Ein Pathologe sägt die Schädeldecke auf, entnimmt das Gehirn, seziert den Leib mit machetengleichem Instrument von Brust bis Bauch, reißt den Brustkorb mit mächtigem Spreizgerät auf, entfernt Organe, wirft sie wieder in den Leichnam, näht zu; ein anderer Pathologe vollzieht die gleiche Prozedur, deren Einzelheiten ich erspare, obduziert noch schließlich eine zweite Leiche und verrichtet an ihr eine Prozedur, deren abweichende Einzelheiten ich nicht erspare: Der Mediziner wiegt das entnommene Hirn, fährt mit einem Messer über den Körper der Toten, rammt es ihr in die Vagina. Dann Ansicht von außen auf das tote Innenleben der Frau, auf einen wieder geöffneten Brustkorb. Die Hände des Anatomen sind bei der Arbeit. Die eine an der Brust der Entweihten, die andere in der Hose des Entweihenden. Dazu immerfort kathedralische Musik im Hintergrund. Fotos werden geschossen. Der Mann im Kittel rammt in die Vagina des Leichnams - diesmal mit seinem Penis.
Kein einziges Wort wird in "Aftermath" gesprochen. Weil diese halbstündige Szene Unaussprechliches zeigt? Zweifellos ist die in den klinischen Räumen weilende Stummheit Erzeuger einer geisterhaften Atmosphäre. Das Leben ist raus aus den langen Fluren und Gängen dieses Autopsieinstituts. Es ist einfach raus. Wie die Menschlichkeit in diesem Film. Sie kann nicht durch erkennbare Latexmenschendummies auf Obduktionstischen liegend zurückgebracht werden und schon gar nicht durch an ihnen fuhrwerkenden Gestalten in hellblauen Kittelschürzen, die die Sterilität einzig beflecken. Die Unaussprechlichkeit, nein, sie ist dieser anatomischen Entgleisung nicht zuträglich. Wo Mozarts "Requiem" eingespielt wird, die Kameraaufnahmen sich einer gelungenen Stilisierung rühmen können, der inszenatorische Gestus also für sich spricht, da fehlt das Wort, das die durch das Handwerk zur Schau getragene Reinheit und Sachlichkeit notwendigerweise aufbricht, aufbrechen hätte müssen.
Der Film sträubt sich vor der Auseinandersetzung mit dem Thema, das er selbst auf den Plan ruft, das er allein zur grotesken "Sache" erklärt. Er zieht all seine Verstörungskraft lediglich aus dem Bild und der Tat. Es ist eine Konfrontation durch Oberflächenreize, abzielend auf unsere Augen, die Perversionen sehen, damit sie sich "nachwirkend" in die Erinnerung einbrennen mögen. Ein Film, dessen Titel gleichzeitig sein Programm ist, und der die Körperhüllen so exploitativ öffnet und schließt, scheint der filmischen Grenzerfahrung wegen gedreht. Menschenschändung dieser Abart kannte das Schmerzgrenzenauslotungsgenre schon etwa durch "Guinea Pig 2". Und "Aftermath" steht diesem an Gehaltlosigkeit in nichts nach. Ein Machwerk, das menschliche Herzen am Ende zynisch in Großaufnahme durch den Mixer dreht, um sie Hunden zum Fraß vorzuwerfen. Anders als sich bereits Jörg Buttgereits "Nekromantik"-Filme der Nekrophilie näherten, zeigt "Aftermath" keinerlei Interesse am vertrackten Sexualtrieb, weder am Menschen, noch am Leben und - für ein Autopsiepanoptikum wirklich armselig - nicht einmal am Tod.