Beverly Hills Cop
Schnodder-Schnauze, Pop-Ikone und Cop-Trendsetter. Der Beverly Hills Cop ist nicht nur Eddie Murphys beste Rolle, sondern auch ein Sinnbild des 80er-Jahre Kinos, bei dessen stilprägendsten Filmen Spaß, Leichtigkeit und Popmusik in einem fluffigen Entertainment-Soufflé aufgehen.
„Erst plappern, dann ballern“. Wäre diese ganz spezielle Disziplin des Actionkinos Award-würdig, stünde der Sieger seit 40 Jahren fest. Da können Marcus Burnett, James Carter oder Martin Riggs (zumal der im Zweifelsfall doch lieber zuerst schießt) sich noch so sehr die eloquenten Münder fusselig quasseln, gegen die Detroiter Schnodder- und Revolverschnauze Axel Foley sind sie völlig chancenlos. Kostprobe gefällig?
„Don't you think I realize what's going on here, miss? Who do you think I am, huh? Don't you think I know that if I was some hotshot from out of town that pulled inside here and you guys made a reservation mistake, I'd be the first one to get a room and I'd be upstairs relaxing right now. But I'm not some hotshot from out of town, I'm a small reporter from "Rolling Stone" magazine that's in town to do an exclusive interview with Michael Jackson that's gonna be picked up by every major magazine in the country. I was gonna call the article "Michael Jackson Is Sitting On Top of the World," but now I think I might as well just call it "Michael Jackson Can Sit On Top of the World Just As Long As He Doesn't Sit in the Beverly Palm Hotel 'Cause There's No Niggers Allowed in There!“
Gut, hier wäre eine Knarre auch nicht hilfreich gewesen, aber sich derart dreist ein Zimmer im ausgebuchten Luxushotel der Stadt zu ergaunern, kommt einem Volltreffer ins kilometerweit entfernte Schwarze gleich.
Spaß mit Ansage
„Beverly Hills Cop“ ist gespickt mit solchen Stilblüten und die kommen nicht von ungefähr. Hauptdarsteller Eddie Murphy sammelte bereits im zarten Teenageralter erste Meriten als Stand-Up-Comedian und veredelte sein Ausnahmetalent schließlich als Emmy-prämiertes Mitglied der renommierten Comedyshow Saturday Nicht Live. Seine ganz spezielle Masche - ein mit Respektlosig-, Anzüglich- und anderen Dreistigkeiten gewürztes Schnellsprech-Feuerwerk - funktionierte nicht nur vor Live-Publikum, sondern fegte auch fröhlich durch die humoristisch angestaubte Kinolandschaft der frühen 80er Jahre. Schon seine ersten beiden Leinwandauftritte - jeweils als Kleinkrimineller im Actionhit „Nur 48 Stunden“ und der sozialkritischen Komödie „Die Glücksritter“ - machten Murphy zum Filmstar in Lauerstellung. Es fehlte nur noch der letzte entscheidende Punch zum Superstarstatus und wer wäre dafür besser geeignet als ein tougher Cop, der mit dem Mundwerk ebenso schnell ist wie mit der Waffe?
Wer heute nach den Kultfilmen und absoluten Klassikern der 80er Jahre fragt, kommt an Axel Foleys erstem Fall nicht vorbei. Das stößt oft auf Verwunderung und bei oberflächlicher Betrachtung kann man diese Haltung durchaus verstehen. Der Plot ist in allererster Linie zweckdienlich, oder wie man heute so schön sagt: generisch. Tatsächlich ist die Geschichte von einem Detroiter Polizisten, den der Mord an einem alten Freund ins sonnige Beverly Hills verschlägt weder raffiniert, noch wendungsreich, noch von dichter Spannung geprägt. Auch die Actionszenen dürften einschlägige Kollegen wie Bond, Jones und Rambo bestenfalls zum Anheben einer Augenbraue bewegt haben. Immerhin gibt es einen ordentlichen Chassis-Count zu bestaunen, obgleich diese Action-Spielart gerne für humoristische Zwecke herhalten darf. Und damit sind wir auch schon beim nicht sonderlich geheimen Erfolgsgeheimnis des „Beverly Hills Cop“: er macht vor allem und im Besonderen umgemein viel Spaß.
