Review
von Leimbacher-Mario
Ich hoffe dein Gehirn nimmt die Pille!
Wer dachte "El Topo" sei schon abgedreht gewesen, der wird bei "The Holy Mountain" seinen Augen, seinen Sinnen, seinem Verstand nicht mehr trauen. Bis heute gibt es in der weiten Kinolandschaft nichts auch nur annähernd Vergleichbares. Ein Berg, ein Monument, ein LSD-Ritt. Eher Erfahrung als Film. Eine, die man nur einmal in seinem Leben machen kann. Zumindest zum ersten Mal. Einiges zu verdauen, viel zu fassen, etliches zu glauben, noch mehr zu staunen. Erzählt wird eher episodisch und konfus von einem jesusartigen Erlöser, der sich mit einer Gruppe von mächtigen aber nicht allzu netten Menschen/Wesen von anderen Planeten in Richtung des heiligen Bergs bewegt...
Alle paar Jahr sieht man Filme, nach denen man sprachlos ist, die den Horizont erweitern und einen an die Grenzen und darüber hinaus tragen. "The Holy Mountain" ist so ein Grenzbringer. Irgendwo zwischen "The Last Temptation of Christ", "Salo, die 120 Tage von Sodom" und "Ein andalusischer Hund" haut Jodorowsky einen Kracher nach dem nächsten raus. Mal sinnlich und mal sinnlos, mal politisch und mal spirituell, mal bunt und mal blutig, mal religiös und mal lächerlich, mal ekelhaft und mal schauerhaft. Das war der Höhepunkt, kreativ wie budgetär, des Allround-Genies. Mit dem Geld seiner beeindruckten Kollegen von Lennon bis Warhol brachte er einen Wirbelsturm der Kreativität und des Schocks auf die Leinwand, der damals wie heute und wohl auch noch morgen zu viel für die meisten sein wird. Lässt man sich jedoch ergreifen und hinterfragt auch nur ein Quäntchen der Bilder, Symbole und Eklats, dann wird man kaiserlich belohnt. Jeder Frame hat Mehrwert. Nicht für jedermann, aber für ein paar dafür umso heftiger. Kult groß geschrieben. Berauschend und anstrengend. Mein Highlight ist die ausgedehnte Vorstellungsrunde des "Team Jesus", welche von lauten Lachern (z.B. Buddha-Kanone) bis zu damals prophetischen Themen (z.B. Propaganda-Spielzeug oder Wohnraumverknappung) ein unfassbares Sammelsurium der Eitelkeiten und Genialitäten bereithält. Nur die ein oder andere Tierquälerei hinterlässt einen üblen Beigeschmack.
Fazit: ein Trip wie kein zweiter - wild, mutig, surreal. "Montana Sacra" ist ein Berg, den es zu erklimmen gilt. Oder den man einfach über sich schwappen lässt. Ein Hippie-Meilenstein voller Wahnsinn, Metaphern und einem Rausch an Kreativität. Das Ding hat die dicksten Eier!