Review

Nach seinem sensationellen Comeback mit „Shaolin Soccer“ ist Stephen Chow wieder oben auf ... in der Tat noch weiter oben als je zuvor, was man allein schon am Budget seiner aktuellen Klamotte ablesen mag. Columbia Pictures haben ganz schön was gucken lassen ... und die vielen Mille kann man dem von Poon Hang Sang wirklich erlesen fotografierten KUNG FU HUSTLE auch problemlos ansehen: die CGI stellen die „The Matrix“-Sequels an Qualität und Unterhaltungswert locker in den Schatten, und wenn man weiß, dass zudem noch Yuen Wo Ping die sensationelle Action-Choreografie besorgt hat, dann kann man sich bereits vor der Ansicht des Films sicher sein, dass auch die zahlreichen Persiflagen auf eben jene Hacker-Oper hundertprozentig auf den Punkt kommen. Das soll jetzt nicht heißen, man darf sich diesen Stephen Chow gerne schenken, auf keinen Fall ... denn selbst die Gebenedeiten, die Zeit, Muße und Möglichkeit hatten, alle – sicher so zirka 30 – Stephen Chow-Machwerke in- und auswendig zu lernen, selbst für die ist KUNG FU HUSTLE auf keinen Fall gewöhnlich, sondern das mit Abstand derbste Gagfeuerwerk, das er sich bisher in seiner langen Karriere erlaubt hat. Wohlgemerkt, wir reden hier über einen Schauspieler und Regisseur, bei dem mindestens einmal Anpinkeln und überaus schmerzhafte Genitalwitze ja so gut wie jeden Film gehoren. Das sind also gesetzte Standards. Doch diesmal treibt er es so heftig, dass man mitunter zwischen Magen- und Zwerchfellkrämpfen nicht mehr unterscheiden kann. KUNG FU HUSTLE ist die große, alles Bisherige niederwalzende Welle des Schlechten Geschmacks (also tatsächlich noch überwältigender, als ich es hier selbst mit noch so geschickt daneben hauender Wortwahl andeuten kann).

Stephen Chow spielt in KUNG FU HUSTLE einen (zunächst) ganz und gar nicht sympathischen Loser, der sich mit dreisten Gaunereien über Wasser hält und mit einen superfetten Kumpel auf einer Verkehrsinsel inmitten der belebtesten Straße einer Metropole des kolonialen China haust. Als seine Methoden bei einer ärmlichen Einwanderer-Enklave am Stadtrand – der Schweinestall-Alley! – nicht fruchten, hetzt er den Bewohnern (zu seiner Verteidigung eher durch einen dummen Zufall) die berüchtigte Axt-Gang auf den Hals. Dass mit dieser Bande nicht zu Spaßen ist, machte bereits der Prolog mehr als deutlich. Der widmete sich dem Zerhacken eines aufgeblasenen nordchinesischen Gangsters und der Zerschrotung seiner Geliebten. (Anmerkung: Die Soziographie und ihre etwaigen Motive in diesem von Dialekten völlig kauderwelschen und sich einem nicht megapolyglotten Zuschauer nur über die Untertitel erschließenden Film, wären sicher auch mal eine eingehende Betrachtung, zumindest aber ein paar Interviewfragen wert.) Anschließend, immer noch im Prolog, legte die Gang zu gegengeschnittenen, sehr gorigen Polizeifotografien ihrer Opfer mit einer ins Debile übersteigerten Coolness den Lord of the Axe-Dance aufs Parkett. Sie sind die Chefs. Bisher. Dummerweise haben in der heruntergekommenen Straße auch einige mit allen Wassern gewaschene Kung Fu Meister Unterschlupf gefunden. Als es für eine Mutter mit kleinem Kind inmitten einer Benzinpfütze ausgesprochen brenzlig wird, vergessen sie ihr Inkognito und zerlegen die Bande nach Strich und Faden. Und Vize-Boss Lam Suet steckt mit gebrochenem Rücken und Erbrochenem auf dem Latz in einer Tonne ... Natürlich kann die Axt-Gang das nicht auf sich sitzen lassen. Stephen Chow muss als Wiedergutmachung für die Bande das hochgradig wahnsinnige „ Beast“, den mächtigsten aller Kungfu-Kämpfer aus seiner Irrenanstalt befreien.

Mit dem fetten Budget von Columbia vollendet Stephen Chow seine Vision, der er bisher immer nur recht nahe gekommen war: den ersten wirklichen Live-Action-Cartoon, Coyote jagt Roadrunner mit Schauspielern, die nun so windelweich geprügelt, überfahren, zerschnippelt und zermatscht werden, dass man für einen Augenblick wenigstens etwas Mitleid haben möchte, mit den völlig ignorierten Pädagogen, die schon immer die Brutalität der Zeichentrick-Klassiker anmahnten. Sie hatten natürlich Recht, und Stephen Chow spielt ihnen nun das perfekte Argument in die Hand (auch wenn es bestenfalls erheblich abgeschwächt jemals nach Deutschland kommt).

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