Verfilmungen des Literaturklassikers „Die drei Musketiere“ von Alexandre Dumas gibt es viele, aber dauerte es etliche Jahre, dass man sich, nach erfolgreichen Verfilmungen in den 70ern, wieder an eine neue Variante herantraute. Erst Stephen Hereks Version ließ die legendären Charaktere wieder aufleben und verfrachtete den Plot um Verrat, politische Ränkespiele, Freundschaft und Pflichterfüllung in einen erstklassigen Popcornfilm, der 10 Jahre später nichts von seiner Faszination eingebüßt hat.
Liebhaber des Romans oder früherer Werke werden hier durchaus ihre Kritikpunkte vorfinden, kippt Drehbuchautor David Loughery („Passagier 57“, „Money Train“), der nicht für tiefsinnige Skripte bekannt ist, doch den Ballast der komplexen Intrigen am königlichen Hof über Bord und konzentriert sich ganz auf die kurzweiligen Erlebnisse der drei Musketiere und ihres jungen Anhängers D’Artagnan. Recht schnell wird die erste Zusammenkunft abgehandelt und die Charaktere eingeführt. Neben der meisterlichen Arbeit des legendären, leider inzwischen verstorbenen Michael Kamen, setzt Stephen Hereks vor allem auf Humor, Oneliner, pointenreiche Dialoge und ein hohes Maß an Action, das bisweilen zusätzlich durch abwechslungsreiche Kameramotive überzeugt.
Als echte Glücksgriffe erweisen sich hierbei die Schauspieler, angeführt von Oliver Platt, der als Porthos abfeiert, wie selten zuvor. Ständig den Zuschauer mit trockenen Kommentaren beglückend, außergewöhnlichen Kampfstilen auffallend und nie um eine freche Anmerkung verlegen, liefert er hier eine herausragende Figur, die sich dabei keinesfalls in den Vordergrund spielt.
Charlie Sheen ist als Aramis das ruhigste und besonnenste Mitglied des Quartetts, hat dabei aber nicht weniger Lacher auf seiner Seite und darf in den wenigen ernsten Szenen seinen Hang zur Religion ausleben.
Kiefer Sutherland soll als Athos mit schneller Zunge ebenfalls für reichlich Unterhaltung sorgen, bleibt aber die tragischste Figur mit düsterer Vergangenheit, die gleichzeitig auch der Schlüssel zur Lösung ist. Den Cast, der durchgehend over the top agiert, runden ein frecher Chris O’Donnell als D’Artagnan und Michael Wincott als Rochefort ab. Unvergesslich Tim Currys herrlich diabolische Leistung des Kardinal Richelieus („Eine für alle – mehr für mich“), der die Macht Frankreichs an sich reißen will.
Anfangs noch farbenfroh und positiv wandeln sich die Bildkompositionen entsprechend den Sets. In den Actionszenen unter freiem Himmel wird die Umwelt in satten Farben gezeigt, so dass die routiniert choreographierten Degenduelle zu einem Augenschmaus stilisiert werden. Im Gegensatz dazu die dunklen Kerker oder das im nebeligen Hafen liegende Schiff, wird hier doch eine düstere und schmutzige Inszenierung vorgezogen. Die Sets sind prunkvoll, bisweilen authentisch und größtenteils makellos.
Langweilig wird es dabei nie, denn Action wird fast durchgängig geboten: Ob zu Fuß oder zu Pferd, die Musketiere sind vielseitig. Ob Kneipenschlägerei oder Flucht vor den Schergen des Kardinals ihren Humor verlieren sie, auch in den halsbrecherischen Stunts, nie. Trotzdem vermisst man ein wenig die Handlung, werden zarte Beziehungen zwischen D’Artagnan und der Hofdame der Königin immerhin gesponnen, erwecken sie insgesamt leider einen unausgegorenen Eindruck, da sie nicht ausgebaut werden. Dennoch sollte dies hier kaum Anlass zur Beschwerde geben, geht Hereks Vision eines reinen Popcornfilms geht doch auf und so ist „Die drei Musketiere“ die unterhaltsamste Verfilmung der Literaturvorlage, ohne sich nah an ihr zu halten und thront zu Recht so weit oben. Erst „The Musketeer“ sollte sich viele Jahre später anschicken ihn vom Thron zu stoßen, scheiterte aber kläglich und so wartet dieses Werk bis heute auf einen gleichwertigen Gegner.
Fazit:
Stephen Herek gelang mit seiner Version des Dumas-Klassikers eine zeitgemäße Modernisierung, die dabei nicht das Flair der Mantel-und-Degen-Filme verliert. Dank kurzweiliger Action, jeder Menge ironischer, scharfzüngiger Dialoge und trockener, amüsanter Oneliner ist „Die drei Musketiere“ ein Genre-Highlight, garniert von einem gutgelaunt aufspielenden Cast, der durchweg eine erstklassige Leistung abliefert. Dass dabei die Komplexität der ursprünglichen Geschichte vernachlässigt wird, sei dabei zu verschmerzen. Einer für alle, alle für einen.