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Angesichts der Storyanlage von "Piranha part two: the spawning" (Piranha paura / Fliegende Killer - Piranha II) stellt sich die Frage, warum der Film als offizielles Sequel zu "Piranha" (Piranhas, 1978) gilt? Zwar nahm er die Idee der für den Vietnam-Krieg gezüchteten Killer-Piranhas wieder auf, aber darüber hinaus gibt es weder von der Story, noch vom filmischen Charakter her, Gemeinsamkeiten mit dem von Roger Corman produzierten "Piranha". Der italienische Produzent Ovidio G. Assonitis, der mit "Tentacoli" (Angriff aus der Tiefe) 1977 schon einen Tier-Horrorfilm mit einem Riesenkraken als Regisseur und Autor verantwortet hatte, schrieb auch das Drehbuch zu "Piranha II" und orientierte sich dabei offensichtlich mehr am großen Vorbild "Jaws" (Der weiße Hai, 1975), dessen wirtschaftlicher Erfolg einige Nachahmer im italienischen Kino fand, welches ab den späten 70er Jahren zunehmend den Trends hinterher lief, anstatt sie selbst zu bestimmen.

Die Regie überließ Assonitis in "Piranhas II" James Cameron, der sich in dieser italienisch/us-amerikanischen Co-Produktion die ersten Sporen als Regisseur verdiente - keine dankbare Ausgangslage, denn anders als der erste, ausgewogen zwischen Humor und Horror angelegte "Piranha" - Film, der sich eher lässig an Spielbergs Film anlehnte, entwickelte das Sequel sein Szenario an einer Urlaubsinsel in der Karibik und plagiierte damit die Situation in „Jaws“ ganz konkret, ohne nur annähernd an dessen differenzierte Charakterisierungen heranzukommen. Dabei machen Lance Henrikson als Polizeichef Steve Kimbrough und Tricia O’Neil als seine Ex-Frau Ann und Tauchlehrerin der Ferienanlage ihre Sache noch ganz ordentlich, aber der Film nutzt den behaupteten Konflikt zwischen ihnen gar nicht. Weder kommt es nach dem Fund ihrer blutverschmierten Scheck-Karte bei einer frischen Leiche, noch nachdem er sie mit Tyler Sherman (Steve Marachuk), einem verdächtig neugierigen Tauchschüler, im Bett erwischt hatte, zu einer bemerkenswerten Reaktion seinerseits, weshalb sich der Film diese privaten Verstrickungen hätte sparen können. Auch die Dramatik um ihren jugendlichen Sohn Chris (Ricky Paull Goldin) – eins zu eins bei Spielberg abgekupfert – kann sich nicht auf den Betrachter übertragen, da er als einer von Wenigen gar nicht in echte Gefahr gerät.

Noch deutlich schwächer als diese Konstellation gerät das Panoptikum in der Ferienanlage um den Hotelmanager Raoul (Ted Richert), der von Assonitis als Widergänger des Insel-Bürgermeisters in „Jaws“ angelegt wurde, der die Gefahren ignorierte, um sich sein Geschäft nicht verderben zu lassen. Doch während dessen Verhalten bei Spielberg in eine realistische Situation integriert wurde, kann sich „Piranhas II“ nicht entscheiden, ob er dramatisch oder albern sein will. Einerseits versucht Ann (Tricia O’Neil) heraus zu bekommen, was hinter den geheimnisvollen Todesfällen steckt – dabei wenig wirkungsvoll vom zuerst noch skeptischen Sheriff (Lance Henrikson) behindert - , andererseits bevölkern hauptsächlich Klischeetypen aus italienischen Sex-Komödien das Hotel – angefangen bei der promiskuitiven Alten, über das verhuschte Pärchen bis zu dem stotternden Koch, der sich von zwei barbusigen hübschen Mädchen reinlegen lässt. Hier kann „Piranha paura“ (wörtlich „Piranha Angst“), wie der Film im italienischen Original heißt, seine Herkunft als kalkuliertes Produkt seiner Zeit nicht verbergen.

Der Schwerpunkt blieb aber auf den kleinen Monstern, weshalb Assonitis das unternahm, was alle Fortsetzungen versuchen – er steigerte noch deren Bedrohlichkeit, zumindest äußerlich. Waren sie schon in „Piranha“ schwer zu stoppen, sind ihnen jetzt dank der Kreuzung mit „Fliegenden Fischen“ Flügel gewachsen, weshalb sie ihrem gefräßigen Treiben auch oberhalb der Wasserfläche nachgehen können. Leider holt der Film aus dieser Idee viel zu wenig heraus, da es „Piranha II“ nicht gelingt, über die Handlung eine bedrohliche Spannung aufzubauen – einzig die abgenagten Leichen können einen gewissen Thrill erzeugen. Die beste Sequenz des Films, wenn die euphorisierten Gäste der Ferienanlage mit „Wir wollen Fisch!“ – Rufen auf das Meer zugehen, während die fliegenden Piranhas schon in Formation angreifen, ist signifikant für einen Film, der vor allem dank seiner unfreiwilligen Komik unterhält, dem aber der selbstironische, sich nicht zu ernst nehmende Gestus des ersten „Piranha“ – Films fehlt.

Warum Assonitis kurz vor dem Ende der Dreharbeiten James Cameron feuerte und die Regie selbst übernahm, lässt sich nur schwer beurteilen, da er als Autor für die Anlage des Films verantwortlich war. Zudem reihte sich „Piranha part two: the spawning“ sowohl in seiner inhaltlichen Qualität, als auch in seiner reißerischen Aufmachung stimmig in eine Vielzahl an Filmen ein, die in dieser Phase im italienischen Kino entstanden waren (siehe "Das italienische Kino frisst sich selbst" (Essay/Filmliste 1977 - 1983)). Sergio Martinos „ Il fiume del grande caimano“ (Der Fluss der Mörderkrokodile, 1979) – gedreht unter der freundlichen Mithilfe des „Piranha“ - Produzenten Roger Corman – oder Enzo G.Castellaris „L’ultimo squalo“ (Der weiße Killer, 1981) fischten in den selben trüben Gewässern, die „Der weiße Hai“ hinterlassen hatte. Diese Filme haben aber alle etwas gemeinsam, was dem großen Vorbild fehlt – sie sind gröber, sexuell offensiver und vermitteln unmittelbar das Zeitkolorit der späten 70er/frühen 80er Jahre, weshalb sie sich trotz ihrer offensichtlichen Mängel einen gewissen Unterhaltungsfaktor bewahrt haben. (4/10)

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