt herhalten, ein dezent versteckt erhobener Zeigefinger von Henenlotter lässt sich aber auch zweifelsfrei erkennen. Elmer ist ein herrlich dreckiges, brutales, düsteres aber auch komisches und abgefahrenes Stück Zelluloid. Dem Sympathisanten von trashiger Horrorkost wird ein spannendes und unterhaltsames Filmerlebnis geboten und mit etwas mehr Abwechslung in den Kills sowie einem etwas ausgiebigeren Showdown wäre für meinen persönlichen Lieblings Henenlotter durchaus auch die wertungstechnische Höchstpunktzahl möglich gewesen. MovieStar Rating: 8 von 10 Punkte.

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