Mel Gibsons "Braveheart" - für viele der definitive Film, wenn es um episches Mittelalter-Schlachtengetümmel geht, offenbart bei näherer Betrachtung doch kleinere Mängel, was ihn als Meisterwerk etwas zu überschätzt erscheinen lässt. Dem Unterhaltungswert tut das natürlich trotzdem keinen Abbruch.
Eines vorweg: Es ist höchst verwunderlich, dass vor allem die deutsche Prüfstelle den Film ab 16 freigegeben hat, da das hier Gezeigte viele indizierte Sachen an graphischer Gewalt weit übertrifft. Noch bedenklicher ist eigentlich die dargestellte Selbstjustiz, welche die FSK normalerweise immer ganz besonders beäugt. Im Grunde genommen beginnt William Wallace seinen Kampf als persönlichen Rachefeldzug für den Tod seiner Frau. Das Gerede um Freiheit etc. ist da eher Beiwerk, um die Figur Wallace zu heroisieren bzw. sie dem Zuschauer näher zu bringen. Immer klappt das nicht, denn für den kritisch denkenden Filmfan sind einige Ansprachen zu patriotisch, dass man schon fast von unfreiwilliger Komik sprechen kann. Möglicherweise ist das nur ein Problem der deutschen Fassung, denn solche Ausdrucksweise ist man hierzulande einfach nicht gewohnt.
Von der optischen Seite präsentiert sich "Braveheart" extrem aufwendig. Kostüme, Bauten, besonders die Landschaft sind ein einziger Augenschmaus und rechtfertigen die vielen Lobeshymnen. Ein ausstattungsmäßig besseres Mittelalter ist mir in einem Film bisher nicht untergekommen.
Die visuellen Reize täuschen letztendlich über ein paar wenige inhaltliche Tiefen hinweg, die ansonsten schwerer ins Gewicht fallen würden. So ist der Film trotz drei Stunden Laufzeit durchgehend kurzweilig, obwohl die Story äußerst schleppend vorankommt, es an Überraschungen mangelt und Zweifel an der historischen Echtheit einiger Fakten bestehen. Ob sich beispielsweise die französische Thronfolgerin tatsächlich von Wallace hat nageln lassen, bezweifle ich doch ernsthaft.
Ein wenig nervend ist das scheinbar ständige sich-in-den-Mittelpunkt-rücken von Herrn Gibson, der wahrscheinlich zu viele Rollen auf einmal übernommen hat, um auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben. Man hat fast den Eindruck, er wolle durch seine Performance mit aller Gewalt Filmgeschichte schreiben und glotzt häufig so bierernst in der Gegend herum und inszeniert sich selbst derart übertrieben, dass ein Grinsen beim Zuschauer nicht ausbleiben kann. Dennoch ein Riesenlob an seinen Aufwand, den es ihn kostete, der Legende William Wallace ein würdiges Filmdenkmal zu schaffen. Sein antrainierter Schottenakzent in der OV ist übrigens ebenfalls ganz hübsch.
Für genug Aufmerksamkeit hat er auf jeden Fall gesorgt, fünf Oscars, das Einspielergebnis und das Publikumsecho sprechen da eine deutliche Sprache. An die ganz großen Epen der Marke "Lawrence von Arabien" kommt "Braveheart" zwar nicht heran, aber in den heutigen Zeiten ist man schon froh über einen massentauglichen Blockbuster, der auf PG-13 und dumme Witze pfeift.