Review

In den Siebzigern in Filmen wie „Deliverance“ oder „The Longest Yard“ gefeiert, in den Achtzigern, abgesehen von wenigen Ausnahmen wie „City Heat“, in diversen „Canonball“- Streifen und einfältigen One-Man-Shows wie „Heat“ oder „Malone“ belächelt und in den Neunzigern gar nicht mehr beachtet. Das ist die Geschichte von Burt Reynolds, der, völlig abgebrannt, bald für die peinlichsten Rollen (z. B. „Striptease“) zu haben war und erst mit „Boogie Nights“ so etwas wie ein Comeback schaffte. Zumindest häuften sich danach seriösere Angebote und zu einem kleine Kino-Comeback in Renny Harlins Frontalaufprall „Driven“ reichte es auch. Der noch im gleichen Jahr wie „Boogie Nights“ entstandene „Raven“ steht stellvertretend für die Qualität der Filme, in denen sich Reynolds damals zumeist herumtrieb.

Der B-Actioner hat so seine Schokoladen- und Schattenseiten. Klares Highlight ist natürlich der überlange Shootout während der Anfangsviertelstunde. Der zumeist als Stuntkoordinator (u. a. „Showdown in Little Tokyo“, „Tough and Deadly“) arbeitende Regisseur Russell Solberg heroisiert die Söldnertruppe (erinnert ein wenig an Isaac Florentines „Special Forces U.S.A.“) um Jerome Katz (Reynolds) erst mit entsprechenden Kamerazooms und einem patriotischen Score von „Friday, the 13th“ – Dauerbrenner Harry Manfredini („House“, „Wishmaster“), um sie dann nach einem trockenen „Let’s kick some asses“ von Reynolds in ein 15minütiges Spektakel, dass die Treffsicherheit von Arnis „Commando“ aufweist (einfach ungefähr in die Richtung halten, irgendwer fällt schon um oder stürzt vom Dach), zu schicken Insbesondere die spektakulären Explosionen und die daraus resultierenden Freiflüge brennender Schergen sind weit über B-Movie-Standard angesiedelt. Das ist ein Start, wie ihn sich der Genrefan wünscht und zwar mit allem was dazu gehört: Blutige Treffer, zig toll koordinierter Stunts, infernal-feurige Explosionen und Massen dahinsiechender Feinde.

Reynolds glänzt hier, genau wie im gesamten Film, als skrupelloser, hier und da mit coolen Onelinern behafteter, gar nicht sympathischer Kämpfer, der, um sein Ziel zu erreichen, vor nichts zurückschreckt. Das ist in diesem Fall ein Decoder. Der Einsatz schlägt zwar nicht fehl, doch, bis auf Martin Grant (Matt Battaglia, „Universal Soldier II: Brothers in Arms“, „Universal Soldier III: Unfinished Business“), kommen alle Mitglieder des Raven-Teams ums Leben. Zudem plant Katz längst seinen Ausstieg, versucht Grant die andere Hälfte des beschafften Decoders abzunehmen, schießt ihn jedoch nur an und gilt nach Absturz des rettenden Helikopters als tot. Doch er soll wieder auftauchen...

Leider wird „Raven“ dem referenzverdächtigen Auftakt immer schwächer. Die klischeehafte Story von B-Schreiberling Jacobsen Hart („The Sweeper“, „Steel Frontier“) wärmt altbekannte Elemente wieder auf. Da ist Katz natürlich nicht ums Leben gekommen, will den Decoder verticken, spürt dafür den längst ein ruhiges Leben führenden Grant auf und mischt nebenher noch die Hintermänner, die ihn damals verrieten, auf.

Hauptmanko ist das fehlende Talent der Darstellerriege. Abseits von Burt Reynolds offenbaren sich hier katastrophale Leistungen. Ich hatte nach dem Limousinenfick des Sentators (zu einer deutschen Oper!) fast das Gefühl mich hier in einem Softporno (Krista Allen stammt ja wirklich aus dem Metier) wiederzufinden. Denn Fleischbeschau gibt es mehr als nur einmal und die Darsteller (Männer: muskelbepackt und braun gebrannt, Frauen: durch die Bank weg Silikontitten) sehen nicht nur verdächtig danach aus, sondern besitzen auch nicht ansatzweise Talent. Besonders witzig ist Totalausfall Matt Battaglia, der nicht nur ständig seinen Oberkörper präsentieren muss, sondern, insbesondere während der Anfangsszene am Fenster, ständig verzweifelt versucht an der Kamera vorbei zu schauen.

Was gibt es also noch zu bewundern? Der Plot gibt wirklich nicht viel her und läuft geradlinig auf das erwartete Duell hinaus, hat dann jedoch zumindest zum Schluss noch ein bis zwei Überraschung zu bieten. Ein paar sehr schicke Explosionen, sowie zwei blutige Shootouts versüßen das arg durchschnittliche Geschehen noch etwas. Wäre Reynolds mit seinem Sarkasmus hier nicht am Start, würde „Raven“ schnell in tiefere Gefilde abwandern.


Fazit:
Nach seinem genialen Auftakt lässt „Raven“ leider stark nach und glänzt mit einem formelhaften Plot, schwachen Dialogen und katastrophalen Darstellern. Einzig und allein der stets einen lockeren Spruch auf Lager habende Burt Reynolds, zwei blutige Shootouts und die exzessiven Pyrospielereien halten das schlingernde Schiff gerade so auf Kurs. Nicht auszudenken, wie der Film ausgesehen hätte, wenn mehr Budget vorhanden gewesen wäre und man im Stil der Anfangsviertelstunde weitergemacht hätte.

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