Nach seinem viel umjubelten Durchbruch mit Bloodsport (1988) und weiteren kommerziell erfolgreichen Kampfsportfilmen wie beispielsweise Karate Tiger 3 - Der Kickboxer (1989) oder dem Streetfight-Kracher Leon (1990), versuchte sich Jean-Claude Van Damme langsam von den etwas primitiven, reinen Prügel-Streifen zu entfernen und Fuß in abwechslungsreicheren Actionfilmen zu fassen, um nicht immer nur auf ein Rollenbild fixiert zu werden. Autor und Regisseur Sheldon Lettich, mit dem Van Damme seit der gewinnbringenden Zusammenarbeit von Bloodsport und Leon gut befreundet war, bot ihm eine interessante Doppelrolle in seinem nächsten Actionfilm Double Impact an. In der Darstellung des charakterverschiedenen Zwillingspaars sah "The Muscles from brussels" eine vielversprechende Chance, seinem Ziel als ernstzunehmender Actionstar näher zu kommen. In einem Interview kurz vor der Premiere verriet er: "Einer von beiden ist gewalttätig, der andere nicht, so dass das Publikum den Kontrast meiner Arbeit zu erkennen vermag"
Finanziell jedenfalls lohnte sich das Vorhaben, der 15 Millionen Dollar teure Double Impact spielte weltweit 80 Millionen Dollar ein und Van Damme war vom Konzept, zwei Charaktere in einem Film gleichzeitig zu spielen so begeistert, dass er es in später folgenden Projekten wie zum Beispiel Timecop (1994), Maximum Risk (1996) und The Replicant (2001) auch mit anderen Produzenten wiederholte. Die Story von Double Impact ist denkbar einfach gestrickt. Die Zwillinge Alex und Chad (beide Van Damme) werden im Säuglingsalter getrennt, als ihre Eltern vom Gangstergespann Nigel Griffith (Alan Scarfe) & Rhaymong Zhang (Philip Chan) sowie deren Handlanger Moon (Bolo Yeung) brutalst ermordet werden. 25 Jahre später. Aus Alex ist ein stadtbekannter Kleinganove in Hongkong geworden, Chad gibt mit dem ehemaligen Bodyguard seiner verstorbenen Eltern Frank Avery (Geoffrey Lewis), welcher ihn seit der ominösen Mordnacht damals aufgezogen hat, Karate und Ballettunterricht in Amerika. Frank vereint die beiden grundverschiedenen Geschwister wieder, um sich mit ihnen gemeinsam an den Killern zu rächen. Obwohl die Brüder sich absolut nicht leiden können und um die Gunst der selben Frau Danielle (Alonna Shaw) buhlen, halten Sie im gnadenlosen Krieg gegen die Unterwelt zusammen...
Die guten Nachrichten zuerst: Die Action ist in Punkto Vielseitigkeit und Abwechslungsreichtum in hohem Maße vertreten und durch die ansprechende Regieleistung von Sheldon Lettich professionell in Szene gesetzt. Es gibt massig blutige Shoot-Outs zu bewundern, selbstverständlich sind sämtliche Körpertreffer, wie in der damaligen Dekade üblich, ohne CGI Effekte umgesetzt. Geballte Ladung schwört auf altmodische Bloodpacks mit ordentlich viel Kunstblut, was bei Liebhabern von herrlich saftiger Retro-Action die Freudentränen in die Augen treiben dürfte. Nebenbei müssen sich auch die Fans von unserem Lieblingsbelgier keine Sorgen um eine mögliche Unterversorgung mit den typischen Van Damme Drehkicks machen. Jean-Claude Van Varenberg, so sein bürgerlicher Name, erhält genügend Raum für die Präsentation seiner herausragenden Kampfsportfähigkeiten. Als Höhepunkte können das Van Damme Bruderduell mit sich selbst und der sehenswerte ausführliche Schlussfight gegen Bolo Yeung genannt werden. Der allgemeine Härtegrad lässt sich für eine Kinoproduktion der frühen 90er Jahre als durchaus beachtlich bezeichnen. Die FSK verweigerte dem Film in der ungeschnittenen Form jedenfalls die Freigabe. Uncut gibt es Double Impact bei uns erst seit 1999, mit DVD erscheinen der 2nd Edition aus dem Hause Laser Paradise.
