Review

Es sagt noch nichts über die Qualität eines Filmes aus, wenn in den dazu geschriebenen Kritiken oder Inhaltsangaben das Phänomen der Unausgegorenheit auftaucht, aber es deutet doch darauf hin, daß wir es hier mit einem ungewöhnlichen Werk zu tun haben...

Zur Beweisführung möchte ich zwei Anmerkungen zitieren. Auf der "Kinokritiker" - Seite, die ja immer so schön plakativ "Pro" und "Kontra" grün/rot unterlegt, steht zu Kontra "streckenweise arg deprimierend".

Seit wann ist das ein Kontra-Argument ? - Dann wären eine Vielzahl der besten Filme gleich negativ, einfach weil sie ein frustrierendes Thema behandeln.

Oder als zweite Anmerkung die oben zu lesende Inhaltsangabe zum Film von "DerPate" . Nicht nur das sie fast nichts aussagt, das Wenige ist schlichtweg falsch, denn der hier benannte Umzug ist gerade einmal ein Randaspekt.

An diesen Beispielen fällt einfach auf, daß es schwer ist, sich dem Film angemessen zu nähern, denn er scheint so gar keine Höhepunkte oder sich zuspitzende Ereignisse zu bieten, an denen man sich wenigstens etwas orientieren könnte.

Zusätzlich zur benannten deprimierenden Grundstimmung wird die von Nicholas Cage verkörperte Figur des David Spritz gerne als gescheitert bezeichnet. Nur frage ich mich, wer hier gescheitert sein soll ?

David Spritz ist der erfolgreiche Wettermann des lokalen Chicagoer Senders mit einem ordentlichen Gehalt. Seine Karriere scheint einen weiteren Sprung zu machen, denn er ist "Hello America", der überregionalen Sendung aus New York, positiv aufgefallen und sie haben ihn zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.
Mit Chance auf ein Millionen-Einkommen.

Privat läuft es allerdings nicht so gut bei David. Seine Frau hat sich von ihm getrennt und seine Kinder haben auch so einige Probleme. Dazu fehlt ihm die Anerkennung seines Vaters (Michael Caine), einem Pulitzer-Preisträger, der David's Beruf eher lächerlich findet.

Wer diese persönlich sicherlich schwierige Situation, als gescheitert oder gar deprimierend ansieht, sollte ein wenig über seine Maßstäbe nachdenken. Gerade Cage's anderer aktueller Film "Lord of War" zeigt doch, was wirklich deprimierend ist. Hier handelt es sich um eine selbst verschuldete äußerst durchschnittliche Privatkrise...

Das Geniale an "Weather Man" ist, daß sich jedes extreme Wort hier völlig verbietet. Alles Unbill, daß David Spritz widerfährt, ist von höchster Normalität.

Hier gibt es keine Feinde, die ihm schaden wollen - die regelmäßigen Wurfattacken sind die Folge der Lächerlichkeit seines Tuns. Und die Werfer wirken, wenn David sich beschwert, regelrecht überrascht, daß er sich darüber so aufregt.

Seine Frau hat sich von ihm getrennt, weil die Ehe einfach nicht lief - es wurde niemand betrogen, es wurde niemand geschlagen, selbst die Streitigkeiten der Eheleute sind absolut durchschnittlich. Eine Situation wie sie millionenfach vorkommt.

Auch die Probleme der Kinder sind normal - Übergewicht, Hänseleien und Drogen, aber nichts davon extrem oder gar lebensbedrohlich. Die Situation zwischen David's Sohn und seinem Betreuer hätte eskalieren können, aber sie löst sich eben doch ohne großes Drama (wie im normalen Leben wahrscheinlich auch meistens).

Auch David's Vater ist kein harter Familiendespot - im Gegenteil er wirkt sehr liebevoll als Vater und Großvater - der Konflikt zu seinem Sohn rührt eher von seiner grundsätzlichen disziplinierten Haltung her, die gepaart ist mit einem hohen Anspruch. Das kann für einen Sohn zur Belastung werden, aber es steckt keinerlei Bösartigkeit dahinter.

Der größte Verdienst an dieser Darstellung des Durchschnittlichen gebührt Nicholas Cage. Ihm gelingt die Figur des David ohne jedes Extrem, weder ist er besonders unfähig, noch besonders lächerlich oder besonders liebesunfähig. Im Gegenteil, eigentlich ist er ein netter Kerl, der eben manchmal schlechte Laune hat und der das was er gerade aufgebaut hat, regelmäßig wieder mit dem Arsch einreißt. Das ist so normal und üblich und allen bekannt, daß es wirklich weh tut.

Robert de Niro könnte man sich in so einer Rolle nie vorstellen. Man würde immer irgendetwas Geheimnisvolles oder Abgrundtiefes selbst hinter der harmlosesten Fassade vermuten , bei David verbirgt sich nichts dahinter.

Im Gegenteil, er läßt uns ja an seinen Gedanken teilhaben, an seinen Analysen. Und die sind so banal, daß man es nicht fassen kann. Er will seine Ehe retten, aber dabei geht es ihm nur um den Status, nie um die Beziehung zu seiner Frau. Gleichzeitig kapiert er keinen einzigen ihrer Hinweise. Es ist teilweise erschreckend mit anzusehen, wie unsensibel er auf seine Umgebung reagiert.

Alle seine Gedanken zeugen niemals von einer Selbstreflexion oder Erkenntnis. In seinen besten Momenten reagiert David einfach nur menschlich richtig ,ohne das ihm das bewußt ist (weshalb er auch regelmäßig kurz danach wieder genau das Falsche macht).

Klar, wir lieben alle die Filme, in denen Jemanden das böse Schicksal heimsucht (von "Der Graf von Monte Christo" bis "Die Hard") und der sich dann dank seiner Fähigkeiten daraus befreit. Oder beliebt ist auch der unfähige, aber liebenswerte Trottel, der trotzdem seinen Weg findet.

Doch das sind Stilisierungen, die uns von der Realität entfernen, dagegen halten Gore Verbinski und Nicholas Cage uns den Spiegel vor Augen.

Klar, als beobachtende Dritte kann man gut über David's Fehler urteilen, aber wie reagieren wir in unseren Alltagssituationen? - Wissen wir immer, was um uns herum geschieht ?

Ich habe diese Beschreibung des Durchschnittlichen, die filmgemäß angemessen überzogen und mit einem gewissen Witz versehen ist, selten in dieser Konsequenz gesehen. Die beliebte Hollywood-Regel der späten aber um so konsequenteren Erkenntnis findet hier nicht statt, die kleinen Fortschritte im Zusammenleben basieren auf den ja durchaus vorhandenen normalen Fähigkeiten. Es geht eben immer irgendwie weiter...

Fazit : sehr intelligenter und analytischer Film, der sich der Darstellung des Oberflächlichen und Durchschnittlichen angenommen hat, der aber selbst keineswegs oberflächlich und schon gar nicht durchschnittlich ist. An den zu Beginn zitierten Kritiken ist zu erkennen, wie gut er in der Wunde bohrt. Im Endeffekt sind die Dinge ,die uns betreffen ,eben doch die deprimierensten.

Die einzige Schwäche des Films ist, daß er auf Grund seines "Piraten" Regisseurs und Hauptdarstellers so stark in Richtung Mainstream gedrückt wird. Das schürt falsche Erwartungshaltungen und nimmt dem Film die Chance anders beurteilt zu werden, als nach seinem Unterhaltungsfaktor.

Denn trotz einer gewissen Kurzweiligkeit, unterhaltend im entspannenden Sinne ist er nicht (9/10).

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