Der Titel ist hier Programm, denn mit „Retrograde“ (übersetzt rückschrittlich oder rückläufig) ist Dolph Lundgren („Silent Trigger“, „Direct Action“) wieder genau dort angekommen, wo er vor seiner vorübergehenden Schaffenspause schon mal war – ganz tief unten im B-Action-Sumpf. Die europäische Co-Produktion (übrigens war EX- „P. M. Entertainment“ – Macher Joseph Merhi mit beteiligt) war augenscheinlich kaum in der Lage ein ordentliches Budget zu stellen, was dazu führt, dass hier an allen Ecken und Enden gespart werden musste.
Damit nicht genug, ist Christopher Kulikowski („Aurora“) auch noch ein sagenhaft stümpernder Regisseur, der überhaupt kein Händchen für Schnitt, Choreographie oder Kameraarbeit hat. Dieser Umstand sorgt für einen unglaublich dilettantischen Anstrich dieses B-Science-Fiction-Films.
Dolph Lundgren selbst scheint auch keinen sonderlich großen Spaß an den Dreharbeiten gehabt zu haben. Er sieht hier etwas demotiviert und kränklich aus, hat nur wenige Oneliner parat und trägt zu dem noch eine fürchterliche Frisur. Er darf zwar hin und wieder mal zulangen und ballern, aber unter den Fittichen von Kulikowski ist das alles andere als ein Sehvergnügen für den geneigten Fan.
Gary Daniels („Recoil“, „Cold Harvest“), der nach dreijähriger Pause auch endlich mal wieder zu sehen ist, wird hier im übrigen in einer Nebenrolle total verheizt. Trotz seines neuem Looks (kurze Haare, Bärtchen) musste er sich angeblich dem Einfluss Lundgrens geschlagen geben. Der pochte nämlich im Vorfeld darauf, dass er der unangefochtene Star dieser Produktion sei und Daniels bitteschön eine kleinere Rolle (ursprünglich als Dalton (böser Anführer der Special Forces) gecastet) bekommen solle. Der war nicht sonderlich begeistert und äußerte seinen Unmut auch öffentlich, doch geändert hat das nichts. Er darf hier gerade mal einen, nicht gerade spektakulären und zudem noch schwach choreographierten Kampf ausfechten. Schade, dass sein Comeback so aussehen muss. Bleibt abzuwarten wie er sich demnächst in Steven Seagals x-ter Rentenvorsorge „Enemy Within“ schlägt.
Auch storytechnisch gibt „Retrograde“ nicht sonderlich viel Substanzielles her. Im Jahr 2204 tobt auf der Erde eine Seuche, die die ganze Menschheit auszurotten droht. Deshalb reist John Foster (Lundgren) zusammen mit einer Special Forces-Einheit im Raumschiff Parsifal in die Vergangenheit (unsere Gegenwart) um die Verursachung dieser Katastrophe zu unterbinden. Dumm nur, dass die Soldaten ihre eigenen Vorstellungen und Ziele haben und Foster, während seine Crew getötet wird, als einziger flüchtet und nun in der Antarktis auf ein Forschungsschiff stößt. Doch das hat die außerirdischen Kometenbrocken längst geborgen, so dass der Virus den ersten infiziert...
Die wenigen Scharmützel sind mau anzuschauen. Das Geballer im Raumschiff glänzt nicht nur mit der oben erwähnten unterirdischen Regie, sondern richtig peinlichen Sets (die Türterminals sehen aus, als hätte sie ein Kleinkind entworfen) und Plastikwaffen, die schwer nach Wasserpistolen aussehen. Bei den wenigen Fights ist zudem viel zu offensichtlich, dass beispielsweise ein Messer nicht im Körper landet, sondern in der Achselhöhle „versteckt“ wird.
Wenn man „Retrograde“ etwas Positives abringen will, dann sind es die ordentlich gemachten, wenn auch nach PC-Spiel ausschauenden, CGI-Effekte. Wohl das einzige wofür etwas Geld da war. Die Sparmaßnahmen bemerkt am Schnitt (Wenn jemand das Schiff verlässt, steht er sofort in der Eiswüste. Es sind nie Personen und das Raumschiff zu sehen) und an den vermeintlichen Panoramaaufnahmen. Mich beschlich verdächtig das Gefühl, dass man da einfach nur ein Postkartenmotiv 5 Sekunden vor die Kamera gehalten hat. Von der katastrophal anachronistischen Musikbegleitung ganz zu schweigen...
Tja, was gibt es sonst noch zu berichten? Die Expeditionsteilnehmer fangen sich irgendwann mit den aus der Zukunft kommenden Soldaten zu batteln. Dass die eigentlich locker platt machen müssten, wäre ja eigentlich logisch. Dem ist aber nicht so, weil Foster auch noch mitmischt. Außer einigen nett gemachten Make-Up-Effekten kann man dem Treiben allerdings kaum gute Seiten abgewinnen. Zu schwach und sparsam sind diese Actioneinlagen inszeniert. Es will hier angesichts der drögen, sparsamen Inszenierung einfach kein Filmspaß aufkommen. Die weiteren Co-Darsteller spielen zudem höllisch schlecht.
Wäre hier mehr Geld vorhanden gewesen und hätte hier ein anderer Regisseur am Ruder gestanden, wäre aus „Retrograde“ ein ansehbares B-Movie geworden, doch so ist es eine Schlaftablette mit viel zu vielen dialoglastigen Längen. Mitunter wird man auch das Gefühl nicht los, als würde die ein oder andere Szene fehlen. Vielleicht waren zum Schluss auch einfach die finanziellen Mittel erschöpft.
Fazit:
Actionarmer, schwach inszenierter B-Science-Fiction-Streifen, der nicht nur langweilig ist, sondern Dolph Lundgren und vor allem Gary Daniels sträflich verschenkt. Regisseur Christopher Kulikowski ist leider ein Stümper, der das Filmemachen lieber bleiben lassen sein sollte. „Retrograde“ ist wirklich nur etwas für die Hardcore-Lundgren-Fans. Von Filmvergnügen kann hier jedenfalls keine Rede sein. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und da Dolph Lundgrens nächster Film (sein Regiedebüt) unter der Obhut der „Bauer Martinez Studios“, die Jean-Claude Van Damme mit „Wake of Death“ immerhin wieder auf den richtigen Weg führten, realisiert wird, betrachte ich das einfach mal als Ausrutscher.