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Lange Zeit war es ruhig um Trey Parker und Matt Stone. Seit die beiden mit „South Park“ so wohl ziemlich jedes Tabu der prüden, amerikanischen TV-Landschaft brachen, genießt das Duo seinen Kultstatus – der Kinofilm „South Park: Bigger Longer & Uncut“ war also nur folgerichtig. Als ihre TV-Serie „That's My Bush!” nach nur wenigen Folgen wieder eingestampft wurde, entschlossen sie sich zu einem neuen Rundumschlag und der heißt nun “Team America”.

Das aktuellste Projekt der beiden dreisten und wahrlich kein Blatt vor den Mund nehmenden Querdenker ist eine ganze Menge: Politsatire, Filmhommage, Parodie, Reminiszenz, Komödie und Musical. Nichts ist „Team America“ wirklich konsequent, aber der halbgare Mix wird so frech vom Stapel gelassen, als würden Parker und Stone sich hier um nichts scheren – Hauptsache provozieren.

In dieser Hinsicht ist „Team America“ dann auch einen Heidenspaß. Er ist ohne Frage sehr dumm, denn er kann sich zu keinem politischen Statement hinreißen lassen, sondern attackiert stattdessen einfach alles, was den beiden so einfällt. Ich bin mir fast sicher, dass dieses Drehbuch unter Einflüssen gewisser Alkohole entstanden ist.
Für die Idee ihren wüst-wilden Film als Puppentheater aufzuziehen, gibt es zumindest mal einen Bonus für Innovation – ist diese Art von Schauspiel doch längst tot und anachronistisch.

Das Team America besteht aus einer Gruppe nicht sonderlich intelligenter, aber dafür destruktiv veranlagter Vorzeigeamerikaner, die im Mount Rushmore ihre Geheimbasis betreiben und stets dann ausziehen, wenn irgendwo auf der Welt böse Terroristen Anschläge planen. Auch wenn ihre Intervention nicht gefragt ist. Gleich in der Opening Sequence soll das ausgerechnet Paris sein, wo dann nahezu umgehend die halbe Stadt inklusive Eiffelturm und Triumphbogen in Schutt und Asche gelegt wird. Assoziationen zum politischen Weltgeschehen der jüngsten Vergangenheit sind da einfach zu entdecken.

Neben den eigentlich wirkungslos verpuffenden Reminiszenzen (u.a. „Star Wars“, „Indiana Jones“, „James Bond“ etc.) überrascht vor allem die hochwertige Technik. Zwar sehen die Puppen an ihren Schnüren, aber das war wohl auch so beabsichtigt, immer noch oldschool aus, dafür geht es hier actionmäßig teilweise ordentlich ab. Wo sonst sieht man schon zersplatternde oder von blutigen Treffern zusammensinkende Puppen? Die Zerstörungsorgien (u.a auch die Sphinx inklusive Pyramiden, Panama-Kanal) erinnern dabei nicht von ungefähr an Michael Bay-Filme. Seinem „Pearl Harbor“ wird hier übrigens gleich ein ganzes Lied gewidmet.

Auch wenn inhaltlich hier viel wild zusammengewürfelt wird, stimmt das Tempo mit dem hier die unterschiedlichen Zielsetzungen abwechselnd behandelt werden. Hollywood, seine breite, linke Politfront (angeführt von Alec Baldwin) und die superkitschigen Romanzen (dazu eine pornoreife Betteinlage) bekommt hier genauso sein Fett weg, wie die amerikanische Außenpolitik, die hier islamische Terroristen, tschetschenische Rebellen und Nordkoreas Staatsoberhaupt Kim Jong Il in einen Topf wirft, gut durchrührt und daraus gleich ein universell einsetzbares Feindbild zaubert. Amerikas polarisierender Vorzeigekritiker Michael Moore bekommt im wahrsten Sinn des Wortes sein Fett weg und etliche Klischees werden überspitzt, gestapelt und bedient. Persönlich (u.a. Ben Affleck) hätten sie dabei nicht werden müssen, das ist etwas arm und selbst unter ihrem Niveau, aber die beiden kennen nun mal kein Halten.
Ihr Repertoire reich von ethischen Merkmalen bis hin zu typischen Elementen des modernen Action- und Katastrophenfilms. Dabei werden auch typische Mechanismen (das „Rocky“ – mäßige Aufbautraining) mit verarbeitet. Wie oben schon erwähnt, visieren die beiden hier eine ganze Menge an, weswegen leider dann nichts in aller Konsequenz bis zum Ende durchgezogen wird, aber sie machen mit ihrer Meinung wenigstens zumindest vor nichts und niemandem halt.

Von Musicals (AIDS fand ich reichlich kindisch) bis hin zu Songs (der Titelsong ist fast schon ein Ohrwurm) verleihen sie ihrem Anliegen Ausdruck, intelligent gehen sie dabei nicht vor, machen dafür „Team America“ zumindest für jeden zugänglich und mal ganz ehrlich, wer hat nach „South Park“ hier schon beißendes und weiterdenkendes Kino erwartet. Nein, hier wird größtenteils infantiler Humor an den Tag gelegt, der sich mitunter auch gern in vulgären Kotzszenen und Blowjobs weidet. Mal funktioniert es, mal stimmt das Timing nicht ganz, aber das Duo bleibt seinem Prinzip treu, das Publikum mit Tabubrüchen zu amüsieren – einfach wie erfolgreich.

Auf seine Art und Weise ist „Team America“ von bemerkenswertem Einfallsreichtum geprägt, das man meist so nicht erwartet. So wird das Team beispielsweise in Kim Jong Ils Palast von Panthern angegriffen, die ganz offensichtlich von lebendigen, schwarzen Kätzchen verkörpert werden und spätestens das Abschlussplädoyer „Dicks – Pussies – Assholes“ (Was um alles in der Welt muss man schlucken, um sich so was auszudenken?) dürfte auch in näherer Zukunft noch mehrmals zitiert werden.

Man muss sich bei „Team America“ damit anfreunden, dass Parker und Stone einfach nur mal 90 Minuten so ziemlich allem, was Rang und Namen (und zwar Amerikas Feinden wie seinen vermeintlichen Aushängeschildern) hat die Meinung direkt ins Gesicht sagen wollte, dann klappt das hier auch mit dem Filmspaß. Wirklich Gehaltvolles bringen sie hiermit, genauso wenig wie mit „South Park“ zustande, aber die technische Umsetzung ist dafür klasse und liebevoll. Von der genüsslichen und verhältnismäßig spektakulären Demontage allseits beliebter Ingredenzien erfolgreicher Hollywoodblockbuster bis hin zu offensichtlich beabsichtigt plumpen Wortspielen (F.A.G.=Schwuchtel) tobt das Duo sich hier so richtig aus. Damit konnten die Amerikaner selbstverständlich in den Kinos herzlich wenig anfangen, der Rest der Welt fand es jedoch zumindest amüsant.


Fazit:
Zwar reichlich plumpes, aber toll-dreistes und mit frechen Anspielungen vollgepacktes Kasperletheater, das sich bei seinen ganzen kritischen Ambitionen übernimmt, dafür aber technisch erstklassig umgesetzt wurde, einen hohen Unterhaltungswert besitzt und von Hollywood bis zur amerikanischen Politik genüsslich alles durch den Kakao zieht. Weder intelligent, noch scharfzüngig, vielleicht auch etwas zu arrogant, dafür aber verspielt, kurzweilig und verdammt witzig.

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