"Die Nacht der blutigen Wölfe" (aka "Dr.Jekyll and the Werewolf") hat einen beträchtlichen Teil des Teams gemeinsam mit "Nacht der Vampire", aber sowohl Regisseur Leon Klimovsky als auch Komponist Anton Garcia-Abril scheinen sich weiterentwickelt zu haben. Ihnen gelingt wesentlich intensivere Atmosphäre als in dem Vorgänger. Die Musik ist diesmal hervorragend: unheimlich, stimmungsvoll, abwechslungsreich. Da werden schaurige Klänge angeschlagen, wenn es in Rumänien gefahrvoll wird - aber in London gibt es ganz andere Töne der swinging 60th im Beatclub- und Carnebystreet-Style. Abril ist schon ein fähiger Komponist, denn von ihm stammt ja auch das brillante Texas, Addio aus dem zweiten "Django"-Film, sowie die Musik zu allen 4 "reitenden Leichen"-Filmen.
Genauso wichtig ist, daß Regisseur Klimovski in "Die Nacht der blutigen Wölfe" optisch sehr gute Szenarien abliefert. Hier arbeitet er mit raffinierterer Beleuchtung die auch mal stimmungsvoll düster sein darf (aber nie zu dunkel), sein neuer Kameramann hat eine gute bis sehr gute Kameraführung, und auch die Dekoration ist ein Quantensprung im Vergleich zu dem Vorgänger. Es beginnt gleich mit einer sehr gelungenen High-Society-Party, die einer der seltenen Fälle ist, wo ein Party-Szene mal Atmosphäre hat. Die Räume wirken tatsächlich wie zur reichen Gesellschaft gehörig.
Ein Ortswechsel - gleich wieder ganz andere Atmosphäre, denn in über 20 Minuten Rumänien-Passage kommt klassischer Grusel auf. Bereits die Kneipe ist durch altes Holz sehr zünftig (nicht so ein modernes 08/15 wie in Nacht der Vampire). Der Friedhof ist arg gruselig, wozu Musik und Geräusche beitragen. Bereits beim ersten Gang zu einer Ruine zwei Szenen vor der Friedhofssequenz, war jeder Schritt der Hauptdarstellerin (Shirley Corrigan) in einer Weise zu hören, daß man den Schauder fast greifen konnte.
Ortswechsel - zurück in London geht es um modernes Großstadt-Flair mit viel Verkehr, Passanten und eindrucksvollen Gebäuden. Alles frisch und stimmig umgesetzt. Als gegen Ende der über 1 Stunde langen London-Phase dann Mr.Hyde durch das nächtliche London streift, hat er zwei unterschiedliche Szenarien um sich. Einerseits die Tanzclubs und ErotikLäden, die damals up-to-date waren, andererseits richtig nostaligische Orte wie Brücken und Themse-Ufer, die tatsächlich die Stimmung alter Jekyll & Hyde Filme aus den 40ern und 50ern aufkommen lassen.
Das Labor, in dem ein großer Teil der London-Phase spielt, ist zünftig ausgestattet mit Geräten und brodelnder Säure. Zwar sieht man am Holz-Gebälk, einem Maschinenpflug und einigen Strohballen (keine Angst, daß ist nicht der Film, wo gesagt wird: "Warum liegt hier überhaupt Stroh?", und es ist nur in einer Ecke), daß dieses medizinische Labor auf dem Dachboden einer Scheune eingerichtet ist, aber mit liebevoller Ausstattung ließ es sich gut ertragen.
Erträglich ist auch die Synchronstimme von Naschy, obwohl diese zu hoch und quietschig ist. Aber alle anderen Personen sind grandios synchronisiert. Wirklich Stimmen vom Feinsten.
Naschy spielt drei Persönlichkeiten im selben Körper, denn Dr.Jekyll will ihn vom Werwolf-Dasein heilen, indem er Mr.Hyde in ihn injeziert, der den Werwolf-Fluch vertreiben soll. Dann soll Hyde wieder durch die gute eigentliche Person des Walter herauskuriert werden mit Medikamenten. Spannend, was daraus wird. Alle drei Personen werden hervorragend von Naschy gemimt: der anständige Walter, der wild-brutale Werwolf und der zynisch-mörderische Hyde. Gerade bei Letzterem kann Naschy mal so richtig erschreckende Mimik zeigen.
Die anderen Darsteller spielen auch sehr gut, allen voran Jack Taylor (Dr.Jekyll). Nur wenige Schauspieler können so mit den Augen arbeiten wie Taylor. Er vollbringt es ohne viel Gesichtsmuskelarbeit nur durch eine Veränderung der Blickrichtung bestimmte Gedanken auszudrücken. Das soll aber nicht heißen, daß er keine Gesichtsmimik hätte. Im Gegenteil, in anderen Passagen benutzt er zusätzlich seine Gesichtsausdrücke. Von allen Darstellern, die ein Leben lang in der zweiten Reihe blieben, einer der Besten. Darum hat er ja auch rund 100 Filme gespielt (von Italien bis Hollywood), in den kleineren und mittelgroßen oft die Hauptrolle.
Die Werwolf-Action ist hier gut gemacht. Sogar eine Verwandlung mitten in der Disco ist dabei. Ja, mit zahlreichen Statisten wirkt dieser Film nicht so leerbeeren wie einige andere der Daninsky-Reihe. Auch in menschlicher Gestalt räumt Naschy kräftig auf, denn einige rumänische Banditen greifen dreimal in 3 verschiedenen Gruppen an und er killt sie teilweise derbe blutig.
"Die Nacht der blutigen Wölfe" ist einer von Naschy's besten Filmen. Auf jeden Fall klar unter "The Werewolf", aber näher an diesem als an den schwächeren Naschys wie "Fury of the Wolfman". Von den Zuschauern weltweit bekam er die dritthöchste Bewertung aller Naschy-Werwolf-Streifen.