Review

Filmfreunde des nicht mehr ganz jungen Semesters werden sich noch an den "Wunschfilm" im Zweiten erinnern können und ein diesbezüglich stets heiß gehandelter Kandidat war "Poseidon Inferno". Und zufälligerweise spielt der auch am Tag eines Jahreswechsels, der für die meisten Passagiere eines Luxusliners nicht so gut ausgeht.
Mal schauen, ob er die positiven Kindheitserinnerungen im Nachhinein bestätigt oder eher relativiert.

Es sollte die letzte Fahrt des Luxusliners S. S. Poseidon von New York nach Athen werden, als das Schiff von einer Riesenwelle kurz vor Kreta erfasst wird und kentert. Eine kleine Gruppe Überlebender um Reverend Scott (Gene Hackman) versucht in den Maschinenraum zu gelangen, bevor sie Opfer des stets ansteigenden Wassers im Schiffsinnern werden...

Die Siebziger waren das Jahrzehnt der Katastrophenfilme und viele Genrefans nennen "Erdbeben" und "Flammendes Inferno" mit Vorliegendem in einem Atemzug, wenn es um die Besten geht. Das liegt zum einen an der Starbesetzung und zum anderen an den simplen, jedoch effektiven Figurenzeichnungen der illustren Schar Überlebenskämpfer.

Prediger Scott etwa ist der Rebell, der Antreiber, der nach Afrika strafversetzt wird, jedoch niemals aufgibt und die Gruppe stets anspornt. Polizist Rogo (Ernest Borgnine) und seine Frau Linda (Stella Stevens) kabbeln sich zwar häufig, müssen jedoch einsehen, dass Scott meistens Recht behält. Hinzu kommt ein sympathisches älteres Paar (Shelley Winters, Jack Albertson), ein jüngeres Geschwisterpaar (Eric Shea und Pamela Sue Martin), ein zuvorkommender Ladenbesitzer (Red Buttons), eine Sängerin (Carol Linley) und ein Kellner (Roddy McDowall). Lediglich der neunmalkluge Bursche und die überängstliche Sängerin nerven zuweilen ein wenig.

Die Regisseure Ronald Neame und Irwin Allen leisten ganze Arbeit bei den Effekten, auch wenn diese vergleichsweise simpel ausfallen. Das Kentern in der Sylvesternacht und die anschließende Panik bei der langsamen 180-Grad-Drehung im Innern ist effektiv in Szene gesetzt, als eine Massenpanik ausbricht und sich die Menschen versuchen an allem festzukrallen, was irgendwie greifbar erscheint. Danach punkten primär die Bauten, denn ob eine Leiter oder ein einfaches Pissoir, - alles muss quasi verkehrt herum betrachtet werden.

Abwechslungsreich gestaltet sich das Treiben aufgrund immer neuer Hindernisse, zumal die Überlebenden ebenfalls um 180 Grad denken müssen, um den Schiffsrumpf zu erreichen.
Diesbezüglich wirken zwar einige Gegebenheiten etwas konstruiert, doch Spannung ist fast latent gegeben, etwa, als es zu einem Tauchgang mithilfe eines Seils kommt, die brennende Kombüse überbrückt werden oder die eine oder andere Kletterhilfe gefunden werden muss.
Obendrein sorgen kleine Konflikte innerhalb der Gruppe für Suspense, zumal jene im Verlauf noch weiter dezimiert wird.

Gewiss kommen im Verlauf ein paar Zufälle zuviel zusammen, besonders gegen Ende wird etwas zuviel Pathos verbreitet und die vermittelte Solidarität wird in der Realität wahrscheinlich auch nicht unbedingt so anzutreffen sein. Demgegenüber überzeugen das großartige Set Design, die brillanten Mimen und der tolle Score von John Williams.
Wer auf klassische Katastrophenfilme ohne CGI steht, sollte "Die Höllenfahrt der Poseidon" in jeder Hinsicht einmal gesehen haben, denn er gehört zweifelsohne zu den besten Vertretern seiner Art, obgleich er die euphorischen Kindheitserinnerungen minimal abschwächt...
Knapp
9 von 10

Details
Ähnliche Filme