Review

Klar, King ist noch lange nicht King, auch wenn es mal wieder dem Filmtitel vorangestellt wird.
Der „Meister des Horrors“ produziert in letzter Zeit sowieso mehr Fantasy und nostalgische Hommagen an die 60er Jahre als echten Grusel und liegt gar nicht schlecht damit.
Und da sowieso irgendwann fast alles aus des Meisters Feder verfilmt wird, durfte sich Hausregisseur Mick Garris jetzt noch an der Internet-Fortsetzungsnovelle „Riding the Bullet“ versuchen. Garris mag zwar kein großer Kinoregisseur sein („Schlafwandler“ war trotz guter Ansätze eher ein goriges Geschmacksverbrechen), aber für das TV hat er King schon mehrfach in gut anschaubare Gewänder gepreßt (The Stand, The Shining, bald auch Desperation).

Und Garris bemüht sich auch hier um Werktreue und das bedeutet, daß King seine Geschichte im Film vermutlich wiederfindet, aber das nicht unbedingt einen wirklich guten Film ausmacht, für den nun mal andere Gesetze gelten.
Alles steht und fällt mit der Vorlage und die ist nun mal eine schwer austarierbare Mischung aus Horror, Coming-of-Age-Story und nostalgischer Erinnerung, mit ein wenig Familienmoral angereichert.

Wir werden ins Jahr 1969 geführt, kurz bevor sich die Beatles splitten, als der Student Alan sich nicht sicher ist, ob er den Tod mehr verehrt als das Leben und was die ganze Chose denn eigentlich soll, wenn sogar sein Mädchen sich von ihm trennt. Und wie so oft, gibt es auch gleich die Prüfung des Schicksals, denn seine Mutter erleidet einen Schlaganfall und liegt in der Klinik, worauf Alan nach Hause trampt, nicht sehr weit, genug Reichweite für eine Nacht. Und die wird es natürlich in sich haben.

Das klingt jetzt nach straightem Moralhorror, aber von wegen. Natürlich gibt es hier immer wieder kleine Schocks und etwas FX, aber der Tenor ist eine psychologische Auseinandersetzung mit einem psychisch instabilen Studenten. Fast permanent gibt es während Alans Reise durch die Nacht Rückblenden ohne Ende, die seine Jugend und sein Verhältnis zu Leben, Tod und seiner Mutter beleuchten, um den Charakter für den Zuschauer zu erhellen. Das ist alles ganz interessant, wirkt aber zerfasert und uneinheitlich, vor allem die Rolle der titelgebenden Achterbahnt („The Bullet“), vor der er als Kind gekniffen hat, bleibt oft nebulös, als Überwindungssymbol für Todesangst taugt sie wenig und hat in der Geschichte kaum Funktion. Interessant ist die Idee, Darsteller Jonathan Jackson in vielen Szenen doppelt auftreten zu lassen und die eigenen Reaktionen als Gewissen oder innere Stimme reflektieren zu lassen, aber irgendwann nützt sie sich ab.

Und so hat man in der ersten Hälfte oft das Gefühl, in einer Halloween-Folge von „Wunderbare Jahre“ herumzuwühlen, immer gewahr, daß man uns hiermit wohl etwas sagen will.
Im letzten Drittel gewinnt das alles dann endlich etwas mehr Drive, als Alan nach einem Friedhofsbesuch in den Wagen von Georg Staub einsteigt und sich sofort sicher ist, bei einem Toten mitzufahren, was auch baldigst bestätigt wird. David Arquette, der ja sonst meistens für verklemmte Spießer zuständig ist, zieht hier dermaßen vom Leder, daß es nur so raucht im Auspuff, eine wahre Freude sein 20-minütiger Auftritt.
Dennoch: es bleibt eine Story über das Verantwortung-Übernehmen und Erwachsenwerden und noch vieles mehr, was die Story einfach nicht definitv herauskochen will, trotz langem Epilog und vielen Botschaften und sogar einem netten Schlußgag.

Irgendwie ist es eine Story über die Entscheidung für das Leben, aber möglicherweise wußte King das selbst nicht so genau, als er sie schrieb. Ähnliche Texte, wie etwa der Hauptteil von „Hearts in Atlantis“ sind da treffender gewesen.
Für King-Freude sei aber vorgewarnt, daß man es hier nur mit einem Hauch von Horror zu tun hat und die Story auch gut in eine Twilight-Zone-Episode gepaßt hätte, falls man hätte straffen mögen.

Irgendwie unentschieden der Gesamteindruck, aber sympathisch was Garris daraus gemacht hat, als Film der Woche im TV jedoch genausogut aufgehoben. (6/10)

Details
Ähnliche Filme