Review

Leider ist es nur die Tonspur der englischen Cheapo-DVD Veröffentlichung von Boulevard, die da gewaltig geknistert hat und nicht etwa die Spannung beim Anschauen von Bavas "Schock" aus dem Jahr 1977. Obwohl ich wahrlich keine Aversion gegen gruselige B-Movies habe (wer unter einer ebensolchen leidet, der sollte diesen Streifen ohnehin schnellstmöglich unter schlecht gereiftem Horrorkäse aus Italien abhaken), war ich von diesem Spätwerk des Maestros doch recht enttäuscht.

Zum Inhalt: Jahre nach dem Tod ihres ersten Gatten zieht Dora mit Söhnchen Marco und ihrem neuen Ehemann zurück in das einstige traute Heim. Dort legt Junior bald sehr merkwürdige Angewohnheiten an den Tag, die Dora nahezu an den Rand des Wahnsinns treiben. Die Geister der Vergangenheit wollen nicht ruhen...

Optisch wirkt "Schock" (nicht zu verwechseln mit dem auch 1977 erschienenen und ebenfalls "Schock" betitelten, spanischen Horrorschinken der Herren Regisseure Juan Piquer Simon und Carlos Puerto) gar nicht mal so übel. Der Film bietet die schöne Atmosphäre eines düsteren Geisterhauses mit vielen Trademarks wie dunklen Ecken, einem muffigen Keller, oder etwa typischen Kamerafahrten entlang engen Korridoren und steilen Treppen) und auch die wenigen Außenaufnahmen sind recht passabel (allen voran eine distanzierte Aufnahme von Mama und Sohn auf einer Klippe am Meer, vor einem prächtigen Sonnenuntergang).

Leider aber vollzieht sich die Handlung häppchenweise, quasi als Aneinanderreihung von einzelnen Episoden, die sich einfach nicht zu einem homogenen Gesamtbild zusammenfügen wollen. Dabei handelt es sich über weit die Hälfte des Films hinaus um die "Streiche" des kleinen Marco, die - man ahnt es schon bald - auf eine Art Besessenheit zurückzuführen sind und die ganze Distanz zwischen neckischer Ungezogenheit bis hin zu handfester Schadenzauberei abdecken. Leidtragende ist in erster Linie die Mutti, die - wahnsinnig originell - diesbezüglich natürlich ein Glaubwürdigkeitsproblem gegenüber ihrer besseren Hälfte hat. Dieses Spielchen wiederholt sich mehrfach und wirkt sich recht ermüdend auf den Zuschauer aus, weil dieser natürlich einen Informationsvorsprung hat und sich irgendwann nur noch langweilt, wenn Dora sich gegenüber Bruno zum x-ten Male rechtfertigt, dass sie eben doch nicht bekloppt ist und sich ergo nicht bloß in irgendetwas hineinsteigert.

Die Aktionen des kleinen Bengel sind indes halbwegs originell und wurden nebst ihren Auswirkungen auch ganz gut umgesetzt, ohne dass dafür das Budget zu sehr strapaziert werden musste. Das Problem ist lediglich die bereits erwähnte Redundanz. Man wartet darauf, was sich Marco als nächstes einfallen lässt, dann stellt man sich schon mal auf ein Gespräch zwischen Mama und ihrem Gatten ein, wobei dieser jedesmal enorm viel Verständnis für die Hysterie seiner Braut aufbringt und dann mit einer rationalen Erklärung erst mal wieder für Ruhe auf dem Dampfer sorgt.

Das ist weder abendfüllend, noch spannend.

Bis schließlich die ganze Geschichte eskaliert und in den letzten 20 Minuten dann doch noch ein paar unerwartete Wendungen eintreten (die teils aber auch recht konstruiert und an den Haaren herbeigezogen wirken). Nun steigert sich das Tempo bis zum makabren Finale, was sich allerdings in erster Linie durch eine quantitative Steigerung der Schreianfälle von Dora ausdrückt. Leider wirkt das Gekreische aber reichlich unnatürlich und erhöht entsprechend nicht die Spannung, sondern steigert lediglich den Nervfaktor. Zwar bietet der Film vor allem gegen Ende hin einige durchaus ordentliche Schocks, die wiegen aber die erwähnten Defizite längst nicht auf.

Ebenfalls sehr plump ist die verbalisierte Auflösung der Vorgeschichte (erzähltechnisch die wohl uneleganteste Methode zur Aufklärung des Zuschauers) durch einen kurzen Dialog zwischen Dora und Bruno gegen Ende des Films. Der Gesamteindruck bleibt daher deutlich hinter den Erwartungen zurück, die man an einen solchen Streifen (noch dazu: an einen Regisseur wie Bava!) stellen darf. 4,5 / 10 Punkten.

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