Einst nahm sich Luc Besson, der große Film-Guru aus Frankreich, vor, den fernöstlichen Martial Arts - Film nach Europa zu importieren, um mit amerikanischen Produkten der Marke "The Matrix" konkurrieren zu können. Die ersten Werke wie "Kiss of the Dragon" und "The Transporter" waren auch recht ansehnlich, obwohl sich schon dort abzeichnete, dass der gute Onkel Besson in Sachen Drehbuch schreiben noch lange kein Quentin Tarantino oder Shane Black ist. Sowohl die "Taxi"-Trilogie als auch "Die purpurnen Flüsse 2" und "Transporter - The Mission" zeichneten sich storymäßig durch allerlei Klischees und Ideenlosigkeit aus. Mehr war Besson wohl an dem optischen Spektakel an sich gelegen, weshalb die Handlungen oft nur Kopien bekannter Szenarien oder bestenfalls Rahmenhandlungen waren. Mit "Unleashed - Entfesselt" sollte sich das ändern und Besson holte mit Jet Li (Total Risk) ein publikumanziehendes Zugpferd an Bord und versprach ihm, dass er nun mehr zu tun haben sollte als sich lediglich durch unzählige Gegnerhorden zu kloppen...
Danny (Jet Li) wird vom skrupellosen Gangster Bart (Bob Hoskins) aufgenommen und in eine todbringende Kampfmaschine verwandelt. Wie ein Hund gehalten, ist sein Leben ohne Emotionen, ohne Freundschaft, ohne Menschlichkeit. Als Dannys "Besitzer" Bart eines Tages nach einem Unfall ins Koma fällt, lernt Danny, auf sich alleine gestellt, den blinden Klavierstimmer Sam (Morgan Freeman) kennen und mit ihm den Wunsch auf ein neues Leben. Doch so einfach lässt sich der wiedererwachte Bart seine Einnahmequelle nicht nehmen. Aber wenn man ein Tier in die Enge treibt, fängt es an zu beißen...
Sicher muss man es dem ansonsten dürftigen Skript Bessons lassen, dass es versucht auch den Schauspieler in Jet Li rauszulassen. Und der meistert diese Aufgabe recht souverän und beweißt, dass er eben mehr kann als Prügel auszuteilen und nicht ständig in die Schublade des asiatischen Cops, Agenten oder Soldaten im Ausland gesteckt werden will. Bob Hoskins (Hook) macht sich als Arschloch vom Dienst auch recht gut und kann locker mit Li mithalten. Mit Morgan Freeman (Edison) kehrt zudem noch etwas Hollywood-Glanz in den Film ein und Freeman wickelt seinen Part routiniert ab. Ein wenig nervt allerdings Kerry Condon (Rom) als Adoptivtochter.
Waren bei "Transporter - The Mission" noch Filme wie "Mann unter Feuer" und "Mission: Impossible 2" die Vorbilder bezüglich des Drehbuchs, so schaut sich Besson hier einiges von "Rain Man" und seiner eigenen Produktion "Kiss of the Dragon" ab. Denn mehr als eine Mixtur aus diesen beiden Streifen scheint das Skript von "Unleashed - Entfesselt" trotz ein paar netter Ideen nicht zu sein. In der ersten Filmhälfte macht Besson noch alles richtig und der Film scheint in Richtung Charakterstudie zu gehen. Doch ab etwa der Mitte lässt Onkel Besson wieder den mainstreamorientierten Popcorn-Papst raushängen und opfert die Handlung zum Wohl der Action und der Schauwerte. Je mehr sich der Film dem Showdown nähert desto mehr lässt das Skript nach und Jet Li fällt wieder in die Rolle des übermenschlichen Kung Fu-Flummis zurück. Hier wird Wert auf Optik gelegt und die Tiefgründigkeit der Handlung über Bord geworfen. Dementsprechend sieht das Finale auch gut aus und kann sich wirklich sehen lassen, was auch für die anderen Kämpfe Lis gilt, wobei mir da jener Fight noch am besten gefallen hat, wo Danny gleich gegen mehrer Arena-Gegner kämpfen muss, diese aber nicht mehr töten will. In den Momenten der Kämpfe vergisst man vollkommen die Tragik der eigentlich Handlung und Besson ist dann auch nicht mutig genug, diese weiter auszubauen. Abgesehen von dem schon nahezu amateurhaft dahingekritzelten Drehbuchs hat "Unleashed - Entfesselt" dennoch seine Stärken, was vor allem an den drei Hauptakteuren (Li, Hoskins, Freeman) liegt, die erfolgreich gegen das magere Skript und Bessons Ideenlosigkeit ankämpfen können. Alle drei können ihre Charakte nämlich gut vermitteln und Regisseur Louis Leterrier (The Transporter) versucht das Ganze dann noch in schicken Aufnahmen zu verpacken, was ihm auch größtenteils gelingt. Neben der Action kommt auch der Humor nicht zu kurz, der sich vor allem in jenen Szenen abzeichnet, wo sich Danny wieder in die Welt der Menschen (z.B. Einkauf im Supermarkt) wagt. Ein wenig Spannung ist dann doch noch vorhanden, auch wenn es beim erstmaligen Anschauen nur darum geht, wie der Film endet. Die Musikuntermalung geht auch recht in Ordnung, auch wenn diese genau wie das Skript ausbaufähiger wäre.
Alles in allem ist "Unleashed - Entfesselt" ein passables Martial Arts-Drama, wo die Fähigkeiten der Schauspieler sowie die solide Action den Film vor der kompletten Vernichtung durch das dürftige Skript eines einstigen Kino-Gurus Europas retten können. Anscheinend hat Luc Besson den kleinen Cineasten in sich entgültig begraben und ist zur austauschbaren Mainstream-Hure mutiert. Schade!