Filme, bei denen die Outtakes während des Abspanns am besten sind, sind schlecht. Aber mit genau dieser Gattung haben wir es hier leider zu tun.
Also da bin ich ganz unerwartet in "New Police Story" in der Sneak gestolpert und habe mich mal auf nichts eingestellt. Asiatische Filmkenntnisse gibt es bei mir praktisch nicht, aber Jackie Chan-Filme sind ja meistens immerhin unterhaltsam. Als der Film zu Ende war und ich hier den Bewertungsdurchschnitt sah, wäre ich fast vom Stuhl gekippt. Noch 3-4x überprüft, ob ich denn wirklich beim richtigen Film gelandet bin und dann festgestellt, dass er es tatsächlich ist - aber dass er auf keinen Fall ein guter ist, geschweige denn ein unterhaltsamer oder der beste Chan-Film seit Ewigkeiten. Dann gucke ich, ernsthaft, lieber noch mal "The Tuxedo" an – und das liegt trotz meiner Vorliebe für Jennifer Love Hewitt nicht nur an ihr, sondern an diesem hier vorliegenden Machwerk.
Das Übel fängt schon mit den ersten Minuten an. Kommissar Wing (Jackie Chan; "Rush Hour") sitzt trinkend in einer Bar, kann kaum noch laufen oder geradeaus gucken, nimmt aber einen Drink nach dem anderen. Natürlich ist er ein Cop, der sich für einen Vorfall vor einem Jahr verantwortlich macht, bei dem sein gesamtes Team starb. Fünf Jugendliche haben eine Bank ausgeraubt. In deren Basis, einer alten Fabrikhalle, spielen die fünf ein makaberes Spielchen mit den zwei Hand voll Menschen und Jackie muss in weiteren Spielchen - Pistole zusammenbauen und in 20 Sekunden einen Gegner aufs Kreuz legen - die Leben der anderen Gefangenen retten. Allerdings versagt er, alle sterben und er verfällt in immer wiederkehrende Depressionen und Heulkrämpfen. Das dauert ein Jahr lang, bis ihn ein junger, engagierter (Klischee komm’ her, ich habe dich) Kollege, Fung (Nicholas Tse), dazu überredet den Fall wieder aufzunehmen, nachdem die fünf wieder zugeschlagen haben...
Wenn jetzt jemand denkt, das ist aber interessant, dann wüsste ich nicht, was genau er meint. Ein Cop, der von der Sauferei mit Hilfe eines jungen aufstrebenden Partners zurück ins Leben geholt werden soll und dabei den Tod einiger Mitglieder rächen will. Gab's ja noch nie. Die deutlich sichtbare Mischung des Actionfilms mit leichten Zügen einer Komödie (jedenfalls gab's den ein oder anderen Lacher im Rest des Publikums - wenn man mich mal außen vor lässt) und einem hohen Anteil an Drama. Das klappte aus Asien zuletzt schon nicht mit "Unleashed" (zwar nur eine Co-Produktion, aber immerhin), ist hier aber noch ein Stück schlimmer. War dieser Film schon an einigen Stellen lächerlich, kommt's hier gleich ganz dick. Der Oberhammer ist das "Liebst du mich"-Gespräch beim Bombenentschärfen, wobei die Idee der Bombe schön fies ist.
Oder der langsamsttickende Bombenzünder der Filmgeschichte, als Wing seine toten Männer am Anfang noch aus dem Gebäude fahren will. In 45 Sekunden heult er noch eine Runde (fünf Minuten waren ja wieder um), muss seinem Kumpel beim Wegsterben zusehen, ist geschockt, holt sich ein Transportmittel, stapelt 5-6 Leichen auf und beginnt dann damit, wegzulaufen - reife Leistung in dem Alter und der Zeit.
Aber auch der Showdown, besonders auf dem Dach, ist an Blödsinnigkeit kaum zu überbieten (ich wollte doch nicht ausfallend werden, 'tschuldigung). Mit einer Schrotflinte in die Menschenmenge aus dem ersten Stock eines Hochhauses schießen und vorher noch fragen, ob man auch schießen soll, wenn die Leute da rumspazieren. Alles klar…
Ich habe mir so oft an den Kopf gefasst und den Großteil davon habe ich schon wieder vergessen - Gott sei dank. So besonders lange dürfte sowieso nichts in Erinnerung bleiben. Wie gesagt wurde auch auf Humor fast gänzlich verzichtet. Der junge Cop soll es wohl ein wenig versuchen, auch einen Hauch Buddy-Movie mit rein zu bringen, scheitert aber auch.
