Achtung: Review mit möglichen Spoilern!
Tobi (klasse: Robert Stadlober) und Achim sind beste Freunde. Noch am Abend vor der Abfahrt zum Sommercamp, in dem sie für den bevorstehenden Wettbewerb im Rudern trainieren wollen, schwören sie sich, dass nichts sie je auseinander bringen soll.
Doch etwas stellt die Freundschaft der beiden auf eine harte Probe. Tobi hat sich nämlich in Achim verliebt, der jedoch Sandra liebt und dessen beste Freundin Anke (ebenfalls sehr gut: Alicja Bachleda-Curus) hat sich wiederum in Tobi verguckt. Tobi, der bereits mehrere Male kurz davor stand Achim seine Liebe zu gestehen, benutzt unterdessen Anke als Alibi um seine Homosexualität den anderen gegenüber zu verbergen. In einem Gespräch zu Beginn des Filmes lässt er sogar die Vermutung Achims stehen, dass er bereits mit Anke geschlafen habe.
Anke ist verwirrt und weiß nicht woran sie bei Tobi ist, welcher durch die Ankunft der schwulen Rudermannschaft "Queerschläger" am See nur noch weiter aus der Bahn gerät.
Manche aus Tobis Rudermannschaft fühlen sich durch die Anwesenheit der "Tucken" bedroht, anderen (zumeist den Frauen) macht es gar nichts aus.
Als es Tobi schließlich wagt Achim am Steg zu küssen, flippt Achim aus und die Freundschaft der beiden ist ab diesem Moment mehr als unterkühlt. Derweil sammelt Tobi erste sexuelle Erfahrungen mit Queerschläger Leo und schafft es endlich Anke den Grund für seine nicht vorhanden Gefühle ihr gegenüber zu eröffnen. Diese zeigt sich verletzt aber verständnisvoll. Sie ist jedoch erzürnt, als sie erkennt, dass Tobi nach dem Geständnis ihr gegenüber den anderen gegenüber weiter den "Pausenclown" (so Anke) spielen möchte.
Das Coming-out findet dann im dem Film seinen Titel gebenden "Sommersturm" statt. Er symbolisiert eindeutig Tobis innere Anspannung, die sich durch das lange Verstellen aufgebaut hat .Sich zunächst alleine gelassen fühlend, wird Tobi am Morgen nach dem Unwetter von allen jedoch (für den einen oder anderen vielleicht unerwartet) positiv aufgenommen (Kamerafahrt in Richtung Leiter während es aufhört zu regnen) und alle "haben ihn wieder lieb". Sie akzeptieren Tobi so wie er ist.
"Sommersturm" ist wirklich ein sehr sensibler und einfühlsamer Film, der sich dem Thema Coming-out ohne flasche Scheue nähert. Robert Stadlober als Tobi ist die perfekte Wahl für die zerbrechliche Figur des Tobi, der sich im Sommercamp seinen Gefühlen stellen muss. Alicja Bachleda-Curus als Anke, die sich in den schwulen Tobi verliebt, kommt sehr ansprechend herüber und vermag ihre Rolle mehr als glaubwürdig mit Leben zu füllen. (Wäre sie ein Mann, könnte Tobi Achim getrost vergessen und der glücklichste Mann der Welt sein, denn sie ist wirklich süß. Aber sie ist nun mal eine Frau und kann so süß sein, wie sie will, Tobi kann für sie nichts empfinden.) Die "Tucken" sind teilweise selbstredend mit Klischees befrachtet, welche jedoch mit viel Humor ohne dabei lächerlich zu wirken umgesetzt wurden.
Die schwule Rudermannschaft ist die erste Gelegenheit für Tobi auf Menschen zu treffen, die genau so sind wie er und zu erfahren wie Schwule untereinander miteinader umgehen. Sie und vor allem auch die erste sexuelle Erfahrung mit einem von ihnen geben Tobi den Anstoß zumindest Anke gegenüber ehrlich zu sein.
Überhaupt wird sein innerer Konflikt sehr gut herausgearbeitet. Dass er Anke als Alibi benutzt, ist eindeutig falsch und zeugt nicht gerade von großem Feingefühl. Auch als er Sandra (Achims Freundin) absichtlich dort trifft, wo er weiß, dass es ihr am meisten weh tut (sie hat leichte Komplexe wegen ihres, wie sie findet, zu kleinen Busens), ist sein Handeln doch verständlich und durch die erdrückende Zwickmühle Achim als Freund zu verlieren "gedeckt".
Die eindeutigste (schwule) Szene im Film, in der sich Tobi und einer der "Queerschläger" am Steg näherkommen (sie küssen und streichelnd sich, hocken nackt umschlungen ineinander und stöhnen dabei) ist für einen Mainstreamfilm, der sich an ein breiteres Publikum richtet ziemlich mutig. Sie und auch andere (homoerotische) Szenen wurden jedoch wirklich sehr ästhetisch von Regisseur Marco Kreuzpaintner inszeniert.
Das Ende des Filmes kommt auf den ersten Blick zwar etwas blumig und durch die rosarote Brille betrachtet daher, schließlich wird Tobi von allen auch nach seinem Coming-out akzeptiert und nicht nur toleriert. Jede andere Reaktion wäre aber auch eine Überraschung gewesen. Tobi und die anderen sind schon seit Jahren befreundet und nur dadurch, dass er sich nun geoutet hat, ist er ja kein anderer Mensch geworden. Warum sollten ihn die anderen also fallen lassen?
Das Schlussbild symbolisiert dafür den Lebensabschnitt danach: Zuhause angekommen steigt Tobi alleine aus dem Bus aus und das Bild wird eingefroren. Man weiß, dass Tobi den Rest des Weges, den er gerade erst eingeschlagen hat, nun alleine gehen muss und dass ihn nicht jeder so freundlich aufnehmen wird wie seine Freunde im Sommerlager. Der Film endet jedoch mit einem leichten Lächeln auf seinen Lippen.
Zusammenfassend muss man sagen, dass "Sommersturm" ein Film ist, der vor allem von seinen hervorragenden Jungdarstellern getragen wird, allen voran Robert Stadlober. Mit ihm hat man einem äußerst hübschen und dem jungen Publikum vor allem aus dem ebenfalls guten "Crazy" bekannten jungen Mann gewinnen können.