Eigentlich hat es so wenig Handlung: Der gewiefte alte Gauner Max will sich mit der Beute aus dem letzten Raub, immerhin schlappe 50 Millionen Francs, zur Ruhe setzen. Er ist gut versorgt, er hat eine Gefährtin, eine geheime Wohnung und einen sehr guten Ruf. Allerdings wollte sein Partner und Freund Riton ein junges Ding beeindrucken und hat mit dem letzten Coup angegeben, und dem ehrgeizigen Angelo ist klar, dass der schwache Riton durchaus auspacken würde, wenn man ihn nur hart genug anfasst. Riton mag schwach sein, aber Max ist es nicht. Der will sich seinen Spargroschen nicht wegnehmen lassen und wehrt sich mit Händen und Füßen. Richtiger: Mit Maschinenpistole und Köpfchen ...
Wie ein Räderwerk läuft die Handlung dieses Klassikers unerbittlich ab. Im kurzen Zeitraum von zwei Tagen brechen Welten zusammen, werden Existenzen vernichtet, und tun sich Chancen auf. Jean Gabin stiefelt unbeirrbar durch eine gnadenlose und zunehmend chaotischer werdende Welt, in der nur zwei Dinge zählen: Freundschaft und Geld. Max ist schon lang im Geschäft, er kennt alles und jeden, und er kennt vor allem seine Freunde. Er weiß, dass er Frauen und Geschäft niemals miteinander vermischen darf, etwas, was Jüngere oft noch nicht wissen, und leider eben auch sein alter Freund Riton nicht. Durch dessen Großmannssucht gegenüber der süßen Josy setzt Riton einen Countdown in Betrieb, der unweigerlich mit dem Tod vieler Beteiligten enden muss. Dabei kommt es zu einigen heftigen Gewaltausbrüchen, und sogar für die Frauen setzt es geharnischte Ohrfeigen.
1954, da war das Kriegsende gerade mal 9 Jahre her und die Charaktere im Film sind fast alle etwas älter. Alt genug auf jeden Fall um im Krieg gewesen zu sein, und die Härte, welche die Gangster an den Tag legen, zu erklären. Die Härte, und aber auch die Kompromisslosigkeit, mit der die eigenen Ziele verfolgt werden. Der junge Fifi wird mal eben schnell im Keller angekettet damit er zum Sprechen gebracht werden kann, und Max verteilt sehr großzügig knallharte Ohrfeigen an den Damen und auch den anwesenden Herren, um herauszubekommen was mit seinem Freund passiert ist. Vornehme Zurückhaltung oder der Einsatz von psychologischen Tricks, so etwas gibt es hier nicht. Das einzige was zählt ist hartes und effizientes Durchsetzungsvermögen. Ich schlage härter zu als Du, also bekomme ich was ich will. Gewalt als legitimes Mittel – Etwas, was ich persönlich nicht unbedingt im Frankreich der frühen 50er-Jahre verortet hätte.
Wenn es an die Schlussabrechnung geht, kommen sowohl die Bewaffnung als auch der Wille zur Benutzung sichtlich noch aus dem Krieg, und es ist auch klar zu erkennen, dass Max nicht das erste Mal hinter einem Maschinengewehr liegt. Auch hier ist wieder diese Härte zu spüren – Die bösen Gangster wollten die guten Gangster linken, und das Problem kann nur durch exzessiven Einsatz von Gewalt aus der Welt geschafft werden. Handgranaten, Maschinengewehre ... Kein Wunder, dass die französische Polizei allerspätestens in den 70ern begann, einen erheblich härteren Kurs gegenüber den Kriminellen zu fahren. Wobei, in Jacques Derays FLIC STORY wird der Kriminelle Jean-Louis Trintingnant bereits zum Ende der 40er recht rüde behandelt. Auch dies sicher ein Überbleibsel des Krieges ...
So oder so ist WENN ES NACHT WIRD.. eine harte und exakt erzählte Moritat. Eine Reise an das Ende der Nacht, die von der wunderbaren Schwarzweiss-Fotografie Pierre Montazels erstklassig bebildert wird, die mit dem Reiseführer Jean Gabin einen herrlich lakonischen, heute würde man sagen coolen, Hund bietet, die sogar nackte Frauen durch das Bild laufen lässt, und die menschliche Abgründe neben moralische Höhepunkte hält, und damit mal eben ganz unauffällig ein Bild einer Parallelgesellschaft zeichnet, mit dem man im Rückblick zu dieser Zeit nicht gerechnet hätte. Und dabei erstklassig unterhält.