Review

Mit "The President´s Barber" lässt sich prima ein kleiner Exkurs in die jüngere Geschichte Südkoreas unternehmen. Der Film erzählt durch das Porträt einer ganz einfachen Familie von den Wirrungen und Spannungen in Südkorea um die Jahre 1960 bis 1980.
Dabei lehnt er sich bewusst nur fiktiv an die Ereignisse an, wird niemals dokumentarisch sondern bleibt immer unterhaltend und dennoch lehrreich. Ein wenig erinnert er tatsächlich an sein amerikanisches Vorbild "Forrest Gump", auch wenn er zu keiner Zeit an diese Klasse heranreicht. Dennoch hat "The President´s Barber" seinen eigenen ganz persönlichen Charme und seine eigene ganz persönliche und bitter ironische Sichtweise der Dinge. Die Machart und die Stimmung des Films deuten auf viel Herzblut und trotz des bitteren Stoffs auf viel Verständnis und Mitgefühl für ein sich entwickelndes Volk hin. Der Film ist somit eine ironische und stark symbolhafte Abrechnung mit der dunklen Vergangenheit eines Volkes, dass am Ende symbolisch durch eine Person gezeigt das Laufen wieder neu erlernen muss.

In der direkten Nähe des Präsidentenpalastes hat der Barber Seong Han-mo ( gespielt von Song Kang-ho ) sein kleines Geschäft. Er betreibt es zusammen mit seiner Frau Kim Min-ja ( gespielt von Moon So-ri ) im sogenannten Hyoja Quartier in Seoul. Der Film startet in der Amtszeit des ersten koreanischen Präsidenten Rhee Syng-man um 1960. Als dieser durch einen Wahlskandal in Bedrängnis gerät, kommt es vor seinem Geschäft zu Tumulten und Demonstrationen. Der politisch völlig unbedarfte und naive Seong Han-mo hat allerdings ein ganz anderes Problem ; seine hochschwangere Frau liegt in den Wehen und mitten im Umsturz des Präsidenten kommt sein Sohn zur Welt.
Das Hauptgeschehen des Films liegt in der nun folgenden Park-Diktatur ( 1963-1979 ). Der umstrittene General Park Chung-hee regiert das Land mit eiserner Hand und führt Südkorea in eine industrielle Zukunft. Allerdings ist er in seinen Methoden alles andere als zimperlich und das Volk zahlt einen hohen Preis... die Freiheit.
Jeder verdächtigt und bespitzelt jeden, ein jeder könnte ein nordkoreanischer Spion sein und Denunzierungen sind an der Tagesordnung. So steht auch eines Tages die KCIA im Barbershop von Seong und er wird, nachdem er selber zum Denunzianten wurde, in den Präsidentenpalast befohlen. Dort lernt er den Präsidenten persönlich ( gespielt von Jo Yeong-jin ) kennen und wird sein persönlicher Friseur. Doch dieser vermeintliche Aufstieg hat für Seong Han-mo bei weitem nicht nur Vorteile...

Ich belasse es bei diesem sehr allgemeinen Handlungsabriss, der Film hat so viele Aspekte und strotzt geradezu von Symbolik dass man nicht alles aufzählen kann. Andererseits soll der Filmgenuss auch nicht genommen werden.
Der eigene Charme des Films beginnt schon in der Wahl des Schauplatzes und der Filmmusik. Beides ist sehr französisch angehaucht und strahlt einfach Kleinbürgertum und Sympathie aus.
Die Zeichnung des Präsidenten ist mit Sicherheit zu liebenswürdig geworden und obwohl der Film auch seine Greueltaten nicht verheimlicht, kommt General Park verdammt gut weg. Die Willkür und das schnelle Sterben als Verdächtiger wird geradezu auf irrwitzige Art und Weise deutlich gemacht. Bei einer Infiltration durch nordkoreanische Spione kommt es zu einer Durchfallepidemie. Die Spione des Nordens waren lt. der Regierung im Süden mit dem "Marxus-Virus" infiziert und übertrugen ihn auf alle die Kontakt mit ihnen hatten. Somit werden alle Durchfallkranken verhaftet und gefoltert, einige nennen unter der Folter irgendwelche Personen die in der Folge ebenfalls verhaftet und gefoltert werden. Diese ganze Situation ist an Ironie und Bitterkeit kaum noch zu übertreffen ; der Regisseur schafft es trotzdem und setzt dem ganzen die Krone auf indem er den minderjährigen Sohn des Barbers ebenfalls erkranken lässt. Auch das Kind des Barbers Seong Nak-han ( gespielt von Lee Jae-eung ) gerät zwischen die Mühlsteine des korrupten und unbarmherzigen Regierungsapparates. Doch auch diese Szenen geraten ironisch und beinahe liebenswürdig ( wenn man eine Folterszene an einem Kind so überhaupt bezeichnen darf ) und der Film verliert selbst in seinen schlimmsten Momenten nie diese Stimmung der Vergebung und des Ertragens.
Die Schauspieler haben wenig Platz zur Selbstdarstellung sondern müssen sich dieser Stimmung stets unterordnen. Es ist halt sehr schwierig mit der Rolle eines Antihelden zu glänzen ; dies ist z. Bsp. ein Unterschied zu "Forrest Gump" weil Tom Hanks dies eindrücklich schaffte und Song Kang-ho dies nicht gelingen will. Unglücklicherweise gibt auch die Rolle der Ehefrau nicht wirklich viel her und so wird auch das Talent von Moon So-ri mit Sicherheit nicht voll ausgeschöpft.
Dennoch belastet das den Film für mich nie wirklich, die Botschaft wird über die einzelnen Protagonisten gestellt und mit einer eindrücklichen Symbolkraft vermittelt. Mit Vergebung und Nachsicht und dieser stets unterschwelligen Ironie rechnet Regisseur Lim Chan-sang mit einer dunklen und umstrittenen doch auch wohl hilfreichen Vergangenheit einer Republik ab. Dieser Film ist für mich viel effektiver als ein brutaler, aggressiver und zynischer Film je gewesen wäre.

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