Im Jahre 1974 ging es mit dem britischen Horrorfilm so langsam zuende.
Die jahrelangen Vorzeigeproduktionen der Hammer Films hatten inzwischen Patina angesetzt und selbst die Anthologiemeister von der Firma Amicus schwenkten allmählich zum Fantasygenre hinüber – das Genre Horror erfand sich über Europa und die Vereinigten Staaten mal wieder neu.
Für Ikonen wie Vincent Price, Christopher Lee und Peter Cushing war es eine ungewöhnliche Zeit, denn ihr steter Broterwerb brach weg, während gleichzeitig von kleinen Independantfirmen neue Angebote für „ähnliche“ Produktionen an sie herangetragen wurden, nur leider nicht immer auf dem gleichen Niveau, wie es noch in den 60ern üblich war.
Für Cushing war die Situation noch schwieriger, denn seit dem Tod seiner geliebten Frau hatte der Schauspieler nicht nur Lebensfreude und Lebenswillen verloren, er arbeitete auch eigentlich nur für die Arztrechnungen und weil es ihn vom Grübeln abhielt. Das führte dazu, dass Cushing in der Spätphase für Hammer praktisch in alles und jedem auftrat, selbst in kuriosen Frankensteinvariationen oder Kopplungen von Dracula und dem Martial Arts-Genre.
Ein paar seine Soloprojekte nach/ab 1974 verdienen aber dank ihrer Obskurität noch einmal einen genaueren Blick…
Nachdem 1974 noch 7 Filmprojekte mit Cushing auf den Markt gespült worden waren, ging die Produktivität ab 1975 deutlich zurück. Seinen Auftritt in „Star Wars“ mal beiseite gelassen, waren im ersten Jahr Post-Hammer nur zwei Produktionen im Körbchen, in denen Abbilder alten Glanzes wieder aufleben ließ, wenn es die Umstände und Budgets denn zuließen.
„Legend oft he Werewolf“ ist der erste der beiden Filme, die er für die unabhängige und kurzlebige Tyburn-Firma drehte und während die haarigen Heulgesellen in dieser Zeit hauptsächlich in Spanien ihr Unwesen trieben, konnte diese Produktion noch einmal auf die klassischen Werke wie „Der Fluch von Siniestro“ zurückgreifen.
In diesem Werwolf-Klassiker von Hammer war Cushing gar nicht dabei gewesen, aber in Sachen Plot orientiert man sich auch hier an fröhlicher Legendenbildung, wie es denn zu dem Lycanthropenfluch kommen konnte. Statt Vergewaltigung durch einen leprösen Ungesellen ist unser Anti-Held Etoile hier ein ausgesetztes Flüchtlingskind, welches irgendwo in Europa in der Wildnis ausgesetzt wurde. Im Mowgli-Roundup wurde das Baby dann von Wölfen aufgezogen, ehe sich eine Zirkustruppe der traurigen Art die Künste des grollenden Knappen zu eigen machte. Zum jungen Mann und Showstopper herangewachsen, darf der Vollmond dann aber einem nicht näher definierten Punkt dann sein Soll erfüllen, wobei Wut und missgünstige Stimmung unseres Verfluchten die Sache noch befeuern.
Nach einer knappen halben Stunde kommt unsere Held dann auch in Paris an – oder das, was die Jungs von Tyburn für Paris gehalten haben. Ein paar Standardkulissen-Straßenzüge mit einer Plaza, einem Hinterhof, einem Edelpuff und einem Amt und schon wird per französischer Schilder und sehr karger Ausstattung Paris daraus. Mit zunehmenden Verlauf fallen diese Sparkulissen dann aber unangenehm auf.
Derweil hat UK-Legende Ron Moody seinen großen Chargier-Auftritt als dentalbeschwerter Zoowärter, wobei „Zoo“ für den schrottigen Hinterhof, der als Drehort diente, sehr optimistisch ausgelegt wirkt. Moody nuschelt und augenrollt sich durch die Rolle als väterlicher Freund, der immer auf der Suche nach einem guten Tropfen ist, während sich Etoile in ein paar Mädels in der Mittagspause verguckt.
Was er nicht weiß, es handelt sich um (nette) Prostituierte und die sind eben nicht nur für einen reserviert, was bald zu einem gewaltsamen Abbau der weißbärtigen Kundschaft führt, wenn Etoile sich mal die Zügel schießen lässt, Rotfilter vor der Linse und blutströmende Kauwerkzeuge in Großaufnahme inclusive.
Altmeister Cushing probt derweil den Seiteneinstieg in den Plot, als „police surgeon“ hat er die nötige Bildung, um seine etwas stumpfen Arbeitskollegen mit der Wissenschaft Mores zu lehren. Und als sein Schluss von dem reißenden Tier statt dem Serienkiller nicht ankommt, ermittelt er einfach solo weiter.
Cushing, hier nur noch ein hageres Kerlchen (er war schon Jahre krebskrank), hat in diesem Fall sichtlich Freude daran, den Sherlock in sich noch mal zu erwecken. Er ermittelt, verhört, talkt und versprüht Charme gegen alle Widerstände und kommt der tragischen Liebesgeschichte, die gegen Ende eine Wende in die Kanalisation macht, schließlich auf die Spur. Die finale silberne Rettungskugel obliegt aber wieder seinem leicht eckigen Polizeikollegen.
Es ist nichts Neues und nichts wirklich Originelles an diesem Film, den vor allem David Rintoul als „Etoile“ nicht mit irgendeiner Form von Tiefe oder Sympathie füllen kann, die es dringend bräuchte. Lynn Dalby als Angebetete kommt noch halbwegs gut aus der Sache raus, aber Cushing als quirliger Ermittler reißt das Ding halbwegs aus dem Vergessen.
Besonders ins Detail geht man hier nicht, aber die Sache hat noch halbgares TV-Niveau, womit wir nämlich wieder an den spaßtötenden Drehorten ankommen.
Generell wird der Film immer noch recht positiv bewertet, aber das erste Drittel scheint rückblickend überflüssig zu sein, der Look ist körnig und tv-affin, das "Production Design" eben sehr mäßig und die Wolfsjagdhandlung doch ziemlich repetitiv. Und was Cushing da final zusammen ermittelt, weiß der Zuschauer immer schon seit einer halben Stunde. Daher komme ich knapp unter par an – rate aber dennoch nicht ab – es gibt deutlich schlechtere Filme mit den heulenden Fusselrollen. (4,5/10)