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Der mit dem Bayrischen Fernsehpreis ausgezeichnete Erstling von Autor und Regisseur Robert Sigl treibt viele Kritiker zu regelrechten Lobeshymnen an und tatsächlich gelang dem damals 27jährigen eine ungewöhnliche Atmosphäre im Bereich der düsteren Romantik. Betrachtet man jedoch die reine Geschichte, begibt sich der Debütant auf sehr dünnes Eis.

Anfang des Jahres 1901 in einem norddeutschen Küstendorf: Mittlerweile sind zwei Jungen verschwunden und die neunjährige Laurin (Dóra Szinetár) wird nach dem plötzlichen Tod ihrer Mutter vermehrt von Visionen der Verschwundenen heimgesucht. Durch Zufall kommt sie einem Geheimnis auf die Spur…

Aus Kostengründen verlegte Sigl den Dreh nach Ungarn, wo er fast ausschließlich mit ungarischen Darstellern arbeitete. Entsprechend rau und unwirklich kommen einige Kulissen daher, die zwar nicht unbedingt nach Norddeutschland aussehen, jedoch eine urige Stimmung verbreiten. Andere Elemente wirken wie Relikte aus den legendären Hammer-Studios, wie etwa ein Friedhof auf einem Hügel, Nebel in einer Gasse, eine Schlossruine oder ein unheimlicher schwarzer Hund auf einem einsamen Weg. Selbst die Kleidung ist detailliert und authentisch genug, um die Zeit des frühen 20. Jahrhunderts fühlbar werden zu lassen.

Auf der anderen Seite schwebt Sigls Stoff über lange Zeit irgendwo zwischen den Sphären. Mit einigen Nahaufnahmen und vielen Farbkontrasten erinnert das stilistisch an Argento und Mario Bava, doch ein roter Faden ist bis zur Hälfte der Erzählung kaum greifbar, erst danach nimmt der Stoff Konturen an, als eine Figur näher eingeführt wird. Mit teils unterschwelligen Themen wie Vaterkonflikten, erwachender Sexualität und dem Hereinwachsen in eine Mutterrolle streift Sigl gar die Welt düsterer Märchen, zuletzt gibt es sogar Rotkäppchen mit einer versoffenen Großmutter.

Ob ein Schulkind kopfüber in einen Schrank gesperrt wird oder ein Hund die Brille eines vermissten Kindes fallen lässt, - das ist alles sorgfältig fotografiert und überlegt ausgestattet, doch gegenüber einigen stimmungsvollen Momenten, kommt fast gar keine Spannung auf, noch vermag bis auf Hauptdarstellerin Dóra Szinetár jemand der übrigen Mimen zu überzeugen.
Gewiss ein ungewöhnlicher, atmosphärisch dichter und surreal versponnener Genrebeitrag, doch hinsichtlich der Story sollte man die Kirche in Anbetracht des überschaubaren Dorfes im selbigen lassen…
6 von 10

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