Horror, Splatter, Action und Roadmovie - bunter Genremix vom Allerfeinsten
"From Dusk Till Dawn" hat es in Rekordzeit geschafft: In den Olymp der Kultfilme aufzusteigen - und das völlig zu Recht. Der Film beginnt mit einem Paukenschlag: Gleich in der ersten Actionsequnez wird ein Spirituosenladen mitsamt Besitzer in die Luft gesprengt. Verantwortlich hierfür sind die Brüder Seth und Richard Gecko (George Clooney; Quentin Tarantino), zwei Verbrecher der übelsten Sorte. Nach einem spektakulären Gefängnisausbruch mit anschließendem Banküberfall ziehen die beiden eine blutige Spur durch Texas. Auf ihrer Flucht vor dem FBI, den Texas Rangers und der Polizei gehen nicht weniger als neun Leichen auf ihr Konto.
Doch während Seth sich einen gewissen Rest Menschlichkeit bewahrt hat, rastet sein psychopathischer Bruder Richard gelegentlich völlig aus. In einem Motel nahe der texanisch-mexikanischen Grenze schlachtet er eine weibliche Geisel auf bestialische Weise ab.
Pech für den vom Glauben abgefallenen Priester Jakob (Harvey Keitel) und seine beiden Kinder Kate und Scott (Juliette Lewis; Ernest Liu), daß sie dem Brüderpaar genau in diesem Moment über den Weg laufen, denn fortan sie die neuen Geiseln der Geckos.
Die Flucht über die mexikanische Grenze gelingt und das unfreiwillig vereinte Quintett macht Halt im 'Titty Twister', einer üblen Spelunke im Nirgendwo. Genau der richtige Ort, um auf Gangsterboss Carlos (Cheech Marin) zu warten, der das Brüderpaar im Morgengrauen abholen und an einen sicheren Ort bringen will. Nur noch eine Nacht trennt Seth und Richard Gecko von der endgültigen Freiheit.
Bis hierhin ist "From Dusk Till Dawn" ein waschechter Roadmovie: Ruppig, gewürzt mit coolen Sprüchen, einer ordentlichen Actioneinlage und zwei Hauptdarstellern, die glatt als reale Verbrecher durchgehen würden. Endlich ist der "Emergency-Room-Clooney" tot, es lebe der Gangster Clooney. Quentin Tarantino setzt sogar noch einen drauf, er mimt den Psychopathen mit einer Perfektion, daß der Zuschauer sich unweigerlich fragt, ob da nicht ein wirklicher Irrer vor der Kamera gestanden hat.
Und dann, ohne das Regisseur Robert Rodriguez zuvor auch nur die winzigste Andeutung gemacht hätte, verwandelt der Film sein Gesicht: aus Roadmovie wird Splatter-Action. Die meisten Gäste und das Personal des 'Titty Twister' verwandeln sich schlagartig in Vampire, die den wenigen menschlichen Wesen an den Kragen, respektive an den Hals wollen. Bis zum Morgengrauen durchhalten heißt deshalb die Devise...
Obwohl die Bösen in "From Dusk Till Dawn" Blutsauger sind, hat der Streifen nicht viel mit dem klassischen Horror- oder gar Vampirfilm gemeinsam. Hier gibt es weder dunkle Gruften und wabernde Nebelbänke, noch bedient Rodriguez sich der Gänsehauteffekte alter 'Schinken' à la Nosferatu & Co. Dafür gibt's Splatter ohne Ende. Doch anstatt den Zuschauer, wie in vielen anderen Filmen des Genres, mit ekelhaften Effekten zu schockieren, bewegt sich der Horror in "From Dusk Till Dawn" in bis dato unbekannten Dimensionen: Er ist brachial, computeranimiert und knallbunt. Splatter wird hier regelrecht neu definiert. Genial.
Die Filmmusik von Tito und Tarantula ist beim Publikum so gut angekommen, daß sie - losgelöst vom Film - selbständig Kultstatus erreicht hat. Sogar Tequila-Werbespots bedienen sich der Mexicano-Rhytmen. Und wenn sich die Vampirlady Satanico Pandemonium (Salma Hayek) leichtbekleidet zu den Klängen von Tito und Tarantula im Takt wiegt, dann ist das nicht nur etwas für's Ohr! ;-)
Ein paar Gimmicks gibt's natürlich, wie bei allen Filmen aus der Ideenschmiede Rodriguez / Tarantino üblich, auch in "From Dusk Till Dawn" zu sehen:
Da wäre zum Beispiel ein Blick des Kameraobjektives geradewegs durch das Einschußloch in Richard Geckos verletzter Hand. Oder der kurzfristig durchsichtig werdende Kofferraumdeckel des Fluchtautos, durch den der Zuschauer eine im Inneren liegende Geisel sehen kann. Grotesk witzig.
Fazit:
"From Dusk Till Dawn" amüsiert ohne lustig zu sein, schockiert ohne gruselig zu sein und unterhält ohne einen einzigen Funken Langeweile. Anspruchsvolle Cineasten sollten die Finger von dem Streifen lassen, alle anderen dürfen ihn lieben. In drei Worten: Abgedreht und genial!