Review

"Posttraumatischer Schock. Das zeigt sich bei jedem ganz verschieden.
Und manchmal kommt es eben vor, dass Menschen für sich vollständig
alternative Leben erfinden: imaginäre Freunde und Geliebte und Kinder."


Julianne Moore kann nicht glauben, was sie hört. Angeblich hat ihr Sohn, der vor über einem Jahr bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam nie existiert. Ihr Mann kann sich nicht mehr an ihn erinnern. Die Photoalben und Familienvideos verschwinden und auch ihr Psychiater Gary Sinise glaubt ihr nicht und meint, dass sie ihn erfunden hätte. Schließlich trifft sie Dominic West, dessen Tochter auch bei dem Absturtz ums Leben kam. Nachdem sie diesen überzeugt hat, suchen die beiden nach ihren verlorenen und beinahe vergessenen Kindern und früh stellt sich heraus, dass ihr Verschwinden einem übernatürlichen Phänomen zuzuschreiben ist.

Die Story ist ein Desaster. Der Film basiert auf einem der schlechtesten Drehbücher, die jemals verfilmt wurden. Dass die Charaktere klischeehaft konstruiert sind und der Film, auch wenn er es uns am Ende weiß machen will, überhaupt keine Tiefe hat ist zunächst einmal offensichtlich. Die Grundidee um den verschwundenen und vergessenen Sohn ist erst einmal nicht schlecht und es wäre auf jeden Fall geschickter gewesen erst kurz vor Schluss aufzulösen, ob es sich um eine Einbildung handelte, oder ob er tatsächlich existiert hat. Und wenn man dann schon den Fehler macht, im Mittelteil schon aufzudecken, dass er existierte, dann hätte man sich doch wenigstens eine einigermaßen plausible Erklärung einfallen lassen können, z.B., dass es die Fluggesellschaft war, die Angst vor Klagen hatte. Wirklich alles wäre besser gewesen als die tatsächliche Aufklärung, dass es sich (Achtung Spoiler!) um Außerirdische handelt, die das Band zwischen Mutter und Sohn untersuchen wollen und prüfen, ob eine Mutter wirklich ihr Kind vergisst. Und wenn man dann schon einmal dieses Band zwischen Mutter und Kind anschneidet, hätte man wenigstens emotionale Tiefe bringen können, an der der Film leider auch vermissen lässt. Da fragt man sich doch wirklich, was sich der Autor dabei gedacht hat.

Der Film beginnt eigentlich ganz vielversprechend. Zunächst einmal steht nicht fest, ob Moore verrückt ist oder nicht. Der Zuschauer kann sich erst einmalt auf einen ordentlichen Thriller freuen, zumal der Film schnell einen soliden Unterhaltungswert erreicht. Im Mittelteil kann dieser Unterhaltungswert gehalten werden, wird aber leider nicht ausgebaut. An Spannung ist leider überhaupt nicht zu denken. Wenn dann die katastrophalen Wendungen eintreten wird der Film unwahrscheinlich und somit langweilig. Das Finale ist dann so unglaublich dämlich und lächerlich, dass es irgendwie schon wieder amüsant ist. Alles in allem ist der Unterhaltungswert bis zur Mitte solide und kippt dann ab.

Schade, dass die Story so unglaublich schlecht ist, denn die Umsetzung ist eigentlich gut gelungen. Die Hintergrundmusik kann die düstere Atmosphäre steigern und schwankt zwischen ruhigen Klängen und lauten Schock-Momenten. Die Kulisse ist vor allem beim Finale sehr düster und hätte die Spannung wohl steigern können, wenn es nicht ganz so lächerlich ausgefallen wäre. Regisseur Joseph Ruben, der bereits "Dreamscape" und "Money Train" in Szene setzen konnte und im Übrigen nicht für das Desaster von Drehbuch verantwortlich ist, liefert also eine solide Umsetzung und kann eine, für einen Mystery-Thriller unglaublich wichtige, düstere und gespannte Atmosphäre aufbauen.

Julianne Moore spielt die Hauptrolle überzeugend und ordentlich. Einerseits schafft sie es gut die Trauer über den Verlust ihres Kindes auszudrücken, andererseits aber auch den unbedingten Willen das Verschwinden und Vergessen ihres Kindes aufzudecken. Nach "Hannibal" und "Psycho" ist sie erneut in einem Mystery-Psycho-Thriller zu sehen. Dominic West leistet ebenfalls gute Arbeit. Er kann die Trauer um seine Tochter und die Wut, diese vergessen zu haben gut ausdrücken. Gary Sinise spielt den undurchsichtigen, leicht suspecten Psychiater ordentlich, kommt aber an seine Glanzzeiten von "Forrest Gump" oder "Apollo 13" nicht mehr heran. Dies ist für ihn ein weiterer Schritt nach unten auf seiner Karriereleiter, vom Oscar-Nomine zum Serien-Darsteller. Die übrigen Nebendarsteller sind ebenfalls ordentlich.

Fazit:
Ich weiß wirklich nicht, was da schief gelaufen ist. Die Darsteller sind gut und glaubwürdig, die Grundidee ist sehr gut und hätte die Vorlage für einen tollen Thriller liefern können. Die Umsetzung ist gut gelungen und über weite Stecken kann eine gespannte Atmosphäre aufgebaut werden. Doch bei dieser dämlichen Auflösung wird der Film am Ende unglaubwürdig, lächerlich und langweilig. Hätte man bei "Die Vergessenen" ein schockierendes, überraschendes und überzeugendes Ende wie bei "Fight Club" oder "Identität" eingebaut, wäre der Film wirklich gut geworden, aber so kommt er nicht über 5 Punkte hinaus. Schade, dass dieser Schund im Kino sogar noch relativ erfolgreich war und einen Gewinn von rund 25 Millionen Dollar erwirtschaftete.

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