Lost.
Vier Lettern leuchten auf dem Bildschirm auf und man ist sich noch immer im Unklaren darüber, ob das, was man gerade erlebt hat, tatsächlich "nur" eine Serie oder doch ein Spielfilm mit tausend Minuten war.
Die erste Staffel von "Lost", DEM Export aus den USA, endet, wie sie beginnt: mit einem Paukenschlag. Und dazwischen bleibt keine Zeit zum Luftholen. Ständig erfährt man Neues über die Charaktere des Robinson-Crusoe-Epos mit Akte-X-Beigeschmack, ständig passiert etwas Neues auf der noch unerforschten Insel, auf der sich die 50 Überlebenden zurechtfinden müssen und dann sind da ja auch noch die rätselhaften Ereignisse, die sich der Zuschauer (zumindest bis zum jetzigen Zeitpunkt) selbst erklären muss. Und darin liegt der große Reiz von "Lost": Erklären.
Wie erkläre ich mir einen Eisbären, der fern allen Schnees durch subtropisches Klima wandert, wie einen Wald, der sich in Untermalung grotesker Schreie bäumt und wie Menschen, die einfach verschwinden? Oder auftauchen aus dem Nichts?
Ohne Zweifel, Lost ist ganz großes Kino. Was Regisseur J.J. Abrams (Alias, M:I 3) hier geschaffen hat, widerspricht jeder Serienpolitik, denn es ist größer, komplexer, teurer und anders als alles, was ich in diesem Sektor gesehen habe. Es existieren zwar die üblichen Beziehungen zwischen den einzelnen Charakteren, doch werden diese stückweise in Rückblenden erzählt, die jedes Mal Lust auf mehr machen. Hier haben wir es mit keinen Klischees zu tun; keiner der etwa 15 Hauptcharaktere hat etwas zu erzählen, das niemanden interessiert. Und auf niemandem liegt eine himmlische Last der Vergangenheit.
Um nicht zuviel vorweg zu nehmen, wie bei Reviews stets die Gefahr besteht, höre ich auch hier bei der Charakterbeschreibung auf und wende mich sogleich dem Fazit zu, welches besagt, dass Lost wohl die größte Entdeckung ist, seit wir verlassene Inseln kennen. Da ist man doch fast froh darüber, dass Mensch mit Mutter Erde noch nicht ganz per DU ist.
10/10