Review

Verbrechen sind nicht gleich Verbrechen. Ein Hinweis darauf sind unzählige, durchgestylte Caper Movies, die eine frische Brise an Coolness und Nonchalance vermitteln.
Geniale Meisterdiebe, verzweifelte Cops, raffinierte Pläne, Plottwists und ähnliche typische Elemente sorgen oftmals für Unterhaltung pur. In die Kategorie "gelungene Unterhaltung" reiht sich auch Brett Ratners „After the Sunset“ ein.

Storytechnisch wird eigentlich nichts Neues geboten, im Gegenteil, alles hat man irgendwo bzw. irgendwann schon einmal zu Gesicht bekommen.
Eigentlich wollte Meisterdieb Max Burdett (Pierce Brosnan) mit seiner Partnerin bzw. Komplizin Lola (Salma Hayek) in die Karibik absetzen, nachdem sie den zweiten von insgesamt drei Napoleondiamanten gestohlen haben. Doch wie der Zufall es will kreuzt plötzlich sein langjähriger Gegenspieler, FBI-Agent Stan (Woody Harrelson) bei ihm auf und übermittelt die mehr oder weniger unerwartete Nachricht, wonach der dritte Diamant gegenwärtig auf einem Kreuzfahrtschiff in der Nähe seiner neuen Heimat aufbewahrt wird.

Was folgen wird scheint zunächst offensichtlich zu sein, allerdings werden die geringen Spielräume innerhalb der Genrekonventionen geschickt ausgenutzt. Speziell der Komödien Faktor ist stärker ausgeprägt und kommt mehr zur Geltung als üblich. Das Duell zwischen dem Meisterdieb Max Burdett (Pierce Brosnan) und FBI-Agent Stan (Woody Harrelson) ist nicht nur jenes zwischen Gejagten und verzweifelten Jäger, sondern eine groteske Beziehung, oftmals auch latent homoerotisch wirkend. Genau hier kann „After the Sunset“ punkten, denn die Art und Weise, wie die vermeintlichen Feinde miteinander umgehen, ist schlichtweg Lässigkeit pur. Beide sind schon fast fürsorglich zueinander, wenn sie zusammen Cocktails schlürfen oder fischen gehen, über die alten Zeiten plaudern und sich gegenseitig respektieren. Daraus ergibt sich eine herrlich groteske Täter-Opfer-Therapie, wobei man sich nie sicher sein kann, ob ein weiteres Duell bzw. Spielchen folgen wird. Max kann der Versuchung einfach nicht widerstehen, er ist von Perfektionismus durchtrieben und süchtig nach dem Reiz an der ganzen Stehlerei, wohingegen Stan die Niederlagen gegen Max noch immer nicht verkraftetet hat, zu oft wurde er gedemütigt. Es ist ein ganz großes, fast schon freundschaftliches Belauern, eingebettet in einer lockeren Atmosphäre.

Ausschlaggebend für das Funktionieren des Spielchens ist eine durchweg unbeschwerte Grundstimmung, hervorgerufen durch musikalische Klänge, die einerseits das „Bacardi Feeling“ unterstützen, anderseits unterschwellig immer darauf hinweisen, dass Raffinesse in der Luft liegt. Dementsprechend perfekt ergänzen die traumhaften Impressionen der Karibik Insel eine ohnehin schon lockere Urlaubsstimmung, wobei die großartigen Kamerabilder förmlich mit der musikalischen Begleitung verschmelzen.

Einen besseren Drehort hätte man eigentlich gar nicht wählen können, denn die damit verbundene Nonchalance überträgt sich auf die Protagonisten, die den Dreh offensichtlich auch nicht als Arbeit empfunden haben. Pierce Brosnan spielt den Meisterdieb Max Burdett gewohnt souverän. Überheblich agierend, stets gekleidet mit schmucken, lockeren Hemden, scheint er seinen Gegenspielern immer einen Schritt voraus zu sein. Sein Pendant Stan wurde mit Woody Harrelson ideal besetzt. Brosnan und Harrelson gelingt es mit ihren seelischen Streicheleinheiten dem Film eine besondere, witzige Note zu verleihen.
Dagegen verblassen die jeweiligen Partnerinnen der beiden ein wenig. Salma Hayek zeigt sich zwar überaus sexy, aber ihre Rolle ist ansonsten ein wenig monoton definiert. Ferner stört der plakative Akzent an ihrer Synchronstimme. Naomie Harris vermag als Partnerin von Stan durchaus zu überzeugen, aber auch sie kann den Hauptdarstellern nicht das Wasser reichen.
Don Cheadle gesellt sich auch noch in die Reihe der Darsteller, aber da seiner Rolle als regionalen Bösewicht wenig Screentime zur Verfügung gestellt wird, hat er gar nicht Möglichkeit außerordentlich zu überzeugen.

Bei all den Dramen, düsteren Zukunftsvisionen und Horrorfilmen, ist „After Sunset“ genau die richtige, fröhlich, lässige Abwechslung für zwischendurch. Über knapp 90 Minuten wird Spaß und Unterhaltung geboten, garantiert durch ein herrlich skurriles Katz- und Mausspiel zweier überzeugender Protagonisten. Wegen der Freude am Spiel kann man getrost über einige triviale Plotschemen hinwegsehen. (7/10)

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