"Nur Vampire küssen blutig" ist der Nachfolger von dem grandiosen "Gruft der Vampire". Er stellt den zweiten Teil der "Karnstein-Trilogie" dar und ist der mit Abstand romantischste aller Teile.
Der Film weist viele Parallelen zum Vorgänger auf. Im Vordergrund der Handlung steht einmal mehr die hübsche Vampirin Mircalla/Carmilla Karnstein. Sie ist der Dreh- und Angelpunkt und bestimmt fast die gesammte Szenerie.
Dargestellt wird sie von der atemberaubenden Dänin Yutte Stensgaard. Sie schafft es vorzüglich ihrer Figur die nötige Portion Sinnlichkeit, aber auch Verletzlichkeit zu verleihen. Sie ist eine Kreatur der Nacht, die nicht davor zurückschreckt zu töten um zu überleben. Sie nimmt sich was sie will, wen sie will. Und doch offenbahrt sich eine Schwäche, vermutlich ihre einzige Schwäche: die Liebe zu Lestrange. Diese Liebe gibt ihr Kraft, die Gier nach Blut zu unterdrücken, ihre schreckliche Taten für kurze Zeit zu überspielen. Denn ein Vampir, das lehrt uns die Literatur- und Filmgeschichte, mag zwar ein eiskalter Killer sein, jedoch verbirgt sich auch etwas ungeheuer romantisches, trauriges in seinem Inneren. Hoffnung, die leider nur sehr kurz währt, das wird durch die Liebe zwischen Lestrange und Mircalla sehr schön aufgezeigt.
Liebe "Twilight"-Macher, hättet ihr euch doch ein Beispiel an diesem Film genommen, eure Filmreihe hätte vielleicht davon profitiert.
Man muss auch anmerken, dass sich der Film in seiner Romantik und in seinen leicht verträumten Bildern zu verlieren droht. Das mag ein Kritikpunkt für manche sein, aber ich sehe darin eher einen Pluspunkt. Auch der Erzählstil kommt teilweise etwas behäbig daher. Aber mir gefällt das. Kameramann David Muir sorgt mit stimmungsvollen Nahaufnahmen von den Gesichtern und/oder Augen der Schauspieler für reichlich Abwechslung. Die Sets der Burg Karnstein und auch der Töchterschule sind imposant gestaltet worden und sorgen nicht nur für schöne romantische Szenen, sonern auch für eine angenehme Gruselatmosphäre. Die schöne Filmmusik von Harry Robinson unterstreicht das Ganze auch noch angenehm.
Richtigen Fortsetzungscharakter hätte der Film erreicht, wenn Ingrid Pitt, wie vorgesehen war, wieder mit dabei gewesen wäre. Sie hat ihr Mitwirken jedoch auf Grund des angeblich "schlechten Drehbuchs" abgesagt. Peter Cushing sollte auch einen Part übernehmen, er lehnte diesen aber auf Grund des schlechten Gesundheitszustandes seiner Frau ab.
Doch auch ohne die Beiden ist Jimmy Sangster, u.a. Drehbuchautor des 58er "Dracula", ein unglaublich schöner Vampirfilm gelungen.
Michael Johnson spielt den Schriftsteller Lestrange sympathisch und auch sehr ironisch. Kommt es aber zu den schon angesprochenen romantischen Szenen und die Tragik, die sich darin verbirgt, mangelt es ihm auch nicht am nötigen Ernst, welchen er urplötzlich in sein Spiel hineinlegen kann.
Auch sonst macht das Ensemble seine Sache äußerst ansprechend: Ralph Bates als Karnstein-verrückter Lehrer Giles Barton erinnert mit seiner Mimik ganz leicht an Brad Dourif oder gar Jeffrey Combs. Und die hübsche Suzannah Leigh ist einfach nur hinreißend in ihrer Rolle als Ballettlehrerin Janet Playfair, die sich auch in unseren Lestrange verliebt hat, ihm das in einer Szene aber so herrlich nebensächlich offenbahrt.
Manche Szenen ähneln etwas dem Vorgängerfilm, "Gruft der Vampire". So z. B. taucht hier auch ein "Mann in Schwarz" auf. Doch diesmal ist er für den Zuschauer weniger geheimnisvoll, denn er wird als Graf Karnstein entlarvt bzw. tituliert (zumindest in den Credits) und ist mit verantwortlich dafür, dass Mircalla wieder unter den "Lebenden" weilt und ihrem blutigen Treiben nachgehen kann. Auch die Gräfin taucht wieder auf. Es ist diesmal noch offensichtlicher, dass sie Graf Karnstein und Mircalla hilft. Auch die Schauplätze, war es in "Gruft der Vampire" das Haus des Mr. Morton, in das sich Mircalla einnistete, so ist es hier die Töchterschule, gleichen sich in Nuancen. Vom Ablauf her weisen beide Filme ungefähr die gleiche Storyline auf. Dies verstärkt daher den Eindruck, dass es sich nicht unbedingt um eine direkte Fortsetzung handelt, sondern eher um eine weitere Interpretation von J. Sheridan Le Fanu's "Carmilla"-Roman.
Nichtsdestotrotz haben wir es hier mit einem außerordentlich schönen Vampirfilm zu tun, der kraftvolle romantisch-atmosphärische Bilder und ein interessantes Schauspielerensemble zu bieten hat, eine tolle Hauptdarstellerin präsentiert und eine nette Geschichte erzählt. In manchen Momenten erinnert er mich, leicht, ganz leicht, an einen guten alten Rollin-Film. Jedoch bei weitem nicht so komplex und surreal versteht sich. Eher so vom romantisch-verträumten Aspekt her. Etwas Kitsch kann der Film natürlich nicht verleugnen, allein das Erscheinungsbild des Grafen Karnstein sorgt garantiert für den einen oder anderen Schmunzler. Für Vampirfilm-Fans auf jeden Fall ein Muss, aber auch "normale" Gruselfreunde dürfen sehr gerne einen Blick riskieren. Alles in allem sehr empfehlenswert!