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Anfang der Neunziger stand es recht gut um Martial Arts Filme und einer wie Jean-Claude van Damme lag natürlich voll im Trend und konnte nahezu einen Kinohit nach dem anderen verbuchen. Ergo musste eine weitere Alternative her, - ein zweifacher Kickboxweltmeister würde schon seinen Weg machen. Allerdings ist Olivier Gruner kein sonderlich charismatischer Mime, recht flinke Fäuste hat er allerdings.

Nach seiner Karriere im Boxen entscheidet sich Jacques (Gruner) für ein Studium in L.A..
In einem verruchten Viertel findet er eine Unterkunft, wo soeben Martin (Frank Aragon) von einer Gang unter Druck gesetzt wird. Als sich Jacques für den Jungen einsetzt, wird eine erbarmungslose Gewaltspirale in Gang gesetzt…

Regie führte Eric Karson, der unter anderem „Leon“ mit van Damme produzierte, es als Regisseur jedoch nur auf fünf Streifen brachte, von denen vorliegender der letzte ist. Die Geschichte bleibt natürlich eindimensional und die klischeehaft auftretenden Latinos bieten einigen Anlass zum Schmunzeln. Mal tragen sie Schusswaffen und laufen vor unbewaffneten Gegnern weg oder fahren kurze Strecken von 15 Metern im Auto mit, um kurz darauf wieder 300 Meter zu laufen. Und alles nur, damit Martin Mitglied ihrer Gang wird. Was für ein Einsatz.

Weitere Klischeefiguren gestalten das bunte Treiben jedoch recht sympathisch, wie der Kriegsveteran im Rolli oder der befreundete Kampfsportlehrer, der am Ende bei einer Massenschlägerei mitsamt seinen Schülern mitmischt.
Wahrlich gelungen ist auch die Wahl der Sets, denn man erweckt tatsächlich den Eindruck es mit einer heruntergekommenen Gegend zu tun zu haben, in welcher man nach Einbruch der Dunkelheit besser nicht ohne MG vor die Tür geht.

Viel Tempo und regelmäßige Kampfeinlagen sorgen indes für grundsolide Unterhaltung.
Die Fights sind angenehm schnörkellos in Szene gesetzt, ganz ohne Slowmo oder zigfache Wiederholungen bestimmter Treffer. Gruner offenbart eine solide Beinarbeit, ist mit den Fäusten jedoch deutlich überzeugender. Gekonnte Körperbeherrschung präsentiert er während einiger Sparrings und beim Training, während die Auseinandersetzungen in den Straßen nicht allzu blutig ausfallen. Es gibt einen gebrochenen Arm und ein gebrochenes Bein, was im Zuge der weiten Klamotten Anfang der Neunziger fast schon Puppencharakter hat. Es findet sich eigentlich nur eine härtere Einlage in Form eines Bauchschusses mit einem Großkaliber.

Darstellerisch sind derweil einige Abstriche zu machen. Gruner bringt die Ausstrahlung eines ruhenden Weißbrotes mit und verzieht kaum eine Mine, seine allgemeine Ruhe kommt jedoch sympathisch rüber. Die Latinos performen fast durch die Bank drüber, was allerdings einen gewissen Unterhaltungswert ausmacht. Fürs männliche Auge ist hingegen nichts dabei, wenn man einmal von einer völlig grotesken Szene auf einem Friedhof in Paris absieht, als sich Jacques von seiner Flamme verabschieden will und diese rein gar nichts unterm Mantel trägt, woraufhin beide eng umschlungen zu Boden sinken.

Etwas mehr Trash dieser Art hätte dem Treiben gewiss gut getan, denn einige ernste Töne nehmen zuweilen ein wenig Drive heraus, wogegen die Message letztlich treffend auf den Punkt kommt und nicht so garstig erscheint, wie die Wandlung des Helden, welcher zwischenzeitlich ein wenig übers Ziel hinausschießt.

„Angel Town“ ist ein Actioner für Freunde nostalgisch anmutender Klopper. Große Namen der Branche tauchen hier genauso wenig auf, wie spektakuläre Fights. Die Mischung fällt jedoch einigermaßen kurzweilig aus, bietet bodenständig inszenierte Kämpfe und eine minimale Materialschlacht gegen Finale.
Aus Gruner wurde zwar kein sonderlich etablierter Actionheld, doch sein Debüt bietet solide, wenn auch komplett anspruchslose Unterhaltung.
6,5 von 10

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