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„A Sound of Thunder“ hat eine bewegte Produktionsgeschichte hinter sich: Ursprünglich als Renny-Harlin-Film mit Pierce Brosnan in der Hauptrolle für 2003 geplant, verschliss die US-deutsch-tschechische Koproduktion erst Regisseur und Hauptdarsteller, sah seine Sets beim 2002 Hochwasser in Prag absaufen und landete nach der Pleite mehrerer Produktionsfirmen im Giftschrank. Mit etwas finanzieller Unterstützung wurde der Film 2005 notdürftig fertiggestellt, kam ins Kino und wurde zum Megaflop mit Ankündigung.
So sehen die Effekte reichlich unfertig aus, etwa wenn ein Allosaurus aus dem Gebüsch bricht und eine Horde futuristischer Jäger anfaucht, die aus dem Jahr 2055 in die Dino-Zeit gecruist sind um dort mal einen Saurier abzuknallen. In der Zukunft sind nämlich alle Tiere durch eine ökologische Katastrophe dahingerafft, aber Großwildjagd für reiche Bonzen kann nach der Entwicklung von Zeitreisen als dickes Geschäft aus dem Boden stampfen. Der Firmenchef von Time Safari, Charles Hatton (Ben Kingsley), sieht auch schon direkt nach schmieriger Kapitalistensau mit Frisurunfall aus, als Klientenduo aus Vater und Tochter treten in der Auftaktszene Armin Rohde und Heike Matasch auf, die wegen der deutschen Fördergelder kurz durch die Botanik hüpfen dürfen. Und in Makatschs Fall noch durch das Schlafzimmer des Helden.
Dabei handelt es sich um Travis Ryer (Edward Burns), seines Zeichens Wissenschaftler, Meisterschütze und toller Hecht in Personalunion, der zusammen mit seinem Team die Großwildjagden leitet und nebenher noch mit den Erkenntnissen versuchen will die Tierwelt in der Zukunft neu zu klonen. Natürlich gibt es strenge Regeln bei der fröhlichen Dinojagd: Nur Tiere abknallen, die eh gerade im Begriff sind draufzugehen, nie den über dem Waldboden schwebenden Pfad der Zeitreisentechnologie verlassen, nichts mitnehmen oder dort lassen. Und natürlich geht das bei der nächsten Jagd gründlich schief, als einer der Klienten in Panik gerät.

Als die Truppe zurückkehrt, bemerkt sie erst nur geringe Veränderungen, doch in Schüben verändert sich die Welt immer mehr aufgrund des Fehlverhaltens. Travis muss zurück um das Unglück zu verhindern, doch die jetzt aggressive Flora und Fauna des Jahres 2055 erschweren das ziemlich…
Die beliebte (auch filmisch zur gleichen Zeit aufbereitete) Theorie des Schmetterlingseffekts besagt, dass der Flügelschlag eines Schmetterlings hier anderswo einen Wirbelsturm auslösen kann. Hier wird der Schmetterling zertreten, wie man nach langer Hatz feststellt, die zeitlichen Folgen sind aber schlimmer als jeder Hurricane. Was durchaus eine reizvolle Idee ist, krankt an vielen Faktoren, angefangen beim Drehbuch von Thomas Dean Connelly, Joshua Oppenheimer und Gregory Poirier. Den Klops, dass man die Zukunft nicht voll verändert vorfindet, sondern mit jeder Zeitwelle neue Veränderungen auftreten, mag man als Prämisse ja noch schlucken, aber das Schreibertrio schmeißt alsbald jedwede innere Kohärenz über Bord.
So ist die Welt bei der Korrektur automatisch wieder normal, bei der Rückkehr von dem Unfalltrip können sich alle daran erinnern, wie die Welt aussah, bei der Korrektur würden aber alle Erinnerungen gelöscht (weshalb Travis sein Wissen zur Unfallverhinderung nicht weitergeben könnte). Außerdem knallen die Jäger stets den gleichen Allosaurus zur gleichen Zeit ab (viele Fossilienfunde scheint Time Safari nicht auf die Kette gekriegt zu haben) und laufen sich nie über den Weg, bei seiner Rückkehr in die Vergangenheit wäre Travis aber in der Lage die Jägergruppe abzufangen und den Vorfall zu verhindern. Diese und andere Ärgernisse sind nur ein Indikator dafür wie schlurig das Unterfangen wohl schon in der Drehbuchphase angegangen wurde.

