Review

Es hatte seinerzeit eigentlich viel zu lange gedauert, bis „Shaolin Soccer“ endlich auch bei uns veröffentlicht wurde. Für Hongkongs Ausnahmekomiker Stephen Chow war es jedenfalls der internationale Durchbruch, den er mit seinem neusten Werk „Kung Fu Hustle“, das nicht nur ziemlich fix eine internationale Kino-Auswertung erfuhr, sondern nebenher auch nochmal Chows Vorgängerfilm in Punkto Einspielergebnisse toppte, der bisher erfolgreichste Hongkong-Film ist und auch noch bei 16 Nominierungen 6 Auszeichnungen der Hong Kong Film Awards einheimste. Jede Menge Vorschusslorbeeren also, die dem westlichen Publikum aus dem Osten entgegenwehen und „Kung Fu Hustle“ soll sie gerecht werden.

Stephen Chow, hier gleich Produzent, Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller in Personalunion, holte sich für seinen neusten Geniestreich gleich zwei Legenden zur Unterstützung: Sammo Hung und Choreographie-Koryphäe Yuen Woo Ping (spätestens seit „The Matrix“ und „Kill Bill“ auch hierzulande bekannt). Beide stehen ihm bei seiner abgefahrenen von Comicrealismus geprägten Inszenierung hilfreich zur Seite, weswegen das hier Abgelieferte nahezu jeder Beschreibung trotzt.

„Kung Fu Hustle“ ist ein wilder 95minütiger, äußerst dynamischer Mix aus allem möglichen. Witzig, blutig, atemberaubend, nachdenklich stimmend und dann wieder traurig. Der Film ruht sich keine Minute aus, sondern bemüht sich stets darum noch einen drauf zu setzen, verulkt nicht ungeschickt westliche Motive und bleibt doch immer ein Produkt Asiens, das sich nicht der westlichen Welt verschreibt.

Darauf kann Chow stolz sein, denn sein Plan geht auf und selbst Zuschauer, wie ich, die nur schwer Zugang zum, mir immer zu sehr vom Slapstick dominierten, asiatischen Humor, finden, werden hier einen Mordsgaudi erleben. Verankert ist dieses seltsame, märchenhaft-phantastische Szenario im China der wohl späten Dreißiger. So in etwa schaut die Umgebung jedenfalls aus. Irgendwo in einer südchinesischen Provinz dominiert jedenfalls die sogenannte Axt-Gang und sorgt unter den Bewohnern einer Stadt für Angst und Schrecken. Der Möchtegernganove Sing (Chow) und sein trotteliger Kumpan (Chi Chung Lam) sind so begeistert von dieser mächtigen Truppe, dass sie ihr beide nacheifern wollen und ehe sie es sich versehen fast mit ihren Vorbildern aneinander geraten, um sich schließlich einzugliedern. Das dicke Ende kommt erst noch, als die Axt-Gang Interesse an einem Wohnviertel (Schweinestall-Allee *gg*), in den mal eben eine Handvoll legendärer und in Frieden zurückgezogener Martial-Arts-Meister leben, entwickelt...

Was folgt hat im Grunde keine Geschichte mehr, denn nahezu grundsätzlich gibt es was auf die Moppen und das dann zwar komplett an der Realität vorbei, dafür aber comichaft brachial, völlig übertrieben und liebevoll getrickst. Chow sprudelt hier über vor Kreativität, wusste gar nicht wohin mit seiner ganzen Power und bringt seine Ideen deswegen manchmal etwas ungelenkt unter, aber trotzdem funktioniert der Film dank seiner Rasanz. Müssen die Bewohner sich mal nicht mit den Handlanger-Horden der Axt-Gang kloppen und sie wie Gummigeschosse durch Türen und Wände prügeln, so darf man herzlich über Einfälle lachen, die mehr als nur einmal an die guten alten Zeiten der Looney Tunes (die Turbo-Runs) erinnern oder sich über, mit viel Gespür für den richtigen Witz an der absurdesten Stelle, eingebrachte Uraltgags (z.B. über Schwule) aus der Mottenkiste amüsieren.

Mit zunehmender Spieldauer wird es immer irrer. Die Kämpfe und damit verbundenen Kräfte nehmen übermenschliche Ausmaße an, der Humor wird schwärzer und die dabei zu Tage tretenden Zerstörungsorgien brachialer. Im übrigens sind die CGI-Tricks eine überraschend runde Sache, denn vor Hollywood braucht man sich mit dem Ergebnis nicht verstecken.
Chaotische, völlig überzeichnete Figuren dürfen ihren Einstand feiern, sogleich wieder verschwinden oder ein Feld der Verwüstung hinterlassen, eine Love Story wird dankbar kurz gehalten und immer wieder tobende Kämpfe um Leben und Tod – durchaus hart, härter, am härtesten. Waren es aber zu Beginn noch einfaches Martial-Arts, können später Specialmoves und gänzlich abgefahrene Kampftechniken auftauchen. Abwechslung, Tempo, Witz – Stephen Chow kontrolliert es mit Timing und Fingerspitzengefühl.

Was das hier letztlich sein soll, muss wohl jeder selbst definieren, denn „Kung Fu Hustle“ siedelt sich irgendwo zwischen Hommage, Parodie (beides oft und gern in Bezug auf das klassische Hongkong-Kino der Siebziger, vorzugsweise Eastern) und moderner, zeitloser Actionkomödie an. Und zwar mit so einer Kurzweiligkeit, dass man gar nicht anders kann, als am Ball bleiben. Es steckt einfach zuviel Liebe in diesem Projekt und man merkt Chow an, was er für einen Heidenspaß hat, ständig das Unmögliche und Geschmacklose zu wagen und für das Risiko auch noch belohnt zu werden. Trotzdem kommt er immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, lässt Tragik und Trauer einfließen und gönnt damit dem Zuschauer die auch dringend notwendigen Atempausen.


Fazit:
Er ist bunt, abgefahren, vollgestopft mit Absurditäten, fern von Realismus und quillt vor Gags und Martial-Arts nur so über – „Kung Fu Hustle“. Absolut beachtlich, wie Multitalent Stephen Chow die zweifellos hervorragend choreographierte, wie inszenierte Action mit seinem unnachahmlichen Humor zu koppeln versteht und zwischendurch immer noch Zeit findet, dem wilden Treiben seine Ruhepausen zu gönnen. Keine Frage, das ist irrsinnig, unsinniger Unfug, durchzogen von Comicrealismus in Verbund einer kaum vorhandenen Story und Klischeeparodien. In seiner Überzogenheit bleibt der Film über die komplette Distanz einfach Filmspaß in Reinkultur und das ist heute leider selten geworden. Lobend sie dabei auch die gelungen-witzige deutsche Synchronisation erwähnt. Chow muss sich hier dran nun messen lassen. Wenn er das nun auch noch toppen sollte... Respekt...

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