Review

Wenn es einen flimischen Ausdruck für Coolness und Drive gibt, dann lautet die Entsprechung wohl "From Dusk till Dawn". Robert Rodriguez Thriller/Road-Movie/Vampirsplatter-Bastard ist wohl der definitivste Ausdruck des Tarantino-Gefühls für den Bereich Horror.

Der Film führt seine Figuren stilgemäß ein, die "Bösen" mit einer halb gewalttätigen, halb comichaften Schießorgie in einem Drugstore am Highway, die "Guten" in aller Ruhe bei ihrem "Road Trip" und beide schließlich in einem Motel zusammenzuführen.
Es ist nicht einfach, auseinanderzubasteln, worin der morbid-perfekte Reiz dieser Produktion begründet ist, aber seine Darsteller haben erheblichen Anteil daran.

George Clooney, der sicherlich nach Abwechslung vom E.R.-Alltag suchte, definiert hier "cool" neu, eine ganz besondere Art und Ausstrahlung eines eigentlich wortkargen Charakters, eines gewalttätigen Bastards mit eigenem Moralkodex, sympathisch, sexy und gnadenlos gleichzeitig. Die Entscheidung, ausgerechnet Autor Tarantino Clooneys sadistisch-durchgeknallten Bruder spielen zu lassen, ist beinahe ebenso genial, denn ob gewollt oder gekonnt oder gar nicht, Tarantino präsentiert Richard Gecko sowohl abgründig als auch kindlich als auch psychopathisch, aber immer noch kontrolliert genug, um ein kaltblütiger Massenmörder zu sein. Als Gegenpart dazu ein unterkühlter Harvey Keitel, der gegen den Standard gebrochen ruhig agiert und eine sich vollkommen zurückhaltende (hurra) Juliette Lewis, endlich mal nicht schräg oder bitchy, sondern mit dem Film immer härter werdend.

Dazu gibt's in Nebenrollen reichlich Aufregendes wie einen gleich dreimal glänzenden Cheech Marin, u.a. mit seiner legendären Pussy-Rede und die bei uns damals noch unbekannte Salma Hayek als vampirische Schlangentänzerin, sowie den bösen Mann schlechthin, Danny Trejo als Barkeeper.

Doch bis es zu denen kommt, setzt der Film nach seinem ersten Gewaltausbruch auf ruhige Töne, stellt Charaktere vor oder lotet sie und ihre Beziehungen untereinander aus (sogar intim in Form eines blitzhaft beleuchteten Mordes), entwickelt ihr Zusammenspiel. Die oft beklagte ruhige erste Hälfte mit der Fahrt nach Mexiko ist dabei die oftmals spannendere, da man über die schön rund oder spitz gefeilten Dialoge mehr erfährt, als für einen B-Film notwendig wäre. Schön gesetzte Suspense-Szenen immer wieder zwischendurch sorgen für reichlich Aufmerksamkeit und es bleibt auch Zeit, den Schrecken ironisch zu brechen (Zahnklammer, Duschdiskussion). Während der Zuschauer das nun entweder langweilig oder cool findet, gibt die Regie allen das nötige Rüstzeug mit.

Der Ton ändert sich dann mittels Ankunft im "Titty Twister", komplett mit Table Dance, Sauforgie, Vampirangriff und Splatterfest. Die Abfolge an sich muß man selbst gesehen haben, denn Rodriguez entwickelt eine schier ungeheure Dynamik und einen Drive, der stärker mitreißt, als die blutigen Bilder sanfte Gemüter abhalten könnten.
Obwohl nur schwach budgetiert, bietet das nun folgende Gemetzel reichlich Härten (sofern man sie ungeschnitten genießen kann), reicht noch zwei wunderbare Nebendarsteller nach (Savini und Williamson) und setzt schließlich auf das alte Belagerungsmotiv diverser Western, wenn sich erst verbarrikadiert wird und später ein Ausfall erfolgt.

Leider rutscht der Ausfall schließlich arg ins Comichafte ab, was aber bei dem schieren Irrsinn des Geschehens nicht wirklich ins Gewicht fällt. Auffällig dabei, wie schnell es letztendlich wieder Tag wird/ist, um das Geschehen zu einem Abschluß zu bringen.

FDTD ist wie ein Strudel inszeniert, der eine sorgsam aufgebaute Stadt immer schneller verschlingt und hinterher nur Kleinteile wieder ausspuckt. Das Ende läßt für die Überlebenden noch diverse Fragen offen, ebenso wie das Schlußbild uns Gedankenfutter gibt und auf eine mögliche Fortsetzung hinweist, ohne platt und plakativ zu sein.
Hitzig wie eine Nacht im Süden mit viel Tequila, ein Rausch sondergleichen, blutig, erotisch, gnadenlos. Das Leuchtzeichen im Niemandsland des nicht selten billigen Horrors, aber schließlich ist es genrespezifisch ja auch ein Bastard. Kicks ass. (9/10)

Details
Ähnliche Filme