Review

Colin Egglestons „Long Weekend“ aus dem Jahre 1977 ist einer von nicht allzu vielen australischen Horrorfilmen – aber einer, der eine ganz eigene Handschrift trägt. Mehr oder weniger dem Öko-Horror zuzurechnen, entzieht sich „Long Weekend“ aufgrund seiner Eigenständigkeit und Klischeefreiheit doch weitestgehend gängigen Kategorisierungen. Ein voneinander schwer genervtes Pärchen versucht sich an einem Campingurlaub im australischen Hinterholz, streitet sich permanent und benimmt sich sprichwörtlich wie die Axt im Walde, während die Natur einen Psychokrieg gegen es zu führen scheint. Fast die gesamte Spielzeit über bekommen wir nur dieses Pärchen zu sehen, ansonsten keine Menschenseele. Die sich immer weiter zuspitzende Konfliktsituation zwischen beiden wurde sehr glaubwürdig und nachvollziehbar umgesetzt, viele werden Ähnliches aus ihren eigenen Beziehungen kennen. John Hargreaves und Briony Behets nimmt man ihre Rollen jederzeit ab. Dem Publikum als quasi einzige Darsteller und somit einzig mögliche Identifikationsfiguren zwei Unsympathen anzubieten, ist gewagt, funktioniert hier aber gut, da auf Übertreibungen und Overacting verzichtet wurde. In sehr gemächlichem Erzähltempo wird gezeigt, wie sich die Natur durch eine subtile Aneinanderreihung vermeintlicher Zufälle der menschlichen Plage, die durch ihre Streiterei den Waldfrieden stört, Tiere tötet, ohne Sinn und Verstand mit einem Gewehr umherballert etc., erwehrt. Dabei kann sich die Stimmung dieses Films, der atmosphärisch wahrlich eine Meisterleistung geworden ist, voll und ganz entfalten – sofern man sich darauf einzulassen bereit bzw. in der Lage ist, denn für MTViva-geschädigte, hyperaktive Hektiker ist „Long Weekend“ gewiss nichts. Freunden des subtilen Psychothrills hingegen werden viele symbolträchtige Details, eine stimmige musikalische Untermalung, eine beängstigende, undefinierbare, aber an verzweifelte Kinderschreie erinnernde Geräuschkulisse und eine kreative Kameraführung geboten, die, konzentriert und vorzugsweise im Dunkeln genossen, für ein gelungenes Gruselvergnügen sorgen. Ideen, wie eine harmlose Seekuh, die von den hysterischen Städtern für einen Hai gehalten und angeschossen wurde, immer wieder auftauchen zu lassen, als würde sie fast tot noch das Pärchen verfolgen, verbreiten ein unwohliges Grauen und bleiben im Gedächtnis. Und je mehr die Situation sich zuspitzt, desto mehr wird ab einem gewissen Punkt auch an der Spannungsschraube und am Tempo gedreht, bis „Long Weekend“ in einem bösen Ende mündet. Eine Öko-Horror-Interpretation nach dem guten alten „Don’t fuck with mother earth“-Motto liegt natürlich nahe. Inwieweit es nicht nur für die Konfliktsituation zwischen Marcia und Peter, sondern auch für das „Verhalten“ der Natur ihnen gegenüber als Ursache gelten soll, dass Marcia ihr ungeborenes Kind abtreiben lassen und somit „gegen die Regeln der Natur“ verstoßen hat, entzieht sich meiner Kenntnis, würde „Long Weekend“ neben dem ökologischen Aspekt allerdings mit einem etwas ärgerlichen frauenfeindlichen Fingerzeig versehen. Aber wie dem auch sei: Für mich ist „Long Weekend“ ein kleiner Geheimtipp!

Details
Ähnliche Filme