Mein Herz bubbert jedes Mal vor Freude, wenn ich dieses Plakat sehe und diesen Titel lese: Octaman – Die Bestie aus der Tiefe. Geht es noch toller, Freunde? Kann es möglich sein, diese Vision von einem in Rage mordenden Oktopoden und der trefflichen Wortwahl zu überflügeln? Mit einem Octocock vielleicht. Na, wir wollen mal nicht unverschämt werden.
Aber welche Aussicht Octaman – Die Bestie aus der Tiefe ansonsten verspricht! Harry Essex, Drehbuchautor des originalen Der Schrecken vom Amazonas, eines monsterfilmhistorischen Kultobjekts hat diesen Horrorstreifen nicht nur entwickelt, sondern gleich noch den Regiestuhl besetzt. Unter den Schauspielern findet sich Jeff Morrow, der sich durch mehrere Auftritte in phantastischen Filmen der 50er auch als kleiner Veteran bezeichnen darf. Den Monsteranzug gestalteten die vielleicht ungleich später zu Stars avancierenden, aber doch in großen Produktionen allerhöchster Effektgüte eingesetzten Doug Beswick und Rick Baker!
Doch Einhalt! Hier siedeln wir bitte unsere kühnsten Erwartungen wieder auf solider Bodennähe an. Octaman – Die Bestie aus der Tiefe soll einerseits den Blick zurück wahren, und bietet daher naturwissenschaftlich fragwürdige Effekte basierend auf einer üblichen radioaktiven Grundlage. Andererseits hat sich der Stil der Drive-In Kinos über die Jahre gewandelt. Der Tonus ist rauher geworden in diesen Low Budget Flicks, als könne man sonst kein Publikum mehr in die Lichtspiele locken.
Dies schlägt sich auch bei diesem fauchenden Tintenfisch nieder, der als Besonderheit zu Landgängen in der Lage ist. Denn dieser Octaman ist ein Humanoid, genauer gesagt klar erkennbar ein Mann im Gummianzug. Unter seinen Armen befestigen Schnüre ein zweites, starres Paar. Und auch an seinen Beinen wurde diese Technik angewendet, um die angemessene Zahl von Extremitäten zu erreichen.
Quasi als Krönung thront die eingefrorene Fratze des Monstrums über diesem Leib, dauerhaft von einem verschreckten Ausdruck in der Manier Edvard Munchs gezeichnet. Eine etwas eigenwillige Facetten-Sicht hat der Lump, der sich ansonsten wie ein durchaus trockenhäutiger Ringer gibt, wenn er nicht die Stichfertigkeit seiner Fangarme entdeckt und seine Opfer diese Qualitäten leuchtend rot bepinselt wiedergeben – eine der vielleicht größeren Überraschungen von Octaman – Die Bestie aus der Tiefe.
Genau hier nimmt der Spaß bald ein Ende, zumal die Mächtigkeit dieses Unholds nicht wie im Kaiju Eiga durch Gigantismus und zeitlupengestützte Pompösität untertstrichen wird. Mr. Octopus läßt sich natürlich auch nicht in die Bärenfalle locken, so daß ein Konflikt besteht, dessen Spannungsellipse die Figuren vor dem Showdown selbsttätig damit zu erkennen geben, daß ihr Fluchtweg eine Kreisbahn beschrieben habe.
Ein paar Wissenschafts-Hippies im Wohnwagen, eine Pfütze im Nirgendwo, ein Freiwilliger im Gummianzug, eine Dose Farbe garniert mit ein paar Klängen, vermutlich auch aus der Dose oder dem Durchfallkanal eines drogenbetäubten Synthesizerbesitzers. Mindestens die Einleitung übrigens besteht aus Stock Footage. Octaman – Die Bestie aus der Tiefe hat jetzt nicht soviel Einsatz zu verspielen außer dem Ruf seiner alten Recken vielleicht. Für seine Regiearbeit ist Harry Essex jedenfalls nie wirklich gelobt worden und das könnte seinen Grund haben.
Man wünschte sich dieser desorientierte Flickenteppich würde tatsächlich eine psychotronische Wirkung entfalten, anstatt sich tranquilierend Minute um Minute in die Hirnzellen zu löten. Scharfe Zungen könnten verlautbaren, Essex habe sich zu wenig weiterentwickelt. Dann birgt die Dramaturgie noch den Fehler, daß man anfangs zu viel und später zu wenig vom Octaman-Monster zu sehen bekommt.
Gerade von Close-Ups geschwängerte Kampfszenen sorgen in Octaman – Die Bestie aus der Tiefe weder für Struktur noch Amüsement. Verliert man das Interesse, fällt es immer schwerer, gutmütige Fankredite für dieses fleissig böse Winkewinke machende Oktopusmoster zu vergeben. Während der nach einem eigentlich noch putzigem Start wirklich grausam abstürzende Mittelteil beginnt sich das Zeitgefühl zu verändern. Man glaubt hunderte Wagenrennen oder sonstige Szenen aus bombastischen Epen verstreichen zu fühlen, während sich auf der Leinwand bummelig 80 Minuten zäh voranbewegen wie selten.
Wo man heute weiß, wie toll in Das Grauen aus der Tiefe ein Brückenschlag zwischen Monster-Kino und dem modernen Slasher getätigt werden kann, da entschädigt das Finale leider auch nicht mehr für die Pein, die einem mit Octaman – Die Bestie aus der Tiefe auferlegt wurde. Gern würde ich diese Beschreibungen polemisch noch damit überflügeln, daß nur die abgebrühtesten Helden das Ende des Films erreichen würden. Leider enthält dieser Satz eine traurige Wahrheit: Schauspielerin Pier Angeli verstarb während der Dreharbeiten an einer Überdosis Narkotika.