Van Damme selbst wirkt sichtlich bemüht, die Unterschiede seiner beiden verkörperten Charaktere glaubhaft zu gestalten. Auf der einen Seite der knallharte Schlägertyp Alex mit gegelten Haaren sowie Fluppe im Mund, ihm gegenüber steht der gutherzige Sonnyboy Chad, mit Seidenunterhosen und leicht mimosenhaften Auftreten. Im Großen und Ganzen war ich mit Van Dammes Darbietungen zufrieden, Alex's Badguy Image hat er richtig gut hinbekommen, leider schießt er aber gerade als Chad mit überzogenem Overacting nicht nur einmal über das Ziel hinaus. Exemplarisch kann das "beleidigte Leberwurst spielen" nach dem Brudertwist wegen Danielle gesehen werden, wobei ich diesen alkoholisierten Eifersuchtsanfall als schwächste Phase des ansonsten recht unterhaltsamen Actioners sehe. Der Spannungsgehalt macht ein spürbares Nickerchen, ehe der Zuschauer mit einem furios realisierten Finale wieder aus dem Mittagsschläfchen gerissen wird.
Ob es jetzt 3 gleich beachtete Schurken mit ähnlich viel Screentime wirklich gebraucht hätte, sei mal dahingestellt. Ich persönlich empfand den Streifen leicht überladen, der Spruch zu viele Köche verderben den Brei passt zu Double Impact wie die Faust aufs Auge. Da sich Van Damme und Bolo Yeung am Set von Bloodsport anfreundeten, setzte er sich vehement dafür ein, dass der charismatische Kämpfer erneut sein filmischer Hauptgegner wird, welcher von den Widersachern mit seiner Ausstrahlung noch die deutlich ansprechendste Leistung abliefert. Wer wissen möchte, wie blasse Feindfiguren wirklich aussehen, muss sich nur die Performances von Alan Scarfe (Nigel Griffith) und Philip Chan (Rhaymong Zhang ) mal zu Gemüte führen, dann weiß er Bescheid. Nicht der Rede wert ist auch Alonna Shaws trostloses Dasein als Alex's Freundin Danielle, nur attraktiv zu sein reicht eben einfach nicht aus, um offensichtlich begrenztes schauspielerisches Talent zu kaschieren, weswegen sie wohl nach Double Impact nur noch in zwei weiteren kleinen Nebenrollen zu sehen war, bis sie im Jahr 2000 endgültig von der Bildfläche verschwand. Gut gefallen hat mir hingegen Geoffrey Lewis (Frank Avery ) sein loyaler und ausdrucksstarker Auftritt, der zwischen den beiden Van Dammes einen sympathischen Vermittler abgibt.
Was lernen wir daraus? 2 mal Van Damme bedeutet nicht gleich automatisch, dass man einen doppelt so guten Film bekommt. Double Impact unterhält gefällig mit abwechslungsreicher sowie kompromissloser Action und erfreut sich eines Hauptdarstellers, der seine beiden Rollen abgesehen von teilweise zu gut gemeintem Overacting überzeugend im Griff hat. Mein Groll bezüglich der Defizite auf Antagonistenseite und der Unzulänglichkeiten in der Darstellerwahl wird durch Sheldon Lettichs sehenswerte Inszenierung auf ein erträgliches Maß reduziert, so dass wir insgesamt betrachtet gelungene Unterhaltung vor Augen haben. Für die Action- und auch für die Jean-Claude Van Damme Fraktion kann ich eine klare Empfehlung aussprechen, Filmfreunde außerhalb der genannten Zielgruppen dürften mit dem streckenweise recht harten und blutigen Action Vehikel ein kleines geschmackliches Problem haben. MovieStar Wertung gute 7 von 10 Punkte.