Nach langer Reviewabstinenz hat mich die Sichtung von Mel Gibsons Braveheart geradezu innerlich gezwungen, etwas zu diesem Film zu schreiben. Seit erscheinen des Films vor knapp 15 Jahren durfte ich mir immer wieder anhören "Der is so geil, musste gucken!", "Wie, haste noch nich gesehen?", und so hat es sich zugetragen, dass ich dem Film mal eine Chance gegeben habe.
Story setze ich mal als bekannt voraus, daher keine Zusammenfassung an dieser Stelle.
Gut, der Film sieht nett aus, Landschaftsaufnahmen sind Top, Kulissen und Kostüme auch, kann man nicht meckern. Jedoch schaute ich nach einer halben Stunde schon genervt auf das Zählwerk meines Players und dachte mir "Oh Gott, so lange noch?", denn die ersten 45 Minuten des Films ziehen sich wie Kaugummi und strotzen nicht gerade vor Einfallsreichtum. Dazu noch diese romantisch verklärte Darstellung der Schotten als lustiges, tanzendes Völkchen, und den Engländern als fiese, hässliche Spielverderber. Naja.
Die erste Schlacht wirkte wie eine Erleichterung, denn endlich gings mal ab - ganz schön brutal für einen FSK 16er, dachte ich mir, und auch wirklich gut eingefangen. Doch irgendwie finde ich die Geisteshaltung, welche in den Schlachtszenen zum Tragen kommt, etwas bedenklich, so wirken diese auf mich wie ein Statement für kriegerische Auseinandersetzung und die totale Selbstaufgabe, solange ein höheres Ziel (jaja, "Freiheit") dahintersteht. Selbst wenn 2/3 der eigenen Leute am Ende zermatscht darumliegen, ist das scheissegal, denn hauptsache man hat ja gewonnen, und ist seinem Ziel ein Stück näher. Da nützt es dem Film auch nichts mehr, wenn ein englischer General (oder wie hieß sowas damals?) gezeigt wird, der seine Bogenschützen auf die Schotten und gleichzeitig seine eigenen kämpfenden Männer anlegen lässt, und somit die Grausamkeit des Krieges (oder am Ende doch wieder nur die der Engländer?) aufzeigen soll.
Zwischen den Schlachtszenen dümpelt der Film langsam weiter, es geht um Liebe, Verrat, Macht, aber das ist am Ende doch egal, denn Hauptmotive sind weiterhin Rache und (na klar) Freiheit!
Besonders gestört hat mich an Braveheart die Vorhersehbarkeit vieler Szenen und Handlungsstränge (zähle ich jetzt nicht alles auf) sowie das Gefühl, beim Sehen bestimmter Szenen genau zu wissen, welche Intention Gibson mit ihnen beim Zuschauer hatte, diese jedoch nicht "funktionieren" und somit einfach nur platt wirken.
Darüber hinaus nervt die abartige Selbstdarstellung von Mel Gibson, welche mit Folter und Tod seines Charakters ihren Höhepunkt findet (der Mann steht ja anscheinend auf Märtyrer) einfach nur. Er verliert seine Liebe, er leidet, er tut alles für seinen Traum, er wird hintergangen, er stirbt für die Sache - Wir habens verstanden, er ist ein echt super Typ. Kann ja sein, dass Muttis da im Schlübber feucht werden, wenn er halbnackt, schmutzig und verwundet seine Reden schwingt, ich fands überzogen und albern. Ebenso wie den Einsatz der immer gleichen Musik, um in bestimmten Szenen plakativ die Dramatik zu untermauern.
Alles in allem ist Braveheart (schon allein aufgrund der guten handwerklichen Seite aus) aus meiner Sicht kein richtig schlechter Film, jedoch auch nicht das Meisterwerk, zu dem er von vielen Gemacht wird. Die Story und Charaktere (und deren nicht-Entwicklung) sind ähnlich "komplex" wie bei anderen 90er Hollywood Spektakeln à la Independence Day oder Armageddon, hier jedoch auf zeitweise fast unerträglich anmutende 3 Stunden gestreckt. Am Ende auch nichts anderes als brutales Popcornkino, hätte wahrscheinlich bei mir auch besser funktioniert, wenn ich nicht aufgrund der Lobhudelei allernorts so hohe Erwartungen gehabt hätte.