Hinzu kommen die deutlich sichtbaren Produktionsprobleme, denn nach dem angeblichen Budget von 80 Millionen sieht „A Sound of Thunder“ weiß Gott nicht aus. Allerdings wurde die hauptverantwortliche Produktionsfirma wegen zu hoch angegebener Budgets rechtlich belangt und verlor, weshalb Gerüchte von einer Summe zwischen 30 und 50 Millionen sprechen. Und selbst die sieht man dem Film nicht. Steif und hakelig animierte Hintergründe und Kreaturen sehen eher nach PC-Spiel-Zwischensequenzen der 1990er oder Musikvideos jener Zeit aus, was 2005 neben Filmen wie „Krieg der Welten“ und „King Kong“ alles andere als konkurrenzfähig war. Und die angreifenden Pavian-Echsen-Mutationen, Riesenfledermäuse und Seeschlangen bewegen sich nicht nur so staksig wie die Aliens in dem Musikvideo zu Eifel 65s „Blue“, sondern sie sind damit auch ähnlich wenig furchteinflößend.
Nicht, dass das Drehbuch da eine große Hilfe wäre: Nachdem mehr als 50% des Films allein auf die Exposition verschleudert, folgt eine Hatz durch den Zukunftsdschungel in der Innenstadt, bei der die Time-Safari-Angestellten natürlich dezimiert werden, aber stets gewaltfrei offscreen und quasi immer einer pro angreifender Spezies. Beim munter klischeehaften Figureninventar aus dem jungen schwarzen Techniker, dem freundlichen älteren Mediziner, dem unsympathischen Regierungskontroletti und der jungen Mitarbeiterin, deren Vater Travis einst versprach, dass er sie stets beschützen würde (ein Handlungsstrang, der nie wieder im Film aufgenommen wird), ist nicht die Frage, wer abkratzt, sondern höchstens wann und noch dazu ist ja Wiederbelebung von allen beim Happy End angesagt. Travis und vielleicht noch die von Time Safari gefeuerte, weil mit Bedenken und Gewissen geschlagene Wissenschaftlerin Sonia Rand (Catherine McCormack) rennen dagegen als Hauptdarstellerduo mit jederzeit spürbarer Sicherheit, dass sie als letzte übrig bleiben, durch den Film und das ist natürlich entsprechend öde.

Es ist unklar wie viel fertiges Material vorlag, aus welchen Resten man den fertigen Film zusammenstückelte und ob manche Lücke in der Geschichte nicht den Produktionsumständen geschuldet ist. Die vielleicht undankbarste Aufgabe hatte wohl Regisseur Peter Hyams, der als Action-Altmeister den gefeuerten Genrekollegen Renny Harlin ersetzte und aus dem dürftigen Ausgangsmaterial sowas wie einen Film stricken sollte. Ein, zwei ansatzweise spannende Momente kann er trotz grauenhafter FX und großzügigem Ideenklau bei anderen Filmen (der Angriff der Pavian-Echsen im Supermarkt riecht zehn Meilen gegen den Wind nach der „Jurassic Park“-Küchenszene) tatsächlich hinbekommen, etwa wenn ein mit Wasser volllaufender und von einer Seeschlange belagerter U-Bahn-Wagon zur Todesfalle zu werden droht, aber die stehen allein auf weiter Flur.
Edward Burns fing mal als hoffnungsvoller Independent-Regisseur und -Schauspieler an, wurde danach aber meist in mauen Großproduktionen wie dieser verheizt und der Unmut steht ihm regelrecht ins Gesicht geschrieben. Catherine McCormack, Jemima Rooper, David Oyelowo, Wilfried Hochholdinger und August Zirner schlafwandeln in den größten Nebenrollen ähnlich lustlos durch den Film und Ben Kingsley war wohl nur wenige Tage am Set, wenn auf seine Screentime schaut und gibt dem Overacting-Affen Zucker. Es war eh gerade jene Phase seiner Karriere, in der er lieber schnelle Gehaltsschecks als anspruchsvolle Rollen annahm.

Ein Effektspektakel ohne vernünftige oder auch nur richtig fertiggestellte Effekte, das ist schon eine Bauchlandung mit eingezogenem Fahrwerk. Wenn das Ganze dann allerdings noch mit einem lustlos zusammengekritzelten, durch und durch holprigen Drehbuch so wie mauen Darstellerleistungen veredelt wird, dann ist der Super-GAU nahe. „A Sound of Thunder“ ist allenfalls etwas für Peter-Hyams-Komplettisten und jene, die das Ergebnis eine Produktionsfiaskos mal mit eigenen Augen sehen wollen. Der Rest der Welt sei gewarnt.

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