In einer New Yorker Irrenanstalt kommt es zu einer kannibalistischen Attacke einer jungen Frau mit einer Tätowierung, die eindeutig einem ausgestorbenen Indianerstamm aus dem südamerikanischen Regenwald zugeordnet werden kann. Dadurch wittert die mehr oder weniger zufällig anwesende Blitzreporterin Emanuelle ihre Chance auf eine Reise nach Amazonien. Gemeinsam mit dem Museumsdirektor Mark geht es zuerst in die Kiste, dann auf Reisen, und dann beides zusammen. Im Dschungel trifft man dann auf das Pärchen Donald und Maggie, ihres Zeichens Jäger. Dass die beiden allerdings keine Tiere jagen sondern Diamanten aus einem abgestürzten Flugzeug stibitzen wollen, dass wissen Emanuelle und Mark nicht. Ist für die Handlung allerdings auch nicht relevant …
Ach ja, und irgendwann finden die Abenteurer dann auch den Stamm der Mampfomampfos. Oder richtiger: Die Mampfomampfos finden die Abenteurer. Sie finden sie vor allem recht appetitlich. Eine unerbittliche Jagd auf die weißen Eindringlinge beginnt.
So einen Film wie NACKT UNTER KANNIBALEN zu erschaffen, das konnten glaube ich nur die italienischen Filmemacher. Ein unglaublicher Hybrid aus Erotik und Kannibalen-Horror, aus professionell gedrehten und wunderbar aussehenden Traumaufnahmen und unglaublich miesem Gegurke. Gecastet mit erstklassigen Schauspielern mit bekannten Namen, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit ihre Kleidung vom Leib reißen und poppen, unabhängig von Sinn oder Unsinn der Popperei. Der Trieb muss befriedigt werden, da müssen die tödlichen Kannibalen einen Strauch weiter halt einfach mal zurückstehen. Gifttiere oder gar Schlangen? Pff, die einzige interessante Schlange ist die zwischen den Beinen des nächsten Mannes. Basta!
Da haben wir also auf der einen Seite einige wirklich erotische Momente: Emanuelle und ihr Lover am Ufer des Hudson River, und Emanuelle ist anzusehen wie sehr sie die körperliche Nähe während ihrer letzten Reportage vermisst hat. Emanuelle und Isabelle am Wasserfall, sich gegenseitig entdeckend. Wunderbare poetische Momente voller Zärtlichkeit.
Und dann auf der anderen Seite das Martyrium von Schwester Angela. Das Leiden von Maggie. Hier hat es blutige und schreckliche Augenblicke, die definitiv unter die Haut gehen (das Wortspiel ist jetzt nicht beabsichtigt), und sehr gut und eindringlich gefilmt sind. Doch dann kommt der Tod von Donald, und der Zuschauer fragt sich ernsthaft, was D’Amato geritten hat, etwas so Lächerliches tatsächlich in Szene zu setzen …
Trotzdem, dieses direkte Nebeneinander von Herz und Schmerz, das hat schon was. Dieses Lavieren zwischen Lust und Leid, zwischen Leben und Tod, zwischen Genialität und Hände-über-dem-Kopf-zusammenschlagen, das erzeugt eine unnachahmliche und ganz eigene Stimmung. Und wenn dann am Ende des Films Laura Gemser wie die Venus aus den Fluten auftaucht um ihr Opfer entgegenzunehmen, mit dem sie dann Hand in Hand gen Wasser und Freiheit enteilt, dann weiß ich, dass ich mit der Sichtung dieses Films definitiv alles richtig gemacht habe. Diese Szenen gehören zum gleichzeitig Spannendsten und Erotischsten, was ich seit langer Zeit gesehen habe, und in dieser Kombination sogar als einzigartig erachte.
Darum sollte man über NACKT UNTER KANNIBALEN ob seines Titels, seiner Thematik und der vielen nackten Haut nicht gleich den Stab brechen, sondern sich lieber über eine Wundertüte voller Überraschungen freuen. Und über die Einfallslosigkeit der moderneren Filme kann man den Kopf dann noch viel mehr schütteln …