Nachdem ich mir diesen Film vor kurzem ein weiteres Mal zu Gemüte führte, entschloss ich mich, mein altes Review entfernen zu lassen, um das Ganze noch einmal neu zu formulieren. Nicht, dass sich meine Meinung zu „Braveheart" großartig geändert hätte, doch ich würde es gerne wenigstens etwas differenzierter formulieren. An sich könnte man Mel Gibsons Schotten-Epos ja lieben. Zumindest würde das bei mir funktionieren, wenn ich an Filme ausschließlich den Anspruch stellen würde, für den sie eigentlich in erster Linie auch geschaffen sind: Unterhaltung. Auch wenn sich die Historie um William Wallace auf angemessene knappe drei Stunden ausdehnt, ist der Film durchaus spannend, mitreißend und unterhaltsam. Handwerklich ist auch alles super-top. Die Schlachten sind hervorragend gemacht und bieten richtig gute Kämpfe. Die sind zudem realistisch für´s Mittelalter so dermaßen saubrutal, dass das Zuschauen echt Freude macht und sicherstellt, dass niemand so schnell müde dabei wird.
Doch Freude kommt mir bei Braveheart trotzdem partout keine auf. Bei mir halt nicht. In meinem Freundeskreis wurde ich deswegen schon des Öfteren als überpenibler Nörgler tituliert (zumindest früher), und ich persönlich empfinde es auch selbst als hinderlich, mich ständig an moralischem Scheiss aufzuhängen, auch wenn Filme eigentlich gar keinen Anspruch dieser Art erheben wollen. Bei Mel Gibsons Prachtwerk bin ich mir da nicht so sicher, aber ist Wurst. Was mich in erster Linie ankotzt ist die beispiellose Egomanie des Machers. Ist irgendwie kurios, wenn man mal darauf achtet, wie oft Gibsons glatt rasierte Fresse und nicht irgendwas anderes den Bildschirm füllt. Dabei ist Schottland so schön, vom Mittelalter kann man auch so schöne Dinge visualisieren und bessere Schauspieler als Onkel Mel sind ebenfalls zu Hauf vorhanden, aber nein, er ist der Kameramagnet. Ständig. Und das nicht nur in speziell der Präsentation wegen gebildeter Kameraschwenks und Closeups, sondern auch dann, wenn man eigentlich auch gerne mal was anderes zeigen könnte. Auch wenn er in dem Film mit seinem Bidenhänder schon eine geile Sau abgibt und er ja den Held verkörpert, nervt es spätestens in der dritten Szene dieser Art. Erschwerend kommt nämlich noch hinzu, dass er der stets klügste, stärkste und auch sonst immer der Beste ist. Immer ist alles so, dass man vor ihm niederzuknien hat. Ob der Original-Wallace auch so fehlerfrei war? War der überhaupt so wichtig? Fakt ist doch wohl, dass einem der Film suggeriert, dass in England alle entweder schwul oder wie Hitler waren und in Schottland nur toll kämpfende, aber hässliche Urmenschen lebten - hässlich alle bis auf einen.
Punkt zwei: Logik. Da hapert´s ja nicht nur an der einen oder anderen Kleinigkeit, sondern da klaffen zum Teil echt richtig große Löcher. Und das nicht nur, wenn man den Film mal mit der realen Historie vergleicht, sondern einfach nur, wenn man ihn mal nur als solchen nimmt. Als Hollywood-Ausguss. Warum schickt der König zu Verhandlungen die Sophie? Damit Mel sie gleich mit tollen, total komischen Sprüchen einlullen kann und sie daraufhin dem König gleich in den Rücken fällt? Ach lassen wir es, ganz gleich welches Szenario, die Naivität Hollywoods stinkt eh an jeder Ecke durch, egal wer dreht, mit wem oder wo (und der Adalmar hat das alles schon ganz trefflich hervorgehoben).
Da kommt auch Punkt drei ins Spiel: die Parteiergreifung. Null komma Null differenziert. Na, ich will da keinen mittelalterlichen Antikriegsfilm (*lol*), aber es nervt mich schon, wie extrem hier in eine Richtung gefahren wird. Und letztlich geht's nur um die Oscars. Schotten kämpfen gegen Unterdrücker. Der Freiheit wegen. Ganz toll. Da dürfen die auch alles. Und auch in den Schlachten sieht man das so richtig. Man könnte fast meinen, in Sterling sind die Engländer nur dumme Gummipuppen. Diese Tatsache schmälert irgendwie ganz schön den Spaß an dem Gemetzgere. Und in Falkirk genauso. Da gewinnen zwar die Engländer, aber quasi nicht durch Nahkampf, sondern nur durch die Bogenschützen vom Nazi-König (natürlich dem König der Briten, übrigens ganz toll gespielt von Patrick McGoohan), und durch Doppel-Verrat aus eigenen Linien - im Nahkampf sind die Schotten immer besser. Hoffentlich habe ich irgendwie begreiflich gemacht, worum es mir dabei ging...
Wirklich schade drum. Der Soundtrack vom James Horner ist echt super (einen habe ich sogar auf CD), die Landschaften wurden erstklassig eingefangen und auch sonst ist die Kamera top (außer es spritzt mal versehentlich Blut drauf). Und einige Szenen sind emotional echt der Hammer, gerade im Zusammenspiel mit der Musik. Gerade vor und direkt nach Sterling hat der Film echt richtig gute Momente. Kann aber verstehen, das der Film so erfolgreich war und bei den meisten Leuten so gut ankommt. Hollywood eben. Flach, kostspielig, effektvoll, für Männer ist viel Waffenwucht drin, für Frauen viel Herz und Schmacht. Naaa, ist schon ein toller Film, dieser „Braveheart". Echt. Aber nach so ´nem alten Hahn kräht heute eh keiner mehr.
Sorry, ich musste einfach nochmal...