Aber neben dem hohen Tränenanteil, der höher als der Blutgehalt liegt, kommt der einzige Ansatz eines Lichtblicks auch nicht zu kurz: die Action natürlich. Die ist Chan-typisch perfekt choreographiert, übertreibt dann aber auch das ein oder andere Mal. Die Busfahrt ufert aus, um noch mal alles zu schrotten, was so im Weg steht. Wenigstens ist das nicht so langweilig wie der Rest. Auch die Videospieleinbindung ist hier weitaus besser gelungen als noch jüngst in "Nochnoi Dozor". Zwar stört sie die beste Szene im Film, nämlich das Einbrechen in das Gebäude der Gang ein wenig, hat aber immerhin einen gewissen Sinn. Nebenher gibt es noch einige Schießerei und Kloppereien mit Chans gewohnten Akrobatikeinlagen. Hin und her und her und hin und schließlich gewinnt Chan wie immer wieder gegen einen Haufen Gegner.
Schauspielerisch lässt sich sagen, dass Chan zwar altert, aber in den Actionszenen immer noch ein Meister ist. So flink wie er klettert keiner eine Hausfassade hoch oder weicht geschickt den Schlägen des Gegners aus. Dieser Haufen Gefühlsausbrüche hätte aber reduziert werden müssen. Denn selbst ich als Dramafan fand das zu stark ausgeprägt. Dass alle paar Minuten geheult wird, passt nicht in das Bild des Films - trotz der Dramaveranlagung. Hier wird zuviel für die Tränendrüsen getan, als dass man hier nach einer halben Stunde noch irgendeine Art Gefühlsregung bei sich selbst verzeichnen könnte.
Der Rest des Casts bleibt blass und keiner fällt besonders auf. Immerhin hatte ich diesmal nicht die üblichen Probleme eines Asienunerfahrenen, die Leute und ihre Namen auseinander zu halten.
Viel mehr Lust, diesem durchgehenden Blödsinn noch weiter Zeit zu widmen, habe ich jetzt auch nicht mehr. Die Mischung aus Action und Drama geht ein weiteres Mal nicht auf und verliert weitere Punkte durch die bekannte Story, die einen die ganze Zeit über gähnen lässt. Wieso die schlechten Filme in letzter Zeit immer länger werden ("Stealth": 115 Minuten; "Nochnoi Dozor": auch 115 Minuten; und nun auch noch "New Police Story" mit knapp über zwei Stunden (!) Laufzeit), lässt sich nicht erklären, bewegt den Zuschauer aber dazu, sich die kürzeren, knackigeren Filme anzuschauen (die Laufzeit halte ich aber nicht für ein Indiz für die Qualität; dennoch fällt es in letzter Zeit auf). Damit sind wieder zwei wunderbare Stunden meines Lebens belanglos an mir vorbeigezogen, weg, verpufft, dahingeschieden und ich werde sie nie wieder bekommen. Was sagt Jackie Chan am Ende: "Auf der Welt passiert viel Schreckliches." Das ist auch schon ein wenig in Vergessenheit geraten, aber so in dem Dreh war der Satz. Viel Schreckliches ist wirklich passiert. Der Film hätte nämlich nie gedreht werden sollen. Ohne die ersten Teile zu kennen, kann ich sagen, dass der Schlussstrich hätte gezogen werden sollen. Die perfekte Choreographie der Kampfszenen und die leidlich unterhaltsamen Actionszenen lassen die Minuten auch nicht dahinfliegen. Wo die gute Wertung herrührt, weiß ich nicht. Vielleicht bin ich auch nicht die Person für solche Filme. Obwohl der Rest des Kinos auch kaum aus dem Lachen angesichts dieser Blödsinnigkeit kam. Überall hörte man Sätze wie: „Der Film ist so schlecht, dass er schon wieder gut ist.“ Aber nun gut… immerhin darf ich ja meine Meinung vertreten und kundtun. Ich kann nur warnen und hoffe, dass diese Warnung nicht unbeachtet bleibt. Denn das Geld ist anders investiert, besser investiert.