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Auf dem Höhepunkt seiner Karriere nahm sich Mel Gibson 1995 dem schottischen Freiheitskämpfer William Wallace und dessen Kampf gegen die englischen Besatzer im 13. Jahrhundert an. Dabei ließ er es sich nicht nehmen, neben dem Regiestuhl auch die Position des Hauptdarstellers sein eigen nennen zu dürfen.

Die Story ist recht schnell erzählt: William Wallace wächst bei dem Onkel auf, nachdem sein Vater im Kampf gegen die Engländer gefallen ist. Der Onkel lernt ihm das Schreiben, Latein, Französisch und allgemein gute Manieren. Wallace ist ein gebildeter Mann und verliebt sich in Murron (Catherine McCormack). Nach der heimlichen Hochzeit wird diese aber ermordet und Wallace sinnt auf Rache. Zusammen mit einigen Weggefährten, wie dem starken und etwas tumben Hamish (Brandon Gleeson), schart er eine immer weiter wachsende Armee von Schotten um sich und bläst zum "Kampf um die Freiheit" gegen den herzlosen englischen König Longshanks (Patrick McGoohan). Nebenbei verliebt er sich noch in die französische Gemahlin des englischen Prinzen, Isabelle (Sophie Marceau).

Die Geschichte, die Autor Randall Wallace (nicht verwandt) und Regisseur Gibson erzählen, erinnert an die Historienstreifen der 50ger und 60ger Jahre, in denen die Plots auch ungemein flach waren, und immer irgendeine Rache und irgendein Krieg themenbestimmend waren (letztlich gings meist um die Frauen).
In "Braveheart" haben wir nun eine Geschichte, die eigentlich nur Beiwerk sein soll, um eine spannende, actionreiche und ziemlich brutale Inszenierung mit Kämpfen, Kostümen und Kolorit zu liefern.
Für Historiker und Cineasten ist "Braveheart" das reinste Gift. Die ersteren werden sich darüber ärgern, dass die Macher aus der historischen Figur das nötigste Biografische zusammenklauben und mit reichlich Fiktion ausschmücken und so der eigentlichen Geschichte kein bisschen gerecht werden.
Für anspruchsvolle Cineasten gibt es an dem Film genügend auszusetzen. Der Plot ist wie gesagt umgemein flach und trotz einiger Wendungen vorherrsehbar. Die Figuren sind so komplex gezeichnet wie es die magere Story zulässt, bieten aber genügend Identifikationsmöglichkeiten. Hauptaugenmerk des Films sind brutale Schlachten und Kostüme, die mehr die Oberflächlichkeiten bedienen.
Das wahrscheinlich negativste am Film ist allerdings Mel Gibson selbst, der eine fast 3-stündige One-Man-Show hinlegt, und Gefallen gefunden hat, seine eigene Person durch die des Freiheitskämpfers William Wallace stilisieren zu müssen. Für Mel Gibson-Hasser, und deren Zahl ist in den letzten Jahren sicherlich sehr gestiegen, muss der Film eine Tortur sein.

Trotzdem finde ich "Braveheart" gut. Denn ungeachtet der Mängel versteht es Mel Gibson, die Geschichte packend umzusetzen und trotz der langen Laufzeit keine Langeweile aufkommen zu lassen. Und bei epischen Historienstreifen geht es ja letztlich darum, den Zuschauer zu fesseln und für die Sache zu gewinnen, in diesem Fall den Kampf um die Unabhängigkeit Schottlands.
Die technische Seite des Films kann sich alle Male sehen lassen. Gibson präsentiert uns ein Mittelalterbild, das dreckig und wenig einladend ist, gepaart mit schönen Landschaftsaufnahmen und genial in Szene gesetzten Schlachten. Gerade die Kämpfe haben einen, wenn auch brutalen Unterhaltungswert, der in diesem Genre seinesgleichen sucht. Da werden Schädel zertrümmert, Beine abgeschlagen und Leute aufgeschlitzt, wie es fürs Hollywood-Kino eigentlich ungewöhnlich ist. Es wird nicht wenige Leute geben, die sich den Film nur wegen der Schlachten gekauft haben. Zwar kommen auch häufig Stimmen, die in Gibsons blutigen Getümmel das Schüren von Hass beim Zuschauer sehen, aber angesichts der brutalen Umtriebe des Mittelalters kann man diese Kritik einigermaßen zurückweisen.
Außerdem muss man dem Regisseur und Hauptdarsteller anrechnen, dass er gute bis sehr gute Darsteller in den Film geholt hat, die Figuren spielen, die bisweilen stark auftreten, und so die Selbst-Darstellung von Wallace ein wenig abmildern können.
Patrick McGoohan spielt den englischen Tyrannen sehr überzeugend. Die Figur wird sicherlich nicht der realen Figur entsprechen, soweit ich das als Nicht-Historiker beurteilen kann, aber McGoohan bietet einen guten Kontrast zum "lieben" William Wallace. Sophie Marceau als französische Prinzessin ist nicht nur eine Augenweide, sie versteht es auch, die Zartheit und Sensibilität ihrer Rolle dem Zuschauer näher zu bringen.
Daneben haben wir mit Angus Macfayden als Robert the Bruce einen interessanten, anders ausgelegten Charakter des Adels, der überzeugend verkörpert wird. Auch die übrigen Darsteller, inbesondere aus dem Umfeld von Wallace, wissen zu gefallen.

Was zu sagen bleibt, ist, dass "Braveheart" kein Film für jeden Typen von Zuschauer ist. Die einen werden bei den brutalen Kämpfen schon das Weite suchen, die anderen sich von Mel Gibsons In-Szene-Setzen grausend abwenden. Wem das aber nichts ausmacht, der bekommt einen ungemein packenden und rauen Historienstreifen, dessen Geschichtsverklärung man gerade noch so verzeihen kann und der einfach gut zu unterhalten weiß. Kamera, Ton, Schnitt und Effekte sind makellos. Ob "Braveheart" nun unbedingt den Oscar für den "Besten Film 1995" verdient hat, darüber kann man natürlich streiten, schließlich bot dieses Jahr mit "Se7en" oder "Heat" Filme an, die bei weitem besser waren.

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