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Mehrere Sichtweisen der postmodernen Magie werden in Chemical Crisis dem faszinierten und gleichzeitig irritierten Zuschauer verabreicht, das Spiel mit der nicht ganz wasserdichten Logik auf der einen Seite und der auf reinem Glauben aufbauenden Phantasie auf der anderen. Zwischen Bagatelle und Impromptu ist die My Way Film Company Limited Produktion gehalten, mit imaginärem Schnitzwerk ausgeziert, das wie so oft in deren Vertrieb den letztlich entscheidenden Schritt in die richtige Richtung macht. Doch wo man sich üblicherweise auf die fast vergessenen Tugenden des HK - Kinos berief und dort auch ausruhte, sich mit Actionkomödien im Achtziger Jahre Stil ebenso erging wie mit Horror / Kungfu - Spektakeln Marke Shaolin Vs. Evil Dead (2004) & Shaolin Vs Evil Dead: Ultimate Power (2006) wird sich in der vorliegenden Gerätschaft emanzipiert und den selten begangenen Weg in das so weitgehend Unbekannte gewagt. Die Science fiction, dass im Kantonesischen Film nahezu vernachlässigte Kind, ein existierendes Novum.

Vielleicht ein volles Dutzend derlei innerhalb von wissenschaftlicher Methode, angerissenen Theorien und dem Vorhersagen dahergelaufener Phänomen angesiedelter Geschichten existieren, wie auch hier in unerfahrener, aber malerischer Zusammensetzung und mit den schon obligaten Genrebrüchen. Mehr ein pseudo-spirituelles Abenteuer in den blauen Dunst hinein als eine Wahrnehmung der Naturwissenschaften, viel Hantieren mit allegorischen, fast schon blumigen Vorstellungen von der Materie und ein Zusammenklauben von multimedialer Informationstechnologie und frei erfundener Verzauberung. Ein Ködern mit Humbug, hinsichtlich der Wirksamkeit nicht zu unterschätzten, in recht individueller Definition:

In der "Biochemischen Stadt" von Wai Shing-tian [ Sek Sau ], ein riesiges Forschungslabor am Rande der Stadt, häufen sich in letzter Zeit unerklärbare Ereignisse. Nicht nur, dass sich die Zeit zurückdreht, mehrere Angestellte verschwinden von einer Sekunde auf die nächste spurlos in das Nichts, was seine gerade aus den Staaten zurückgekommene Tochter Joey [ Annie Man ] und die ebenfalls Zeugin des erschreckenden Vorfalls gewordene Chefin Anna Gao [ Emily Kwan ] bis auf das Äußerste verunsichert. Da auch der Abteilungsleiter Dr. Louis Cheng Tian [ Ken Wong ] keinerlei Rat weiß, werden die beiden Privatdetektive Kwok Chun-kit [ Ken Yip ] und Chiu Tie-nam [ Kent Tam ] engagiert, um Licht in das Dunkel zu bringen.

Die extra Angeheuerten, beides 007s, zwei Martial Arts Afficianados, die schon in der Einleitung erst mal den "rasanten" Parcours über Hochhaus, Straße, Grünanlage und Bauschuttruine hinlegen und auch sonst keine Gelegenheit für körperliche Ertüchtigung auslassen, tappen bei ihrer bemühten Aufklärung trotz eigens mitgebrachten Kraftfluss - Detektor lange Zeit genauso umher wie alle anderen auch. Der Film muss gestreckt werden, mit handschriftlichen Notizen, mit polyperspektivischen Beobachtungen der sozialen, der technischen, der geographischen Umwelt, wird das blankgewienerte Labor bis in alle Ecken und Winkel gleichfalls abgeklopft wie die noch wenig verbleibenden Angestellten. Storytechnisch ein eher kleines Lichterlein, als low budget mystery thriller, konventionalisierendes Füllwerk voll belangloser Textsezierung, Schritt für Schritt Fortbewegung zum Angelegenheitsstatus, dass auch wegen seiner grundsätzlich hölzern aufspielenden Darstellerschar zumindest mit einer gewissen vorteilhaften Isolation und surrealistischen Entfremdung agiert. Zusätzlich prügelt man sich untereinander mal, aus Versehen, oder fordert die eigentlich zu beschützende Belegschaft zum Sparring heraus, schmeißt aufdringliche Reporter aus dem Glashaus, legt sich mit dem Fernglas auf Spannertour. Da die Zeit dennoch drängt, ein Streik der Arbeiter ausgerufen wird, die Aktienkurse sinken und der Fortschritt des in Forschung befindlichen Allheilmittel gegen die Immunschwäche AIDS von der Konkurrenz bedroht wird, werden zumindest theoretisch klare Ziele verfolgt, praktisch aber von einer Hypothese zum Experiment zur Aufschneiderei als altbewährtes Kommunikationsmittel entlang gehangelt. Wobei selbst diese eigentlich unzulänglichen Beschränkungen die Wahrnehmung verschärfen statt sie zu ernüchtern, und die Vorstellungskraft über die Geschehnisse außerhalb des Gezeigten bis hin zu einer frappierend gelungenen Parallelmontage stimulieren.

Denn bald hakt man sich aus dieser belanglosen Außenseiterposition heraus an der Schnittstelle von Archetyp [ Twillight Zone, Department S, Omega Factor ] und Stereotyp fest, weitgehend ahnungslos, aber dennoch oder gerade auch deswegen und schon für die Bemühung in seiner Spontaneität allein reichlich sympathisch; werden im nächsten einfallsreichen Kunstgriff die zunehmend verschwommenen Standpunkte dargelegt, warum denn nun aus der Kaffeeküche direkt beim Tratschen oder beim Herumspielen mit Feuerlöschern weiteres Personal das Gegenständliche segnet und sich die Hallen des Gebäudes leeren. Schlechtes Feng Shui kommt als Ursache für die Umstrukturierung der Wirklichkeit ebenso in Betracht wie ein schlichter Geist, ein Fluch, oder doch die Nähe zum Äquator, ein alles verschlingendes magnetisches Feld, das Tor zu einer anderen Dimension; unbekümmert um die realen Bedingungen und immer nur als spekulative Option mit unzureichender Quellenheranziehung in den Raum geworfen. Ähnlich provisorisch mit Überlebensinstinkten programmiert ist auch die gesamte Bearbeitung, ärmliche Herkunft von eher beklagenswertem Geschick, gedreht auf Video, die Übergänge gerade zu Beginn scheinbar noch mit einem Freeware Programm bearbeitet. Der Einsatz von Spezialeffekten ist natürlich gering bis nichtexistent, wird allerdings in Überlastungsstrategie zum Showdown hin enorm bis zu einer wahren Schlacht von Windmaschine und unzählig herumwirbelnder Dekoration gesteigert.

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