„Behind Enemy Lines“ ist wirklich hochkarätige B-Action, die mit sehr guten Shoot-Outs zu glänzen weiß, und ein Thema behandelt, das nach dem Ende der Sowjetunion filmisch gern aufgegriffen wurde: Die Angst vor Nuklearwaffen, die nach dem Zusammenbruch des Systems auf dem Schwarzmarkt auftauchen könnten.
So beginnt „Behind Enemy Lines“ zur Einstimmung auch mit entsprechendem, authentischem Nachrichtenmaterial von Politikern wie Bill Clinton und Boris Jelzin zu dem Thema, ehe die Handlung zu den CIA-Agenten Mike Weston (Thomas Ian Griffith) und David Jones (Chris Mulkey) wechselt. Diese sollen in Vietnam zwei gestohlene Atombombenzünder sicherstellen, die einem dort ansässigen und gefährlichen General verkauft werden sollen. Die beiden können den Deal zwar platzen lassen, aber Mike verliert nicht nur die Zünder, sondern muss auch Jones verletzt zurücklassen. Gleich mit dieser ersten Actionsequenz kann der Film voll und ganz punkten, was dem passionierten Genrefan Lust auf mehr macht und dem Helden gleich das altbekannte Trauma verpasst, das es im Filmverlauf zu überwinden gilt.
Ein Jahr später: Mike hat inzwischen den Dienst quittiert und betreibt nun einen Bootsverleih mit drei weiteren ehemaligen Militärs als Crew. Er wird immer noch von Schuldgefühlen geplagt und auch das Geschäft läuft mies. Hier merkt man recht schnell, dass „Behind Enemy Lines“ keinen Preis für Originalität gewinnt, denn derartige Aussteigertypen findet man beim Actionfilm wie Sand am Meer. Immerhin: Seine drei Slacker-Crewmitglieder taugen zur komödiantischen Auflockerung.
Doch dann taucht sein ehemaliger Vorgesetzter auf und zeigt Bilder, die Jones als lebenden Gefangenen identifizieren. Man bietet Mike eine Mission in Vietnam an: Er muss die verlorenen Zünder sicherstellen und kann auf dem Weg gleich Jones befreien. Für seinen Freund begibt sich Mike erneut in den Kampf...
Die Story von „Behind Enemy Lines“ folgt dem Schema von „Rambo II“, das bereits in zig anderen Rausholfilmen aufbereitet wurde. Auch das baldige Nachschippern von Mikes Crew mitsamt seiner Schwester Kat (Hillary Matthews), die dann ebenfalls Vietnam umpflügen, ist begrenzt innovativ. Obwohl „Behind Enemy Lines“ nicht mehr zur Zeit des Vietnamkrieges spielt, so sind die Vorstellungen noch dieselben wie damals: Die vietnamesischen Militärs sind fiese Säcke, nur in der Bevölkerung finden sich noch aufrechte Widerständler usw. Ähnliches gab es ja auch schon in „Soldier Boyz“ zu beobachten, der genau wie „Behind Enemy Lines“ von Brad Krevoy und Steven Stabler produziert wurde.
Doch die Story wird ziemlich flott durchgezogen und kommt durch sein Tempo auf das entsprechende Maß an Kurzweil, auch wenn sie doch in erster Linie zur Verbindung der zahlreichen Actionszenen dient (und das offensichtlicher als in anderen B-Vehikeln). Dennoch ergeben sich keine Längen, auch wenn der weniger actionlastige Abschnitt zwischen Auftakt und Halbzeitmarke auffällt, zumal Mike größere Teile des Films in Feindeshand verbringt und so nur begrenzt aktiv sein kann. Zum Glück rückt ja die oben erwähnte Unterstützung an, die ebenfalls für Ermittlungsarbeit und Feuergefecht sorgt. Zudem holt Regisseur Mark Griffiths trotz knappem Budget noch einen ansprechenden Look kreiert, was auch der für B-Verhältnisse erfreulich dynamischen Kameraarbeit von Blake T. Evans zu verdanken ist.
Die Actionszenen sind das klare Highlight des Films und ergeben ein buntes Gemisch: Diverse, halbwegs aufwendige Explosionen, ein paar ganz nette, aber kurze Verfolgungsjagden sowie eine große Menge an Auseinandersetzungen. Hier bekommt man in erster Linie Schießereien zu sehen, aber auch ein paar Martial-Arts-Einlagen gibt es zu bewundern, die trotz ihr Kürze spektakulär ausfallen. Highlight sind jedoch ganz klar die ausgiebigen Shoot-Outs mit hohem Bodycount, die ab und zu sogar John-Woo-Anleihen zeigen (z.B. bei der Schießerei Gangster vs. Militär oder der Erstürmung des Labors). Die Schießereien sind wirklich top inszeniert und gehören zur oberen B-Klasse, wobei man hier versuchen sollte an die ungekürzte Fassung zu gelangen (am besten die Schweden-DVD, da diese in Widescreen ist).
Thomas Ian Griffith schießt und kämpft bis die Schwarte kracht, wobei er auch noch darstellerisch eine ziemlich überzeugende Figur abgibt. Die anderen Darsteller kommen zwar weder von der schauspielerischen Leistung noch vom Charisma an ihn heran, aber spielen trotzdem auf gehobenem B-Niveau. Dabei setzen vor allem Courtney Gains, Maury Sterling und Mushond Lee als Helfercrew noch ein paar Akzente, während Chris Mulkey als bekanntester Nebendarsteller nicht ganz so glänzen kann. Spanky Manikan als folternder und mordender General gibt eine wirklich hassenswerte Gestalt ab, könnte aber etwas mehr Screentime vertragen.
Sicher, die Story von „Behind Enemy Lines“ ist ziemlich 08/15 und könnte spannender sein, aber alles in allem bekommt der Genrefan hier B-Action der Oberklasse serviert: Der Look stimmt, die bleihaltige Action hat ordentlich Druck und die Besetzung stimmt, wobei vor allem Thomas Ian Griffith in der Hauptrolle überzeugt.