King of (Action-)Comedy
Das klingt tatsächlich banaler als es ist, nicht umsonst ist die Komödie die Königsdisziplin und nicht das Drama. Und Axel Foley ist der King of (Action-)Comedy, ein Trendsetter, der ein ganzes Genre losgetreten hat und ohne den weder das zänkische Cop-Ehepaar Murtough und Riggs, noch die Culture-Clash-Buddies Li und Carter und schon gar nicht die Miami-Bros Lowrey und Burnett vorstellbar wären. Im Zentrum des Gag-Sturms steht Monolithen-gleich Eddie Murphy, der den Improvisations-Freifahrtschein seines Regisseurs Martin Brest weidlich ausnutzte und ganze Szenen am Set neu erfand. Ob der Valet-Page des noblen Beverly Palm Hotels, dem er den Schlüssel seines verbeulten Wagens zuwirft („Can you put this in a good spot? 'Cause all of this shit happened the last time I parked here.“), die Polizisten, die ihm den Grund seiner Verhaftung erklären („Disturbing the peace? I got thrown out of a window! What's the fucking charge for getting pushed out of a moving car, huh? Jaywalking?“), oder der Wärter, der ihn auf Kaution entlässt („I’ve never been in a cell that had a phone in it. Can I stay for a while, 'cause I ordered some pizza?“), auf jeden von ihnen feuert Eddie alias Axel eine passende Humorsalve ab.
Ein paar schnoddrige Bemerkungen machen noch keinen Comedy-Hit, mag manch einer nölend und nicht zu unrecht einwenden. Die Replik ist ganz simpel: Jeder Witz ist nur so gut, wie der, der ihn erzählt. Heißt, der genialste Wortwitz löst sich in heißer Luft auf, wenn er schlafmützig runtergeleiert wird. Im Umkehrschluss bringt ein begnadeter Komiker den Saal auch noch mit lauen und abgegriffenen Witzen zum toben. „Beverly Hills Cop“ bietet das Beste aus beiden Welten. Murphy hat sich die zahllosen Kalauer und Sprüche nicht nur einfallen lassen, er präsentiert sie auch mit einer Verve und Chuzpe, die zum tobenden Applaus animiert. Ob natives Talent, oder das Stahlbad der Saturay Night Live-Schule, Murphy rockt seine Szenen wie der Frontman einer gefeierten Live-Band. Wenn er als vermeintlicher Zollfahnder eine ganze Belegschaft zur Nachtschicht verdonnert, oder sich als vermeintlich schwuler Liebhaber seines Widersachers in einen exklusiven High-Society-Club mogelt („Tell Victor that Ramon - -the fella he met about a week ago? - -tell him that Ramon went to the clinic today, and I found out that I have, um, herpes simplex 10, and I think Victor should go check himself out with his physician to make sure everything is fine before things start falling off on the man.“), dann hat das preiswürdige Rampensau-Qualitäten.
Ein kongenialer Mix aus Gestik, Mimik und selbstbewusstem Auftreten, schickt die jeweiligen Gegenüber sekundenschnell auf die Bretter und öffnet dem Draufgänger Axel Tür und Tor, die dem Beamten Foley verschlossen geblieben wären. Diese dreiste Leichtigkeit und spielerische Waghalsigkeit erinnern an die Swashbuckler-Helden des klassischen Abenteure-Kinos und sind wesentlich für den legenden-und Kultstatus des Films.
Brillanz von der zweiten Reihe
Bei all dem berechtigten Applaus für Eddie Murphys mitreißende One-Man-Show sollte man aber nicht den übrigen Cast vergessen. Dass der Star zu absoluter Höchstform aufläuft, hat auch mit seinem Umfeld zu tun. Sämtliche Nebenfiguren sind auf den Punkt besetzt und geschrieben. Besonders John Ashton und Judge Reinhold brillieren als ungleiches Detective-Gespann John Taggart und „Billy“ Rosewood. Der mürrisch-knorrige Taggart und der naiv-enthusiastische Rosewood versagen auf ganzer Linie bei dem vermeintlichen Routinejob, den unliebsamen Kollegen ohne Befugnis schnellst möglich nach Detroit zurück zu befördern. Axel Foley wiederum spielt mit den beiden linientreuen Cops ein launiges Katz- und Maus-Spiel, bei dem er die jeweiligen Stärken und Schwächen der beiden für seine Zwecke ausnützt. Das macht er aber auf derart entwaffnende und sympathische Art, dass aus dem heterogenen Trio nicht nur eine schlagkräftige, sondern sogar eine freundschaftlich verbundene Einheit entsteht.
