Review

Wes Andersons "Tiefseetaucher" ist ein verrückter Film. Die Bewertungen in den Filmdatenbanken erscheinen positiv, spiegeln jedoch nicht die Kritiken wider, die aufkamen, als der Film 2004 herauskam. Sie waren sehr gespalten und es zeigte sich, dass ein Großteil der Kritiker nicht viel mit dem im Film angestimmten Humor anfangen konnte. Ich behaupte, dass man sich dem "Tiefseetaucher" öffnen können muss, dass die Witze dann aber sehr überzeugend sind. Ich merkte, dass ich das ganze Geschehen gegen Ende des Streifens immer erquickender fand. Je weiter der Grad der Identifikation mit den Charakteren voranschritt, desto mehr Spaß hatte ich. Wes Anderson gibt einem die Chance dazu, man muss sie nur nutzen.

Er erzählt die Geschichte von Steve Zissou (Bill Murray), einem Ozeanographen, der seine besten Zeiten hinter sich hat. Dennoch will er den zweiten Teil einer Filmreihe drehen, in deren ersten Teil sein bester Freund Esteban das Zeitliche segnen musste: Er wurde von einem "Jaguar-Hai" gefressen. Steve sinnt nun nach Rache, sieht sich dabei jedoch zahlreichen Problemen gegenübergestellt: Das ihm zur Verfügung stehende Budget reicht ihm hinten und vorne nicht. Riesiges Glück scheint er zu haben, als sein selbsterklärter Sohn Ned Plimpton (Owen Wilson) auftaucht und ihm mit einer Erbschaft von 2,75 Millionen Dollar den Rücken stärkt. Er wird sogar Mitglied der Crew, was seinen Kindheitstraum darstellt. Die Rolle des Steve Zissou ist dem leidenschatlichen Meeresforscher Jaques-Yves Cousteau nachempfunden, der ein großer Name in diesem Geschäft war. Er war bekannt für seine rote Mütze, weswegen folgerichtig das Team des Steve Zissou diese Mützen regelrecht zelebriert. Die Charaktere des Films sind allesamt ein Kapitel für sich und bis auf Steves teuflisches Weib Elenoa (Anjelica Huston) deutliche Sympathieträger. Hervorheben möchte ich in diesem Zusammenhang Klaus Daimler (Willem Dafoe), dem in der deutschen Synchro ein sagenhafter bayrischer Akzent verpasst wurde. Doch die anderen sind ebenfalls witzig gezeichnet. Die ganze Bande macht sich nun auf den Weg, um zu ergründen, was mit ihrem ehemaligen Kollegen Esteban geschehen ist.

Der Film ist äußerst skurril und kann daher eigentlich nicht den Geschmack aller treffen. Man muss offen sein. Mir ist aufgefallen, dass ich während des Films oft dachte, dass es niemanden auf der Welt gibt, der die Rolle des Steve Zissou besser hätte spielen können als Bill Murray. Schon in zahlreichen anderen Werken zeichnete er sich durch seine ganz spezielle Spielweise und seinen eigenartigen Humor aus. Hier ist das ebenfalls so: Die Rolle ist wie für ihn geschrieben und das bestätigte sich auch bei meinen Nachforschungen. Wes Anderson dachte beim Schreiben tatsächlich an Bill Murray. Kein Wunder, dass das am Ende so hervorragend funktioniert. Owen Wilson musste schon mehr tun, um mich zu überzeugen, da ich ihn nur aus Filmen wie "Wedding Crashers" kenne, in denen ernsthaftes schauspielerisches Talent nicht das Hauptkriterium der Auswahl gewesen sein dürfte. Er macht seine Sache jedoch gut, denn der Charakter Ned Plimpton verlangt ihm einige Facetten ab: Vom arschkriechenden Weichling bis zum Schläger. Willem Dafoes Leistung ist hervorragend, nur Cate Blanchett spielt die Rolle der Jane durchschnittlich. Erwähnenswert ist hierbei allerdings, dass sie zu Drehzeiten tatsächlich schwanger war. Vielleicht brachte ihr gerade das die Rolle ein, denn es waren größere Namen wie Gwyneth Paltrow und Nicole Kidman (zum Glück ist sie es nicht geworden) im Gespräch. Der aufmerksame Beobachter bemerkt: "Der Tiefseetaucher" ist ganz schön gut besetzt, dabei habe ich Jeff Goldblum in einer ebenfalls bizarren Nebenrolle noch gar nicht erwähnt.

Besonders positiv fand ich auch den Score des Films. Nicht aufdringlich, aber immer passend und wunderschön. David Bowie war hier weitgehend am Werk. Seine Tracks wurden dann von Seu Jorge in’s Portugiesische uminterpretiert und im Film an vielen Stellen einleitend oder untermalend dargeboten. Bekannt war mir zudem "Here’s to you" von Joan Baez. Doch die Liste ist lang und ich würde – und das mache ich bei wenigen Filmen – sogar den Erwerb des Soundtracks empfehlen.

Die Effekte im Film sind wohl bewusst altertümlich gehalten. Heutzutage wird wohl nicht mehr oft die "Stop motion" Technik verwendet, hier schon fast in übertriebener Form. Das Seltsame ist, dass es in das Konzept passt. Zu ausschweifende Digitaltechniken hätte mir, denke ich, nicht gefallen. Ich glaube mich sogar erinnern zu können, dass die Szene mit dem Jaguar-Hai mit einer der größten Stop Motion Puppen aller Zeiten durchgeführt wurde.

Zuletzt, und hier wird sich mein einziger Kritikpunkt finden, zur Spannung. Durchaus kommt oft Spannung auf, vor allem gegen Ende, die ein oder andere Durststrecke lässt sich jedoch nicht verschweigen. Eigentlich ist das nicht so schlimm, da man versucht, diese Sequenzen durch ansprechende Dialoge zu überbrücken. Das gelingt Wes Anderson aber nicht immer, wie ich schon angedeutet habe, daher an dieser Stelle Abzüge. Sonst habe ich allerdings wenig bis nichts auszusetzen.

Fazit: Ein erfrischend anderer Film. Im heutigen Hollywood-Einheitsgemisch sticht "der Tiefseetaucher" sehr positiv hervor und ich möchte ihn jedem an’s Herz legen, der sich solchen von der Norm abweichenden Filmen öffnen kann. Sehr witzig, tolle Besetzung, toller Score, fast alles passt hier auf seine eigene Art und Weise zusammen. Lediglich die ein oder andere Länge möchte ich kritisieren. Insgesamt finde ich 8 Punkte passend. Euer

Don

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