Was kann ein einfacher Kritiker noch über diesen Film schreiben? Nehmen wir es vorne weg: Dieser Film ist ein Klassiker. Kein anderer Film hat ein Genre in diesem Ausmaß geprägt, wie es Halloween getan hat. Viele Nachahmer, Plagiate und Fortsetzungen folgten. Das klassische Horrorfilmgenre wurde an dem Tag geboren, als Halloween in den Kinos anlief. Gut. Das wissen wir alles. Wir kennen auch den Regisseur, John Carpenter. Man kennt auch die Filme, die er nach seinem Frühwerk gedreht hat, oder man hat zumindest schon von ihnen gehört. Verlieren wir jetzt aber darüber kein Wort. Es geht ja schließlich um seinen Low- Budget- Film, den er im Frühjahr des Jahres 1978, also vor 24 Jahren, drehte. Was macht diesen Film so besonders, dass einige Leute diesen Film vergöttern, und andere wiederum diesem Film keinerlei Beachtung schenken? Ist es der wortkarge Protagonist, der sich schweratmend durch die düstere Atmosphäre des Filmes schlachtet? Mit einem Wort: Ja! Jeder, der diesen Film gerne hat, und ihn mindestens einmal gesehen hat, identifiziert sich mit diesem wohl bekanntesten Film Massenmörder, der nur ein Ziel hat: Morden, Töten, Jagen! Oder wollen Sie mir jetzt erzählen, dass sie in der Szene, in der Annie im Auto von Michael Myers getötet wird, für Annie waren? Oder als Lindas Freund Bob sich und seiner Angebeteten ein Bier holt; wollten Sie da etwa, dass Myers ihn verschont? Nein, Sie wollten, dass er ihn umbringt. Und diese Szene ist wohl fast so bekannt unter Halloween Fans, wie die berühmte Duschszene in Psycho: Michael stößt sein Messer tief in Bob hinein und fixiert ihn somit an der sich hinter den beiden befindenden Tür. Er steht vor seinem Opfer, neigt den Kopf leicht zu einer Seite, dann zur anderen, immer noch schwer atmend; was macht er da, fragt sich der Zuschauer. Er bewundert sein Werk. Mit jedem Opfer scheint die Macht in Myers größer zu werden, und mit jedem weiteren Opfer steigt die Bewunderung des Zuschauers gegenüber Myers.
Man muss sich im Klaren sein, dass man zu diesem Zeitpunkt keine Aufklärung über das Motiv von Michael Myers hat. Weder zum Anfang des Filmes wird ein Motiv angedeutet, noch am Ende klärt es sich auf. Wir werden lediglich Zeuge einer Nacht, in der ein entflohener Psychopath, der vor 15 Jahren seine Schwester umbrachte, wieder in dieser mysteriösen Nacht mordet. Ihm auf der Jagd ist sein Psychiater Dr. Sam Loomis, der wohl von keinem anderen Akteur so überzeugend dargestellt werden konnte, als von Donald Pleasence, der leider schon verstorben ist. Doch das „Warum?“ bleibt auf der Strecke, aber das ist keinesfalls negativ gemeint. Man steht so massiv in dem Bann dieses Filmes und kann sich deshalb gar nicht diese Frage stellen. Man kommt nicht dazu.
Der Zuschauer ist verstört, denn er wird regelrecht allein gelassen. Am Ende ist der Killer verschwunden. Wir werden mit einzelnen Bildern konfrontiert, die uns erneut die Orte des Geschehens präsentieren. In diesen kurzen Bildeinstellungen denken wir noch mal darüber nach, was an jenen Orten geschah, während die vom Regisseur selbst komponierte, beeindruckende und beklemmende Musik spielt. Dann ist es aus, und der Zuschauer ist wie gelähmt. Das „Warum?“ braucht sich erst gar nicht zu stellen, wir müssen erst noch den Film verarbeiten.
Als ich diesen Film das erste Mal sah, empfand ich ungefähr das eben beschriebene. John Carpenter hat eines richtig gemacht: Er hat niemals, bis heute, eine Fortsetzung selbst inszeniert. Kein Film würde an das heranreichen, was im März 1978 mit einem Budget von nur 300.000 $ realisiert wurde. Und das war ihm wohl auch klar.
Abschließend will ich nicht in Lobeshymnen für diesen Film verfallen, obwohl ich das könnte, jedoch muss ich eines noch festhalten: Man kann vieles über diesen Film schreiben, denken und sagen. Jedoch kann man eines nicht: Erklären, warum er so gut ist. Warum er so wirkt, wie er wirkt. Jeder nimmt diesen Film anders auf: Die einen gruseln sich, die einen amüsieren sich. Manche sind gelangweilt und manche sind total begeistert. Aber bei allen genannten Gruppen ist eine Gemeinsamkeit festzustellen: Sie wurden alle auf eine ganz bestimmte Art und Weise unterhalten, wie es die wenigsten Filme schaffen, und der Film hinterließ einen bleibenden Eindruck. Man wird sich immer, sei es in 30 oder 60 Jahren, an diesen Film erinnern können.