Bad-Guy-Experte Steven Berkoff („James Bond 007 - Octopussy“, „Rambo 3“) wiederum gibt einen herrlich fiesen Antagonisten. Als ebenso schmieriger wie abgebrühter Kunsthändler Victor Maitland verströmt er einen arroganten Eisblock-Charme, der einen wunderbaren Kontrast zum quirlig-frechen Murphy schafft. Beide wissen genau, was der andere darstellt beziehungsweise im Schilde führt und genießen ihre jeweiligen Etappensiege geradezu genüsslich. Als Axel Maitlands Henchman per Judo-Wurf ins Luxusbuffet befördert, schickt er lapidar hinterher: „That's very good, Victor. Could you teach him to roll over and sit and do all that shit, too?“ Woraufhin dieser ebenso ruhig und nicht minder trocken erwidert: „Now listen to me, my tough little friend. I don't know from under what stone you crawled, or where you get these ridiculous ideas about me, but it seems painfully obvious you haven't the slightest fucking idea who you're dealing with. Now, my advice to you is crawl back to your little stone in Detroit before you get squashed.“
Neben dem beschriebenen Quartett verdienen vor allem noch zwei Figuren eine besondere Erwähnung. Gilbert R. Hill und Bronson Pinchot haben nur zwei Kurzauftritte, aber die haben sich derart in der Fanseele eingebrannt, dass beide mehrfach wiederkommen durften. Hill liefert sich als Axel Foleys Vorgesetzter Inspector Todd gleich zu Beginn ein herrliches Wortgefecht mit seinem Chaos-Cop, bei dem Schimpftiraden und Flapsigkeit sich gegenseitig hochschaukeln. Und Pinchot sorgt als schwuler Kunsthändler Serge für ein schrilles Highlight, als er Axels Namen nicht aussprechen kann (Serge: „Donny, run and tell Miss Summers that, uh, Mister Achmed Foley is here to see her… Achnell...? Achwell… Axel Foley: Axel. Serge: ...Foley is here to see her, he's an old acquaintance.“) und über ein geschmackloses aber sündteures Ausstellungsstück fabuliert.
Überhaupt nimmt „Beverly Hills Cop“ den Glitzer und Glamour für den Los Angeles mondänster Stadtteil steht wiederholt liebevoll aufs Korn. Wenn Axel Foley in einem völlig verbeulten Chevy Nova durch die teuersten Straße des Landes cruist, könnte der Kontrast zur grauen, aber produktiven Arbeiterstadt Detroit nicht größer sein. Regisseur Brest unterlegt beide Szenen mit aktuellen Popsongs, die die Message noch verstärken. Patti LaBelles „Stir it up“ ist fluffiger Sommer-Pop, der die Lockerheit und das Stylische der Westküsten-Metropole perfekt einfängt. Die schnellen Schnitte zwischen Palmen-Alleen und allerlei Luxus-Läden tun ein Übriges. Ganz anders die Auftaktszene. Hier rockt Ex-Eagles-Mann Glenn Frey zur Detroiter Stadtrundfahrt. Das fetzige „The heat is on“ macht unmissverständlich klar: hier ist nicht alles Gold, aber hier pumpt das wahre Herz des Landes und natürlich auch des Films. Am Ende feiern natürlich beide Clips den Konsum und die wirtschaftliche Potenz der USA. Dass beide Sichtweisen letztlich positiv erscheinen und nicht kritisch hinterfragt werden, entspricht exakt dem Zeitgeist und erklärt ebenfalls ein Stück weit den enormen Erfolg des Films.
Wohlfühlfilm als Pophit
„Beverly Hills Cop“ ist wie sein Titelheld ein Charme-Monster. Sämtliche Seitenhiebe, sei es der der Schmutz Detroits, der Glamour von Beverly Hills, oder seien es die konträren Polizei-Methoden und -Austattungen, werden nie bösartig oder gar zynisch serviert. Der Primat des Komischen, des Sympathischen, des Launigen ist allgegenwärtig. Am allgemeinen Wohlfühlkilma ändert auch die ein oder andere Brutalität (Axels Freund wird zu Beginn eiskalt ermordet und auch das Finale ist vergleichsweise blutig und bleihaltig gehalten) nichts. Martin Brest inszeniert all das mit leichter Hand, aber stets auf den Punkt. Die Figuren sind mit wenigen Pinselstrichen scharf gezeichnet und durch die Bank spielfreudig umgesetzt. Die Mischung aus Polizei-Thriller, Komödie und Zeitgeistportrait ist selten so fluffig und austariert auf die Leinwand gebracht worden.
Für das Überproduzenten-Duo Don Simpson und Jerry Bruckheimer war es dann auch der dritte Dekaden-definierende Superhit (nach „Flashdance“ (1983) und vor „Top Gun“ (1986)), der insbesondere die Pop- und Hedonismus-Fixierung der Zeit auf den Punkt brachte. Der vor allem von Bruckheimer protegierte Münchner Komponist Harold Faltermeyer sorgte mit seinem eingängigen Synthie-Score für die passende musikalische Untermalung und landete mit dem eingängigen Instrumental-Track „Axel F“ einen Superhit, den bis heute jedes halbwegs interessierte (Musik-)Kind kennt.
Hauptdarsteller Eddie Murphy schließlich avancierte mit und als Beverly Hills Cop zum Superstar und schuf mit dem scharfzüngigen, rebellischen und dreisten Axel Foley eine Ikone des 80er-Kinos, die sich deutlich vom desillusionierten Typos der Vordekade (v.a. Dirty Harry) abgrenzte und zahlreiche Nachfolger wie Nachahmer bis in die Gegenwart inspirierte und evozierte.